„Klima-Kleber-Kirche“ – Raus aus der Blase

Was kann die Theologie für das Klima tun? Diese Frage hat sich der ­AStA der Theologischen Fakultät beim „Dies ­Academicus“ gestellt.

Nach dem Impuls befassten sich die Teilnehmenden in Kleingruppen mit „Laudato Si“, der ersten Öko-­Enzyklika überhaupt. (Fotos: Auffenberg)
Nach dem Impuls befassten sich die Teilnehmenden in Kleingruppen mit „Laudato Si“, der ersten Öko-­Enzyklika überhaupt. (Fotos: Auffenberg)
veröffentlicht am 03.06.2023
Lesezeit: ungefähr 4 Minuten

Ein Thema, das auf den ersten Blick nichts, auf den zweiten Blick alles mit ­Theologie zu tun hat, hatte sich der ­AStA der Theologischen Fakultät für seinen diesjährigen „Dies ­Academicus“ gewählt: „Klima – Kleber – Kirche“. Impulsgeber war P. Jörg Alt SJ. 

Paderborn (-berg/-haus). Aber beginnen wir zunächst ganz oben im Regal. 2015 war das Jahr, in dem sich nahezu alle Staaten der Erde in Paris auf ein Klima­abkommen verpflichteten, manche dazu motiviert von der Enzyklika „Laudato si“, manche durch das Credo des damaligen US-­Präsidenten Barack Obama, das da lautet: „Wir sind die erste Generation, die die Effekte des Klimawandels spürt und die letzte Generation, die etwas dagegen tun kann.“ Letzte Generation – aha, daher also kommt der Name der Gruppe, die seit ­Monaten die Leute nervt und jetzt sogar unter dem Verdacht der ­kriminellen Vereinigung steht. 

Der Jesuit P. Jörg Alt unterstützt die „Letzte ­Generation“ bei ihren ­Aktionen.

Genervt war einst auch P. Jörg Alt. Der Jesuitenpater hatte sich lange in der Flüchtlingsarbeit engagiert, bis er Mitte der 1990er-­Jahre begriff, dass der ­Klimawandel ein größeres Pro­blem werden könnte. „Aber so richtig kapiert habe ich das erst, als ‚Fridays for Future‘ aufkam“, sagte er in der Fakultät. Alt fühlte sich persönlich angegriffen, „dann haben sie mir erklärt, was Kipp-­Punkte sind“. Seither erkläre er in all seinen Vorträgen, dass auf der Welt Entwicklungen im Gange seien, die ab einem bestimmten Zeitpunkt, einem Kipp-­Punkt eben, nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Inzwischen ist Alt ein aktiver Unterstützer der „Letzten Generation“, er klebt sich zwar nicht fest, aber er setzt sich neben sie, wenn sie Straßen blockieren und lässt sich von der Polizei wegtragen. Vorletzte Woche ist er – mal wieder – verurteilt worden. Vor allem aber organisiert er theologische Unterstützung. Die Kirche, so seine Überzeugung, könne eine große Rolle spielen. „Wenn alle Katholiken so denken wie Papst Franziskus, dann wäre es aus mit dem fossilen Geschäftsmodell.“ Das nämlich beruhe auf „fahrlässiger Tötung“, aber „so deutlich sagen das nur der Papst und der UN-­Generalsekretär“. 

Die Kirche – eine moralische Supermacht?

Die Kirche sei „eine moralische Supermacht“, sagte P. Alt, seine Freunde von der „Letzten Generation“ jedenfalls wünschten sich das. Auch betonte er mehrfach, welche Kompetenz die Kirche habe und zitierte den amerikanischen Klimaforscher ­Gus ­Speth an: „Früher dachte ich, dass die größten Umwelt­probleme der Verlust der Artenvielfalt, der Kollaps der Öko­systeme und der Klimawandel wären. Ich dachte, 30 Jahre gute Wissenschaft könnten diese Pro­bleme angehen. Ich habe mich geirrt. Die größten Umwelt­probleme sind Egoismus, Gier und Gleichgültigkeit, und um mit ihnen fertig zu werden, brauchen wir einen kulturellen und spirituellen Wandel. Und wir Wissenschaftler wissen nicht, wie man das macht.“ Die Kirche oder besser die Theologie, so P. Alt, aber wisse, wie man das macht. 

Um den Punkt, ob die katholische Kirche wirklich jene von Alt beschriebene „moralische Supermacht“ ist, drehte sich unter anderem die Podiumsdiskussion, die den Abschluss des Tages bildete. Und dabei gingen die Meinungen – bei aller grundsätzlichen Übereinstimmung über die Dringlichkeit der Klima­krise – auseinander. „Können wir ein glaubwürdiger Akteur sein?“, hatte Moderator Benjamin Krysmann gefragt. Das zogen insbesondere manche Zuhörer angesichts des Missbrauchs­skandals in Zweifel. So gebe es Weigerungen von Kommunen, bei Klimaschutz-­Aktionen kirchliche Akteure einzubinden. Alt appellierte daran, sich davon nicht abhalten zu lassen, und alles daran­zusetzen, auch „außerhalb der eigenen Blase“ wahrgenommen zu werden und dabei auch der „Letzten Generation“ die Hand zu reichen.

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