Gehen oder bleiben? – Ein Editorial von Claudia Auffenberg

Andreas Sturm über seinen Kirchenaustritt

Zu Beginn dieses Jahres haben die Lokalzeitungen offenbar das Thema Kirchenaustritte für sich entdeckt und getan, was ihre Aufgabe ist: nachrecherchiert, ob es „bei uns“ auch so drastisch ist wie in Köln. Und – siehe da: Ist es. Selbst in den ehemals gut katholischen Gegenden treten die Leute scharenweise aus, und zwar die Lauen und die Frommen. Na ja, warum sollen die Lauen noch bleiben, wenn es selbst die Frommen nicht mehr aushalten?

Ja, warum? Warum soll man drinbleiben? Weil die Kirche doch so viel Gutes tut, sagen manche, weil sie Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheime betreibt …? Dazu ist nüchtern festzustellen: Solche Einrichtungen gibt es auch in nicht kirchlicher Trägerschaft und die Arbeit ist dort sicher nicht automatisch schlechter. Weiterhin ist festzuhalten: Bei großen gesellschaftlichen Themen ist Kirche nicht mehr gefragt, obwohl sie Antworten hätte. Allerdings muss man sich auch fragen, wer sie bei Anne Will oder Maybrit Illner geben könnte. (Margot Käßmann hat ja nicht immer Zeit …) Jedenfalls: Man kann sich für eine bessere Welt auch ohne Taufschein einsetzen. Manche tun es mit beeindruckendem Engagement.

Warum also drinbleiben? (Achtung: Wer am Ende dieses Textes das finale, unumstößliche Argument erwartet, kann jetzt aufhören zu lesen.) Oder anders gefragt: Was würde in meinem Leben sehr konkret fehlen, wenn es die Kirche nicht gäbe? Was findet unsereins allein und ausschließlich in der katholischen, der römisch-­katholischen Kirche? Das Wort „unsereins“ ist hier wichtig, denn alles, was einem einfällt, hat mit Vertrautheit zu tun, mit dem eigenen Leben. Kirchen sind Räume, in denen man sich auskennt, auch wenn es nicht die eigene Kirche ist.

„Kirchen haben etwas Erhebendes“

Selbst in einer fremden Kirche findet man sich schneller zurecht als – sagen wir – in einer Synagoge oder einer Moschee. Und so hat man Zugang zu dem, was einem da an Kunst, an großartiger oder an moderner Kunst, manchmal sogar an großartiger moderner Kunst begegnet. Und durch diesen Zugang gelangt man zu dem, was größer ist als man selbst, ohne, dass es einen kleinmacht. Anders als große Bahnhöfe haben große, imposante Kirchen wie etwa der Paderborner Dom oder die Dortmunder Propsteikirche oder, oder, oder … nichts Einschüchterndes, sondern etwas Erhebendes. Und etwas Bergendes, weil sie einem irgendwie sagen: Komm rein mit deiner Freude und deiner Hoffnung, deiner Trauer und deiner Angst. Hier hat alles seinen Ort. Hier stehen die Heiligen an den Säulen und die Maria da hinten bei den Kerzen und der Herr über dem Altar. Sie hören dir zu, sie verstehen, was du sagst, auch wenn du nichts sagst. Sie verstehen es und sie beantworten es mit Segen.

Mmh, wahrscheinlich hat solcherlei Empfindung mit Vertrautheit zu tun, aber sie könnte ein Grund sein zu bleiben, weil man ansonsten ganz schön heimatlos wäre.

Ihre
Claudia Auffenberg

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