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24.04.2024
Völlig entkräftet stirbt Ernst Kuhlmann am 16. April 1940. Den Eltern teilt man mit, dass ihr Sohn durch eine „Lungenentzündung“ verstorben sei.
Foto / Quelle: Andreas Wiedenhaus

Ein Opfer der Nazi-Diktatur

„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“, so steht es unter dem Gedenkkreuz für den im KZ ums Leben gebrachten Priesteramtskandidaten Ernst Kuhlmann.

Elmar Lübbers-Paal

Es weist darauf hin, wie leicht man als überzeugter Katholik Opfer eines Unrechtsstaates werden kann, wenn dieser in einem „fortschreitenden Kirchenkampf“ glaubt, seinen Machterhalt – auf Leben und Tod – sichern zu müssen.

Mitten im Ersten Weltkrieg, am 5. Oktober 1916, wird Ernst Kuhlmann in die kleinbäuerliche Familie von Anton und Gertrud Kuhlmann hineingeboren. Er wächst mit acht Geschwistern in sehr bescheidenen Verhältnissen auf. Ernst ist ein fleißiger Schüler und immer offen für neue Erkenntnisse. Seine schulischen Leistungen sind so gut, dass Ernst nach der örtlichen Volksschule 1931 auf das Erzbischöfliche Knaben­seminar Liborianum in Paderborn wechseln kann. Sein Abitur legt er sechs Jahre später am Staatlichen Gymnasium Theodorianum ab. Zu diesem Zeitpunkt steht für ihn bereits fest, dass er Priester wird.

„Der Krieg ist für die Reichen, der Mittelstand muss ihn begleichen, der Arbeiterstand stellt die Leichen.“

Ernst Kuhlmann

Theoretisch sind Priesteramtskandidaten, nach den Bestimmungen des Zusatzprotokolls zum Reichskonkordat, vom Reichsarbeitsdienst befreit, aber in der Praxis wird dies nur selten umgesetzt. So wird Ernst beauftragt, seinen Arbeitsdienst für Monate in Cottbus abzuleisten. Ernsts Studienaufnahme startet mit dem Sommersemester 1938 in Paderborn. Er nutzt die Semesterferien, um als Werksstudent in einer Möbelfabrik seines Heimatortes sein Studium zu finanzieren. Im Sommer 1939 ist ein bevorstehender Krieg bereits vielerorts Gesprächsthema und es spaltet auch die Arbeiter des Möbelherstellers in verschiedene Lager. Nach einer solchen Auseinandersetzung schreibt Ernst Kuhlmann am 31. August 1939 auf eine Spanplatte: „Der Krieg ist für die Reichen, der Mittelstand muss ihn begleichen, der Arbeiterstand stellt die Leichen.“

Das Kreuz steht an der Holzhofstraße in Clarholz, rund 300 Meter hinter dem Ortsausgang auf der linken Seite.
Foto / Quelle: Andreas Wiedenhaus

Dieses Holzstück wird weitergereicht, Kuhlmann verpfiffen und angezeigt. Seine Festnahme führt ihn in das Polizeigefängnis Bielefeld. Normalerweise wäre seine Tat ein minder schweres Vergehen und mit einigen Tagen Gewahrsam abgegolten. Doch man findet in der Möbelfabrik weitere Bretter mit politischen Aussagen, die den Nationalsozialisten zuwiderlaufen und die man dem Priesteramtskandidaten unterschiebt. Darauf­hin beantragt die Staatspolizei in Bielefeld die Überführung von Ernst Kuhlmann in ein KZ.

So kommt Kuhlmann Ende Oktober 1939 in das Konzentrationslager Sachsenhausen. Der Körper des jungen Mannes ist nach knapp sechs Monaten Lagerhaft so geschunden, dass der 23-Jährige auch keine Abwehrkräfte mehr hat, als das Lager eine Ruhr-­Epidemie erfasst. Völlig entkräftet stirbt der Märtyrer am 16. April 1940. Den Eltern teilt man mit, dass ihr Sohn durch eine „Lungenentzündung“ verstorben sei.

Info

Das Kreuz steht an der Holzhofstraße in Clarholz, rund 300 Meter hinter dem Ortsausgang auf der linken Seite.

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