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23.11.2025
„rethinking religion. Gespräche über Religion im Erzbistum Paderborn“ in Dortmund (v.l.): Moderator Martin Breul (TU Dortmund), Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz, Dr. Franca Spies, Professor Dr. Armin Grunwald.
Foto / Quelle: Michael Bodin / Erzbistum Paderborn

„Wie kann Zukunft gelingen?“

Podiumsdiskussion „rethinking religion. Gespräche über Religion im Erzbistum Paderborn“ mit Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz in Dortmund.

Dortmund

Mit großem Publikumsandrang, darunter auffallend vielen jüngeren Besucherinnen und Besuchern, fand im Dortmunder U die Podiumsdiskussion der Reihe „rethinking religion. Gespräche über Religion im Erzbistum Paderborn“ statt. Unter dem Leitgedanken „Wie kann Zukunft gelingen?“ diskutierten der Paderborner Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz, der Physiker und Philosoph Professor Dr. Armin Grunwald und die Salzburger Theologin Dr. Franca Spies über Perspektiven einer gelingenden Zukunft in Zeiten globaler Krisen, tiefgreifender Veränderungen und wachsender gesellschaftlicher Unsicherheiten. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Theologischen Fakultät Paderborn und der Professur für Systematische Theologie der TU Dortmund.

Erzbischof Dr. Bentz betonte gleich zu Beginn des Gesprächs, dass Krisen „immer auch religiöse Aspekte“ berühren, weshalb Zukunft aus seiner Sicht „ohne Religion nicht gedacht werden“ könne. Religionen würden einen „größeren Horizont“ einbringen und könnten Orientierung bieten, wo politische oder gesellschaftliche Debatten Gefahr laufen, sich zu verengen. Zukunft gelinge nur, „wenn sich ein gemeinsames Verständnis dazu entwickelt, was gutes Leben bedeutet“, unterstrich der Paderborner Erzbischof. Dafür brauche es ein „Ethos des Handelns“, dessen zentraler Begriff das Gemeinwohl sei.

Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz stellte bei den Religionsgesprächen im Dortmunder U die christliche Hoffnung in den Mittelpunkt.
Foto / Quelle: Michael Bodin / Erzbistum Paderborn

Mit Blick auf ökologische und globale Herausforderungen erinnerte der Erzbischof des Erzbistums Paderborn an die Enzyklika „Laudato si“ des verstorbenen Papstes Franziskus aus dem Jahr 2015. Diese ermögliche, das Gemeinwohl global zu denken. Die Schöpfung sei „nicht einfach eine Ressource, sondern das gemeinsame Haus, die gemeinsame Erde“. Ein „Weltgemeinsinn“, gestützt durch Friedensverträge und Klimaschutzabkommen, sei nötig. Kirchen und Religionen könnten hier Brücken bauen, erklärte Erzbischof Dr. Bentz.

Zur aktuellen gesellschaftlichen Situation führte Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz mit Blick auf Säkularisierungstendenzen aus: „Ohne spirituelle Erfahrungen verlieren ethische Forderungen ihre Wurzel.“ Die christliche Hoffnung sei jene Kraft, „die uns antreibt, in die Zukunft zu gehen“.

Theologin Dr. Franca Spies rückte in ihren Beiträgen das konkrete Handeln in den Mittelpunkt: „Zukunft ist das, was wir machen, und sie beginnt mit unserem Handeln.“ Dabei brauche es „die Hoffnung der kleinen Schritte“. Die Theologin warnte vor einer Haltung des Zynismus, dem sie die „rebellische Haltung der Freundlichkeit“ und „kleine Akte der Solidarität“ entgegensetzte. Christinnen und Christen seien aufgerufen, Rede und Antwort zu stehen „von der Hoffnung, die uns erfüllt“ (1 Petr. 3,15). Gerade „kleine Werke der Liebe“ nähmen im Kleinen vorweg, „was wir uns im Großen für die Menschheit erhoffen“, bekräftigte die Theologin Dr. Spies.

Auf der gut besuchten Veranstaltung „rethinking religion. Gespräche über Religion im Erzbistum Paderborn“ in Dortmund betonte die Theologin Dr. Franca Spies die verändernde Kraft der „kleinen Schritte“.
Foto / Quelle: Michael Bodin / Erzbistum Paderborn

In der Diskussion über die Frage, was ein gutes Leben ausmache, hob Dr. Franca Spies hervor, dass menschliches Handeln sich „am Guten orientieren“ solle. Auch das Scheitern gehöre dazu, „aber da, wo wir scheitern, ist nicht das letzte Wort gesprochen“.

Professor Dr. Armin Grunwald analysierte die gesellschaftliche Stimmungslage und stellte fest: „Der Zeitgeist in Deutschland tickt auf der Seite des apokalyptischen Untergangs.“ Daraus resultiere, so der Physiker und Philosoph, ein psychologischer Effekt des Wegschauens sowie eine „Gegenwartspräferenz“, bei der Konsumverzicht und Veränderungsbereitschaft aus Angst vor Verlusten blockiert würden.

Gleichzeitig müsse sich technischer Fortschritt weiterentwickeln, „aber nicht so wie bisher“, forderte Professor Dr. Armin Grunwald. Ein Großteil der Forschung sei an ökonomische Interessen gekoppelt – das reiche jedoch für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht aus. Für Professor Grunwald braucht es ein globales Menschheitsprojekt, das auf ein „gutes Anthropozän“ ziele. Fatalismus sei dabei „keine verantwortliche Position“. Zukunft könne gelingen, wenn Menschen die Dinge anpackten.

In der Podiumsdiskussion hob der Physiker und Philosoph Professor Dr. Grunwald zudem hervor, dass die päpstliche Enzyklika „Laudato si“ zum Teil „außerhalb der Kirche fast mehr Beachtung“ gefunden habe als innerhalb. Die Idee eines gemeinsamen Hauses, von Mäßigung und Frieden, sei in vielen Religionen verankert.

Auf die Frage nach dem Erstarken rechtspopulistischer und totalitärer Tendenzen verwies Erzbischof Dr. Bentz: Rechtspopulisten würden Angst befeuern und schüren, um Einfluss zu gewinnen. Der christliche Weg in „Liebe, Freiheit und Unabhängigkeit“ setze dem eine Haltung der Hoffnung entgegen und sei „das Gegenteil von Angst“.

pdp
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