Wahlen zwischen Fake-News, Inflation und Hunger
Adveniat zu den Präsidentschaftswahlen in Bolivien.
„Fake-News, Inflation und Hunger – das sind die Probleme der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung Boliviens“, sagt der Bolivien-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat Thomas Wieland. „In dieser Situation beschäftigen sich die Menschen kaum mit der Präsidentschaftswahl.“ Hinzu kommt, dass das Kandidatenfeld sowohl aufseiten der regierenden MAS (Movimiento al Socialismo, also Bewegung zum Sozialismus) als auch aufseiten der Opposition vollkommen zersplittert ist. Es gilt unter Beobachtern als ausgemacht, dass die Entscheidung nicht im ersten Wahlgang am Sonntag, 17. August, fällt sondern erst in der für den 19. Oktober geplanten Stichwahl.
Überlagert wurde der Wahlkampf vom Konflikt zwischen dem ehemaligen, charismatischen Präsidenten Evo Morales (2006-2019) und seinem ehemaligen Finanzminister und Nachfolger, dem amtierenden Präsidenten Luis Arce. Morales, der – gerichtlich bestätigt – nicht mehr antreten darf, hatte zwischenzeitlich mit seinen Anhängern Straßen blockiert und sich in einem Ort seiner Heimatprovinz Chapare wie in einer Festung verschanzt. Angesichts der Eskalation gab es Spekulationen, ob die Wahl überhaupt stattfinden könne.
„Die Wahl wird aller Voraussicht nach stattfinden, aber: Es gibt keinen Hoffnungsträger. Es gibt keine Aussicht auf Veränderungen“, fasst Adveniat-Referent Thomas Wieland die Stimmung im Land zusammen. Um Fake-News und gezielte Desinformation zu bekämpfen und die demokratische Teilhabe zu stärken, finanziert das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat eine Demokratie- und Medienkampagne des bolivianischen Netzwerks Unitas, dem zahlreiche kirchliche und zivilgesellschaftliche Organisationen angehören. „Die Kampagne informiert von Juli bis November über sämtliche Kommunikationskanäle von Zeitungen und Radios bis zu Internet und Social Media. Damit soll sowohl die von Informationen abgeschnittene Landbevölkerung erreicht werden aber auch die Menschen, die in den Städten mit Falschinformationen geradezu bombardiert werden“, erläutert Wieland.
Die Menschen im Land leiden unter der andauernden Wirtschaftskrise und der Inflation, die selbst die Versorgung mit Nahrungsmittel für viele unerschwinglich macht. Anstatt eine eigenständige, produzierende Wirtschaft aufzubauen, hatte Evo Morales während des Rohstoffbooms in seiner Amtszeit einseitig auf die Ausbeutung und den Verkauf von Gas und Metallen gesetzt. Damit wurden Wohltaten für die Bevölkerung finanziert. Verheerend wirkt sich aus, dass in der Verfassung festgeschrieben wurde, dass der Staat Benzin und Diesel hoch subventioniert zu Billigstpreisen anbieten muss, das zuvor für viel Geld importiert wird. „Weil das Geld dafür inzwischen fehlt, herrscht nun Ebbe an den Tankstellen. Die Folge: lange Schlangen und die Ernte auf den Felder kann nicht mehr zum nächsten Markt transportiert werden. Die Vereinten Nationen haben deshalb erst kürzlich vor zunehmendem Hunger in Bolivien gewarnt“, erläutert Adveniat-Referent Thomas Wieland.
In dieser Situation unterstützt das Lateinamerika-Hilfswerk Projekte zur Ernährungssicherung. Im bolivianischen Amazonasgebiet werden etwa alternative an die Folgen des Klimawandels angepasste Anbaumethoden vermittelt, damit die Menschen sich selbst versorgen können. Damit medizinische Versorgung auch in entlegenen Regionen stattfindet, finanziert Adveniat ein Krankenhausschiff, das von Ort zu Ort fährt. Um die prekäre Bildungssituation zu verbessern, wird zudem die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie außerschulische Bildungsprojekte finanziert.
„Mit unserem umfassenden Ansatz in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Ernährungssicherheit wollen wir als Lateinamerika-Hilfswerk die Menschen – insbesondere die Armen – in die Lage versetzen, ihre demokratische Teilhabe und ihre demokratischen Rechte wieder in Anspruch nehmen zu können. Denn nur wer nicht von den Alltagssorgen aufgefressen wird, kann sich als mündige Bürgerin und mündiger Bürger engagieren“, ist der Bolivien-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat Thomas Wieland überzeugt.