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17.10.2025
Ein roter Übersee-Container bringt Objekte aus der Missionssammlung in Neuenbeken ins Bewusstsein und mitten in die Stadt Paderborn. Dompropst Monsignore Joachim Göbel, Professorin Dr. Maren Ziese und Künstler Peterson Kmwathi freuen sich über diese Vermittlung.
Foto / Quelle: Thomas Throenle / Erzbistum Paderborn

Übersee-Container als mobiles Kunst-Laboratorium

Erzbistum unterstützt künstlerisches Forschungsvorhaben zu Missionssammlungen

Paderborn

Der rote Übersee-Container vor der Paderborner Stadtbibliothek ist für Kulturpädagogik-Professorin Dr. Maren Ziese ein „mobiles Art Education Lab“ und ermöglicht, Objekte aus der Missionssammlung Neuenbeken erstmals ins Stadtzentrum zu bringen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aktuell wird das Kunstvermittlungslaboratorium im Übersee-Container von Peterson Kmwathi, einem Künstler aus Nairobi, genutzt, der zum Themenfeld „Missions- und Kolonialgeschichte, Identität und Mobilität“ arbeitet: Inspiriert von Händen von Figuren im Paderborner Dom schafft er künstlerische Verbindungen zwischen seiner Heimat Afrika, genauer Kenia, und Europa. Das Projekt ist Teil der Initiative „Räume öffnen. Ein internationales Kunstvermittlungsprojekt einer Missionssammlung im Erzbistum Paderborn“, die der Erzbischöfliche Stuhl zu Paderborn mit seiner Stiftung Bischof Meinwerk in Höhe von 670.000 Euro und damit 87 Prozent der Gesamtkosten fördert.

„Ich freue mich sehr, dass der afrikanische Künstler Peterson Kmwathi unseren Container mit seiner Kunst und Präsenz bespielt“, bekräftigt Professorin Dr. Maren Ziese als Projekt-Verantwortliche. Die Professorin der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho am Standort Paderborn) sieht am prominenten Standort des mobilen Kunstvermittlungslaboratoriums einen Verbindungsknoten zwischen Kirche, Wissen, Reisen und internationalem Dialog. „Wir haben den auffälligen Container speziell für den Dialog über Travelling Objects, also reisende Objekte, sich öffnende Räume und Geschichten zu Mission damals und heute angeschafft“, erläutert die Lehrstuhlinhaberin für Kulturpädagogik des Fachbereichs Sozialwesen der katho Paderborn. Mit Peterson Kmwathi beginne die Sichtbarkeit des international ausgerichteten und auf drei Jahre hin angelegten künstlerischen und kunstpädagogischen Pilotprojekts der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, das vom Erzbistum Paderborn gefördert wird. Es zielt auf die Entwicklung eines Bildungskonzepts zu den Ausstellungsstücken einer missionsgeschichtlichen Sammlung ab.

Nach Peterson Kmwathi aus Nairobi übernimmt die Künstlerin Kirim Nam den Übersee-Container im Schatten des Domes. Sie hat Wurzeln in Korea. Der Container soll anschließend für drei Monate zum Kunstmuseum nach Schloss Neuhaus und dann in die neue Alan-Brooke-Kaserne in Paderborn wandern. An jedem Standort werden Kunstvermittlungsangebote angeboten. „Die Objekte aus der Missionssammlung in Neuenbeken, die wir beforschen, sind selbst auf Reisen gegangen und wurden aus Übersee in die Paderborner Region transportiert“, erinnert Professorin Dr. Maren Ziese. Die Professorin für Kulturpädagogik hat das Bildungskonzept gemeinsam mit internationalen Partnern, Kindern und Jugendlichen vor Ort, Kunstschaffenden sowie Studierenden und Angehörigen des Fachbereichs Sozialwesen entwickelt. Das Konzept werde in Deutsch und Englisch umgesetzt und soll den interkulturellen Wert von Kulturgütern der in der Vergangenheit und Gegenwart entstandenen Missionssammlung der Missionsschwestern vom Kostbaren Blut in Neuenbeken exemplarisch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.

„Vielfalt der Hände“

Dompropst Monsignore Joachim Göbel ist fasziniert von der „Vielfalt der Hände“, die der Künstler Peterson Kmwathi im Paderborner Dom entdeckt und mit der Kultur seiner afrikanischen Heimat in Beziehung gesetzt hat. „Die verschiedenen Werke von Peterson Kmwathi zeigen tragende, schützende, bergende Hände, Hände, die Beziehung stiften und Austausch ermöglichen – durch die afrikanischen Bezüge auch einen missionarisch-kulturellen Austausch“, erklärt Dompropst Göbel. Ein besonderer Brückenschlag hat Künstler Peterson Kmwathi an der Außenwand des roten Containers geschaffen: Hände (aus dem Paderborner Dom) tragen ein Schiff aus Afrika, das aus der Missionssammlung in Neuenbeken stammt.

Erzbischof Dr. Bentz: Mission ist keine Einbahnstraße

Für Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz ist das von Professorin Dr. Maren Ziese verantwortete Forschungsprojekt zu den missionsgeschichtlichen Sammlungen von Ordensgemeinschaften ein „zukunftsweisendes Bildungsprojekt“. Es entspreche vollumfänglich dem Zweck der Stiftung Bischof Meinwerk des Erzbischöflichen Stuhles zu Paderborn, die Bildung, Forschung und Wissenschaft fördere, insbesondere der Unterstützung von Schul- und Hochschulprojekten diene. Das Projekt sei ein Beitrag kritischer Auseinandersetzung mit den kolonialen Verflechtungen und helfe, das Handeln der Kolonialisatoren und das Wirken der Missionsorden klarer auszudifferenzieren. Es sei Teil des interkulturellen Lernens, zeigt sich Erzbischof Dr. Bentz gewiss.

Bei der Vorstellung des Projekts im Mai 2025 erklärte der Paderborner Erzbischof, „Mission“ sei lange Zeit von einem „christlichen Eurozentrismus“ geprägt gewesen und als „Einbahnstraße“ verstanden worden, auf der kulturelle Normen und Denkweisen, Bildung, Glaube, „Zivilisation“ aus Europa in andere Weltregionen und Gebiete gebracht werden. Dass die vorhandenen Missionssammlungen von Orden mit dem heutigen Verständnis von Mission eine Neubewertung erhalten, sei ein richtiger Schritt. „Es ist gut, dass dieser erweiterte und eigentlich auch neue Bedeutungs- und Sinnhorizont von Missionssammlungen durch das Bildungsprojekt der katho erschlossen wird. So besteht die Chance, dass aus der missionarischen Einbahnstraße eine gute und bereichernde Erfahrungs- und Lernstraße für die Menschen heute wird.“ Der Austausch zwischen Beteiligten helfe, Begegnungsgeschichten – auch Missionsgeschichte – besser zu verstehen, einen gemeinsamen Weg des Umgangs und auf diese Weise auch der Wahrhaftigkeit und Annäherung zu finden.

Missionsgeschichtliche Sammlung mit Botschaft

Die Missionsschwestern vom Kostbaren Blut in Neuenbeken waren und sind seit 1885 als internationale Frauengemeinschaft in Afrika, Amerika und Asien aktiv. Über viele Jahrzehnte hinweg haben sie Andenken und Geschenke, Lehrmaterialien und Funde gesammelt, die sie in einer eigenen missionsgeschichtlichen Sammlung in ihrem Kloster in Neuenbeken zeigen. „Insgesamt gibt es 50 Missionssammlungen in Deutschland, deren Zukunft, Verbleib und Instandhaltung aufgrund des Alters der Ordensmitglieder und der Menge an gesammelten Werken ungewiss ist“, ordnet Professorin Dr. Maren Ziese ihr Projekt für Vermittlungskonzepte im Kontext von Kirche und Mission ein.

pdp

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