5 Min.
27.04.2025
Ursula von Sobbe-­Bitzer lötet das Kreuz.
Foto / Quelle: Andreas Wiedenhaus

Mit Flamme, Feile und Hammer

Aus einem Silberrohling ein Kreuz schmieden? Ein besonderes Erlebnis für die Kommunionkinder aus Bad Sassendorf: Die Goldschmiedin Ursula von Sobbe-­Bitzer zeigt ihnen, wie sie Kreuzanhänger selbst gestalten können.

Bad Sassendorf

Gerade, geschwungen, ganz filigran oder doch eher groß als Statement-­Kette? Über zwanzig verschiedene Kreuzrohlinge aus Silber hat die Goldschmiedin Ursula von Sobbe-­Bitzer für die Kommunionkinder aus Bad Sassendorf mitgebracht. In ihrem Workshop dürfen sich die Kinder in Kleingruppen ihr Kommunionkreuz selbst schmieden. Heute sind Jakob, Liam, Hannes, Tino und Nils an der Reihe.

Doch die Wahl eines Rohlings fällt nicht leicht. Besonders Liam überlegt hin und her und betrachtet die Kreuze auf dem blauen Samttablett genau, während die anderen Jungen schon ein Exemplar und ein Muster ausgesucht haben. Dass er jetzt mit den anderen Kindern zur Kommunion kommt, hat er ganz allein entschieden. Seine Eltern haben ihm die Wahl gelassen. Und der Entschluss ist ihm leicht gefallen: Er möchte katholisch sein. Deshalb finden Taufe und Kommunion für ihn auch innerhalb weniger Monate statt. Er möchte Messdiener werden, so wie seine besten Freunde. Außerdem hat er bei den Sternsingern mitgemacht und fand es toll. Seine Patentante Dagmar Urban-­Schmidt begleitet ihn heute zum Kreuzeschmieden. „Welches Kind sucht sich seinen Paten schon selbst aus? Das finde ich besonders“, sagt sie.

Mobile Werkstatt für Silberschmiede

Der Keller des Bonifatiushauses hat sich für das Wochenende in eine Werkstatt verwandelt. Das sei genau der richtige Ort für so einen Workshop, findet die Gemeindereferentin Felicitas Hecker: „Das hier war der ehemalige Raum der Pfadfinder. Hier darf auch mal eine Schramme auf den Boden kommen.“ Das Pfarrheim wurde 2015 kernsaniert und der Keller ist der einzige nicht renovierte Teil des Gebäudes. Außerdem bietet der Raum sich an, da er auch Zugang zu Wasser und Strom hat, was für die kleinen Goldschmiede wichtig ist.

Felicitas Hecker weiß, dass dieses Angebot immer ein Highlight ist und sich großer Beliebtheit erfreut. Auch dieses Jahr haben sich von den 27 Kommunionkindern 21 dafür entschieden, ihr Kommunionkreuz bei dem zweistündigen Workshop selbst zu schmieden. „Nächstes Jahr kommt Ursula von Sobbe-­Bitzer aus Olpe schon zehn Jahre zu uns. Damals ist eine Mutter auf sie aufmerksam geworden und hatte den Workshop auch für unsere Kommunionkinder vorgeschlagen.“

Die reine Jungentruppe ist als erstes an der Reihe. So unterschiedlich die Formen der Kreuzrohlinge sind, so unterschiedlich sind auch die Designideen der Kinder. Nils hat sich für ein etwas längeres, geschwungenes Kreuz entschieden: „Bei einem kleinen Kreuz kann man nicht so gut Muster reinmachen, und es ist so schnell fertig“, findet er. Das Blattmuster, das er sich ausgesucht hat, hämmert er mit einem Stempel auf das Kreuz.

Liam bearbeitet die Seitenteile seines Kreuzes mit einer Feile.
Foto / Quelle: Andreas Wiedenhaus

Hämmern, feilen, löten

Jakob und Liam sind derweil dabei, mit einem Kugelhammer die Oberfläche zu bearbeiten, denn sie möchten, dass ihr Kreuz uneben wird. Die Rückseite soll schön glatt werden, deshalb reiben die Kinder die Kreuze in großen, schwungvollen Bewegungen über feines Schmirgelpapier. Von Sobbe-­Bitzer begutachtet die Kreuze. Ein bisschen müssen sie noch weitermachen, damit die Rückseiten ebenmäßig glatt werden. „Kannst du die Mitte gut, weil ich kann den Rand“, fragt Liam Jakob. „Komm, dann tauschen wir.“ „Je fester man drückt, desto leichter geht es“, erklärt die Goldschmiedin. „Und das sagen Sie uns erst jetzt?“, fragt Jakob und lacht.

Als nächstes sollen die Kinder die Seiten ihrer Kreuze mit einer Feile bearbeiten. Diese Dreikantfeile eignet sich besonders gut für Feinarbeiten. Die Jungen machen sich eifrig und konzentriert ans Werk und bearbeiten die Seiten ihrer Kreuze. Die Plätze am Schmiedetisch sind extra mit einem Ledersack ausgestattet, damit Silberstaub und -späne aufgefangen werden können. „Manchmal ist Handwerk auch Geduld“, sagt Felicitas Hecker, als die ersten Fragen kommen, ob das schon genug sei.

Und dann muss wieder eine Entscheidung getroffen werden: Welche Öse soll es sein? Soll sie beweglich oder soll sie starr sein? Natürlich muss dieses kleine Metallstück auch befestigt werden. Dazu hat Ursula von Sobbe-­Bitzer Lötkolben und Propangas mitgebracht. „Für die Kinder ist dieser Vorgang immer spannend“, sagt sie. Das Löten wird immer von ihr selbst übernommen.

Nils arbeitet konzentriert an seinem Kreuz.
Foto / Quelle: Andreas Wiedenhaus

Sauerstoff für die Flamme

Die Kinder dürfen sich aber abwechseln und unterstützende Aufgaben übernehmen: Ein Kind ist dafür zuständig, die Temperatur mithilfe der Wärmebildkamera zu messen, ein anderes darf die Gasflasche auf- und zudrehen und ein weiteres Kind schreckt das heiße Kreuz in Wasser ab. Tino darf die Wärmebildkamera halten und staunt nicht schlecht, als er über 370 Grad misst, während die Goldschmiedin in den Schlauch pustet, um der Flamme Sauerstoff zuzuführen.

Die Öse ist nun am Kreuz befestigt, allerdings sieht es jetzt leider ganz verkohlt aus. Das liegt an den Oxiden, die sich beim Erhitzen bilden, haben die Jungen gelernt. Hannes greift das Kreuz vorsichtig mit einer Zange und taucht es in ein Glas. Das heiße Kreuz zischt, als es das Wasser berührt. Nun kommt es in die Beize, damit sich die Ablagerungen lösen können. Dann müssen die Jungen wieder selbst ran und die Rückstände auf ihren Kreuzen unter fließendem Wasser mit einer Bürste entfernen, bis sie wieder schön glänzend sind. Für die gebürtige Salzkottenerin ist es jetzt das 15. Jahr, in dem sie diese Schmiedekurse gibt. Ein Angebot für Erwachsene hatte sie schon früher, aber „die für Kinder haben sich so ergeben“. Die Schwester einer Freundin war Katechetin und hatte den Vorschlag gemacht, sie könne doch auch einen Workshop für Kommunionkinder veranstalten. Und so hat sich von Sobbe-­Bitzers Angebot über die Jahre immer erweitert.

Die Goldschmiedin zeigt Jakob, Tino, Nils, Liam und Hannes, wie ein Lötkolben funktioniert.
Foto / Quelle: Andreas Wiedenhaus

Workshops für alle Altersgruppen

Ob Gruppen, Firmlinge oder Ehepaare – sie alle können ihren persönlichen Schmuck mit der Unterstützung der Schmiedemeisterin kreieren. Erwachsene sägen ihr Schmuckstück selbst aus, während Kinder mit dem vorgefertigten Rohling starten. „So haben sie schnell Erfolgserlebnisse und sehen, was sie bereits geschafft haben“, sagt die Goldschmiedin. Dieser Schmuck habe dann meist auch einen ganzen anderen Wert für die Kinder.

Ursula von Sobbe-Bitzer hat über die Jahre zahlreiche positive Rückmeldungen erhalten: „Viele Kinder tragen die selbst geschmiedeten Kreuze auch noch nach der Kommunion. Nicht jedes Kind wird das Kreuz ein Leben lang tragen, aber auch wenn sie es nicht tun, landen die Kreuze nicht in einer dunklen Schublade, sondern bekommen oft einen Ehrenplatz und werden für besondere Anlässe gern wieder hervorgeholt.“

Kreuze sind beliebte Geschenke zur ersten heiligen Kommunion. Stehen sie doch symbolisch für den Glauben und die Verbindung zu Gott und die Gemeinschaft mit der Kirche. „Durch diese praktische Auseinandersetzung mit dem Kreuz bekommen die Kinder eine ganz andere Beziehung zu dem christlichen Symbol“, erklärt die Goldschmiedin. Es ist etwas, in das sie ihre Zeit und Kraft investiert haben. Sie haben nicht nur das Kreuz geformt und individuell gestaltet, sondern sind auch einen Schritt weiter in ihrem eigenen Glaubensweg gekommen.

Nun sind die Kreuze fast fertig und bekommen wortwörtlich noch den Feinschliff von der Goldschmiedin verpasst. Die Schmuckstücke werden von ihr auf Hochglanz poliert und wer mag, kann sich Namen und Datum der Erstkommunion auf die Rückseite gravieren lassen. Nach zwei Stunden hämmern, feilen und schmieden können die Kinder endlich ihr fertiges Kommunionkreuz in den Händen halten, das sie am Weißen Sonntag mit Stolz tragen werden und das sie hoffentlich ein Leben lang begleiten wird. Jetzt müssen sich Liam und die anderen Kinder nur noch ein letztes Mal entscheiden: und zwar welche Kette sie für ihr Kreuz auswählen möchten, denn auch dafür hat Ursula von Sobbe-­Bitzer eine große Auswahl mitgebracht.

Text: Christina Frampton // Fotos: Andreas ­Wiedenhaus
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