Friedhöfe werden als Naturorte geschätzt
Friedhöfe sind längst mehr als Orte des Abschieds: Sie werden zu Oasen für Mensch, Tier und Pflanzen.
Friedhöfe werden offenbar verstärkt für Naturerlebnisse aufgesucht; das zeigen Forschungen der Biologin Tanja Straka. Dieser Grund für Friedhofsbesuche wurde in einer nicht repräsentativen Umfrage in Berlin am häufigsten genannt – von einer Mehrheit der Befragten, wie die Expertin bei einer Veranstaltung des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur mitteilte. Erst auf Platz zwei folgten Trauerfälle oder der Wunsch, einen Abschied zu verarbeiten.
Am dritthäufigsten nannten Friedhofsbesucher historisches Interesse an Grabstätten. In Berlin liegen etwa der Schriftsteller Theodor Fontane oder die Brüder Grimm begraben, „also sehr spannende Gräber“, so Straka. Befragt wurden den Angaben zufolge mehr als 600 Personen zu 21 Berliner Friedhöfen.
Bedürfnissen gerecht werden
Für unterschiedliche Bedürfnisse sei es sinnvoll, den „Lebensraum Friedhof“ auf verschiedene Weise zu gestalten, erklärte die Expertin. Dazu zähle die Frage, wie Naturerlebnisse möglich seien, ohne Trauernde oder Ruhesuchende zu stören. Zugleich bedeuteten alte Bäume laut der Umfrage auch Menschen in Trauersituationen viel – die zugleich viel zur Artenvielfalt beitrügen. Auch seien unter Menschen, die Friedhöfe besuchen, vor allem Blumenwiesen, Lichtungen oder auch überwucherte Gräber beliebt. Letztere würden oft als Symbol für den Kreislauf des Lebens wahrgenommen.
Denkbar sind nach Strakas Worten etwa kleine Schilder, die erläutern, welche Vögel oder Blumen auf dem Friedhof zu beobachten seien – oder die anregten, die Sinne zu öffnen. Blumenläden könnten auch insektenfreundliche Pflanzen anbieten, Kapellen verstärkt auf Angebote für gläubige Besucher setzen. Ebenso könnten Patenschaften für Gräber vermittelt werden, die nicht mehr gepflegt werden, aber erhalten bleiben sollten.
Ihre Untersuchungen als Biologin zeigten Straka zufolge, dass sich auf städtischen Friedhöfen überall Fledermäuse tummeln, unabhängig von der dortigen Vegetation. Für die Tiere seien solche „dunklen Inseln“ mit wenig Lichtverschmutzung, die moderat besucht und nachts geschlossen seien, sehr wichtig. Kleine Events wie Fledermaus- oder Glühwürmchenführungen auf Friedhöfen könnten ihrerseits wieder Menschen anziehen, die sich sonst weniger dafür interessierten.