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09.08.2025
Innenaufnahme der Banneux-Marienkapelle in Eynatten-Lichtenbusch (Belgien).
Foto / Quelle: Alexander Brüggemann/KNA

Fluchen für den guten Zweck

Da brachte der Pfarrer des Ortes eine stattliche Marienstatue aus dem Pilgerort Banneux mit. Doch wohin jetzt damit? Ein Wirt hatte eine gute Idee.

Eynatten-Lichtenbusch

Die Geschichte der Errichtung von Gotteshäusern füllt dicke Bände. „Die Säulen der Erde“ von Ken Follett ist so einer oder „Die Kathedrale des Meeres“ von Ildefonso Falcones. Über diese kleine Kapelle hier ist noch kein Buch geschrieben worden. Aber ihre Entstehungsgeschichte ist so originell, dass sie es allemal wert ist, erzählt zu werden: die Banneux-Kapelle in Eynatten-Lichtenbusch im belgisch-deutschen Grenzgebiet zwischen Raeren und Aachen.

Die Geschichte beginnt 1933 im 33 Kilometer Luftlinie entfernten Banneux, auf der Hochebene der Ardennen. Dort erschien, auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, der Überlieferung nach die Gottesmutter Maria insgesamt acht Mal einem elfjährigen Mädchen und stellte sich als die „Jungfrau der Armen“ vor. Heute kommen jährlich mehrere hunderttausend Menschen in den Wallfahrtsort.

Ein Mal fluchen: 1 Mark

1967 pilgerte auch der damalige Pfarrer vom belgischen Eynatten, Leon Dederichs, nach Banneux; und er brachte eine sehr stattliche Marienstatue von dort zurück. Doch wo sollte sie zu stehen kommen? Geld für eine eigene Marienkapelle war nicht am Horizont. Der Wirt der Lichtenbuscher Gaststätte in der Raerener Straße, Max Schumacher, bot der Maria dort eine Behelfsunterkunft.

Doch nicht nur das – er hatte auch die entscheidende Idee: Wenn kein Geld für eine Kapelle da ist, dann muss man es halt generieren. Und so eröffnete Schumacher seiner perplexen Kundschaft: Wer künftig in seinem Wirtshaus – beziehungsweise in Marias Gegenwart – flucht oder Schimpfwörter benutzt, der muss eine Mark oder 20 belgische Francs ins Kapellen-Sparschwein einzahlen. Gesagt, geflucht: Die Gäste fanden rasch Spaß an ihrer frommen Unflat; sie schimpften sozusagen auf Teufel komm raus. Es müssen muntere Abende gewesen sein in jenen Tagen…

Die Banneux-Marienkapelle von außen.
Foto / Quelle: Alexander Brüggemann/KNA

Jedenfalls: Das Schweinchen wurde schon bald dicker, das Gotteshaus nahm Gestalt an. Und auch ein Name war im Volksmund schnell gefunden: die „Leck-mich-am-Arsch-Kapelle“; offiziell: die Banneux-Kapelle. Ihren Platz fand sie schließlich 1968 am Waldrand von Lichtenbusch, am Ausgang der Straße, die „Totleger“ heißt, buchstäblich auf der Grünen Grenze zwischen Belgien und Deutschland. 1992 wurde sie um eine Antonius-Kapelle mit Glockenturm erweitert.

"Danke, dass Ina gesund ist!"

Dankestafeln aus mehreren Jahrzehnten an der Seitenwand bestätigen, was der Kurator der Kapelle, Maximilian Schumacher, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), erklärt: Die Muttergottes-Gebetsstätte werde von der örtlichen Bevölkerung seit jeher stark angenommen. Immer wieder halten auch Radfahrer am Freyenter Wald, steigen ab und verweilen einige Augenblicke. „Danke für bestandene Prüfung“, heißt es auf den Tafeln; oder: „Danke, dass Ina wieder gesund ist!“ Mit dem Verkauf der Kerzen an der Kapelle unterstützt die Dorfbevölkerung über soziale Einrichtungen Hilfsbedürftige, mit mehreren tausend Euro im Jahr.

In einer August-Nacht 2022 dann, es war ein heißer Sommer, brannte die Banneux-Kapelle lichterloh. Die Feuerwehr konnte noch Schlimmeres verhindern. Wieder musste nun Hand angelegt, das Areal großenteils neugestaltet werden; und im Oktober 2023 konnte Pastor Peter Dries mit einer religiösen Feier die Wiedereinweihung begehen. Allerdings: Fluchen war für diesmal nicht mehr nötig. Die Feuerversicherung stand für den größten Teil der Kosten gerade.

KNA
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