Ein Blumengesteck liegt auf einem Grab auf dem Ehrenfriedhof für die Opfer der beiden Weltkriege auf dem Nordfriedhof in Bonn.
Foto / Quelle: Harald Oppitz/KNA

Deutsch-italienische Freundschaft im Mittelpunkt

Der Volkstrauertag hat lange an die Opfer längst vergangener Kriege erinnert. Doch der Krieg ist nach Europa zurückgekehrt.

Bonn

Er ist ein sperriger Gedenktag. Einer dieser düsteren Feiertage im November. Doch 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges hat der Volkstrauertag, der am kommenden Sonntag begangen wird, einen neuen, traurigen Inhalt bekommen. Er erinnert nicht nur an die Toten längst vergangener Kriege, sondern verweist auch darauf, dass der Krieg nach Europa zurückgekehrt ist: in die Ukraine. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt Daten und Fakten rund um den Volkstrauertag.

Der vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge jährlich organisierte Volkstrauertag erinnert an die Opfer von Kriegen und Gewalt in allen Nationen. Er ist ein staatlicher Feiertag, an dem in vielen Bundesländern ein „Tanzverbot“ für öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen gilt. Auf Friedhöfen und an Kriegsgräberstätten gibt es vielerorts Gedenkveranstaltungen, Gottesdienste und Kranzniederlegungen. Im Bundestag findet eine zentrale Gedenkstunde statt.

Italien ist gast im Bundestag

In diesem Jahr ist Italien Gast der Gedenkstunde im Bundestag. Die Hauptrede hält der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella. Zwei Frauen und zwei Männer aus Deutschland und Italien berichten über ihre Erfahrungen, die sie in unterschiedlichen internationalen Projekten des Volksbundes machen konnten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht das Totengedenken, das in diesem Jahr erstmals Menschen berücksichtigt, die wegen ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität verfolgt wurden, sowie die im Dienst gestorbenen Polizistinnen und Polizisten.

Deutschland und Italien verbindet eine wechselvolle Geschichte. Im Ersten Weltkrieg kämpften beide Länder auf gegnerischen Seiten. Im Zweiten Weltkrieg bildeten Italien und Deutschland zusammen mit dem japanischen Kaiserreich das Trio der „Achsenmächte“. Im Juni 1940 trat Italien als Verbündeter von Nazi-Deutschland in den Zweiten Weltkrieg ein. Nach der Invasion der Alliierten auf Sizilien und dem Sturz Mussolinis im Juli 1943 wechselte das Land die Seiten und erklärte Deutschland den Krieg. Heute sind beide Länder parlamentarische Demokratien, Mitglieder der Nato und der Europäischen Union. Sie sind in vielen Bereichen eng und freundschaftlich verbunden.

Kreuz und Gedenktafel für die Opfer der beiden Weltkriege am 8. November 2024 auf dem Ehrenfriedhof des Nordfriedhofs in Bonn.
Foto / Quelle: Harald Oppitz/KNA

Eingeführt hat den Gedenktag der 1919 gegründete Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Gedenken an die Kriegstoten des Ersten Weltkrieges. Erstmals fand der Tag am 5. März 1922 statt. Ziel war es insbesondere, den Familien, die nichts über den Verbleib ihrer Soldaten wussten, einen Ort zu gemeinschaftlicher Trauer zu geben. Der Volksbund lehnte damals den Bau eines großen Ehrenmals ab. Er empfahl als ideelles Mahnmal einen säkularen Gedenktag. Der Volkstrauertag sollte dabei nicht nur die Trauer und die Vergangenheit, sondern einen Aufbruch in eine neue bessere Zukunft symbolisieren. Deshalb plädierte der Volksbund dafür, diesen Gedenktag in den Frühling zu legen.

Der damalige Reichstagspräsident und SPD-Abgeordnete Paul Löbe stellte seine Rede 1922 ganz unter das Ziel der Versöhnung und Verständigung. Die Toten richtig zu ehren, bedeute Abkehr vom Hass. Allerdings wurden die Veranstaltungen in den folgenden Jahren immer stärker von martialischen Reden, militärischer Symbolik und nationalen Mythisierungen geprägt. 1934 bestimmte das NS-Regime den Volkstrauertag zum „Heldengedenktag“. Das Trauern wurde zurückgedrängt; die Fahnen flatterten nicht mehr auf Halbmast, sondern wurden voll gehisst. Träger wurden NSDAP und Wehrmacht.

Immer zwei Sonntage vor dem ersten Advent

1950 wurde der Volkstrauertag erstmals wieder neben vielen regionalen Veranstaltungen mit einer Feierstunde im Plenarsaal des Bundestages begangen. Der Volksbund übernahm erneut die Federführung. Der Termin wurde vom März auf den November verlegt – immer zwei Sonntage vor dem ersten Advent. Die Formen des Gedenkens veränderten sich. Anfangs nahm das Totengedenken ausschließlich die gefallenen Weltkriegssoldaten in den Blick. Heute soll der Tag zu Versöhnung, Verständigung und Frieden mahnen und auch an Opfer von anderen Kriegen und Verfolgung erinnern.

Nach dem Mauerfall beschloss die Bundesregierung, die Neue Wache in Berlin-Mitte zur „Zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland“ für Krieg und Gewaltherrschaft zu erklären. Seit 1993 legen dort der Bundespräsident und Repräsentanten der anderen Verfassungsorgane des Bundes Kränze nieder.

KNA
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