Das Hospiz als Ort des Lebens
Während seines Amtssitzwechsels besucht Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz das Elisabeth-Hospiz in Lennestadt. Ein Ort, an dem Tod und Trauer spürbar ist – aber vor allem auch: das Leben.
Manchmal sind es die kleinen Dinge im Alltag, die Großes bewirken. Das sieht man im Hospiz St. Elisabeth in Lennestadt an allen Ecken und Enden. In der Liebe zum Detail, wie die Mitarbeitenden hier die Zimmer der Bewohner herrichten, die auf dem Weg in den Tod begleitet werden. Eine Wand ist da nicht einfach nur eine Wand. Sondern die Wand ist magnetisch gefasst, so dass die Bewohner Fotos aus ihrem Leben aufhängen können. Ein Sofa ist nicht einfach nur ein Sofa. Sondern genau genommen eine Ausziehcouch, wo gemeinsame Mittagspausen mit der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner verbracht werden können oder Angehörige auch für einige Tage mitwohnen können. Und die Blumen, die Woche für Woche neu auf die Zimmer gestellt werden, sind nicht einfach nur Blumen. Sondern eines von den vielen Zeichen des Lebens, die man auch – oder sogar gerade – in einem Hospiz sehen kann, wenn man nur genau hinschaut und sich hineinfühlt in diesen besonderen Ort.
Genau das hat Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz nun im Rahmen seines Amtssitzwechsels getan und sich viel Zeit genommen, um mit Mitarbeitenden und Bewohnern des St. Elisabeth Hospizes in Lennestadt ins Gespräch zu kommen. Um, mehr noch als selbst etwas zu sagen: hinzuhören, Fragen zu stellen, den Ort auf sich wirken zu lassen.
Dabei geht es um die Geschichte des Hospizes. Auch auf Initiative der Katholischen Kirchengemeinde St. Agatha Altenhundem ins Leben gerufen, ist es bald 35 Jahre alt ist und damit eine der ältesten Einrichtungen dieser Art in ganz Deutschland. Elf Betten, über 30 Mitarbeitende und fast 50 Ehrenamtliche: Das sind die nackten Fakten des St. Elisabeth Hospizes, das stationär und ambulant arbeitet.
Viel wichtiger sind beim Besuch des Paderborner Erzbischofs aber die Geschichten dahinter: die Geschichten der Menschen, die vielen Geschichten des Lebens zwischen Tod und Trauer. Ehrenamtskoordinatorin und Trauerbegleiterin Hannah Frantzen berichtet von den vielen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und viel Zeit und Herzblut schenken, um den sterbenden Menschen zur Seite zu stehen. Geschäftsführer Martin Schäfer erinnert sich an einen Obdachlosen, an AIDS erkrankt, ohne finanzielle Mittel oder gar Krankenkasse. Das Elisabeth Hospiz nahm ihn dennoch auf. Kurz vor seinem Tod sagte er: „Für die vier Wochen, die ich bei euch war, hat es sich gelohnt zu leben.“
Erzbischof Dr. Bentz sieht und hört viel – genau das, was er mit seinem Amtssitzwechsel für eine Woche ins Sauerland erreichen möchte. Das Hospiz ist dabei sicher einer der bewegendsten Orte auf seiner Reise: „Berührend ist für mich die Begegnungen mit den Gästen des Hospizes, wie zum Beispiel der Satz eines Mannes: ‚Ich sterbe, aber ich habe Zuversicht.‘ Was mich auch beeindruckt hat: Dass das Hospiz in der Bevölkerung der ganzen Region verwurzelt ist. Und zu erleben, wie stark sich die Menschen hier ehrenamtlich oder über Spenden engagieren.“
Fast 2.000 Menschen hat das Hospiz mittlerweile während deren letzten Tage und Wochen im Leben begleitet, vom 17- bis zum 104-Jährigen. „Unser Hospiz ist vieles, aber vor allem ganz viel Lebensfreude“, beschreibt Pflegedienstleitung Gabriele Hohmann. Es werde viel gelacht und alles dafür getan, eine liebevolle Atmosphäre zu schaffen – immer aus dem christlichen und katholischen Gedanken heraus, dass jedes Leben Würde verdient, vom ersten bis zum letzten Tag. Nicht „Tod“ und „Trauer“ in den letzten Tagen, so denken die Mitarbeitenden hier. Sondern „Leben bis zum letzten Tag“.
Deshalb ist „assistierter Suizid“ in dieser katholisch geprägten Einrichtung nicht möglich. Das sei für die Bewohner oft sogar eine Entlastung, sagt Gabriele Hohmann. Man könne aber helfen und andere Wege aufzeigen, erklärt sie in Hinblick auf die Möglichkeiten der Palliativmedizin.
„Spannend ist, dass alle Mitarbeitenden gesagt haben: ‚Wir verstehen uns als diejenigen, die einen Raum schaffen und bewahren, in denen Menschen auf ihrem Weg durchs Leben bis hin zum Tod begleitet werden.‘ Dabei geht es auch darum, sie zu stärken, zu schützen und zu unterstützen – damit sie diesen Weg gut gehen können, etwa mit entsprechender Palliativmedizin“, erklärt Erzbischof Dr. Bentz. „Katholische Einrichtungen müssen ‚safe spaces‘ sein – Orte, an denen völlig klar ist: Es wird zum Leben beraten und begleitet. Ein Raum, der sicher ist vor Beeinflussung oder gar Druck von welcher Seite auch immer. Es geht darum, sich den Menschen so zuzuwenden, dass der Wunsch nach einem assistierten Suizid gar nicht erst aufkommt. Der Gedanke der Suizidprävention ist dabei zentral – und gerade wir als Kirche können hier viel leisten. Das wird hier spürbar gelebt.“