Wozu sind Sie da, Herr Wrenger?
Dr. Markus Wrenger
Wozu sind Sie da, Markus Wrenger?
Als Arzt muss ich mich in die Problemstellung meiner Patienten hineindenken können. Grundlegende Voraussetzungen, die ein jeder Arzt dafür mitbringen sollte, sind Empathie und Menschenfreude – also das Interesse und die Freude an der unglaublichen Vielseitigkeit eines jeden einzelnen Menschen.
Individuelle Lebensstile respektieren
Um ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis aufbauen zu können, sollte ein Arzt unterschiedliche Lebensweisen respektieren. Einen Herzinfarktpatienten, der sich ungesund ernährt oder sogar raucht, versuche ich zu beraten und zu begleiten, ohne jedoch mit einer moralischen Brechstange auf ihn einzuschlagen. Der Patient hat genug innerlichen Druck, den muss ich als Arzt nicht noch weiter erhöhen. Je älter ich werde, umso vehementer fordere ich das von mir und meinen Kollegen ein. Als Arzt stelle ich mir die Frage: Wer bin ich, dass ich mir anmaße, über andere Menschen und ihre individuellen Lebensstile zu urteilen?
Um als Kardiologe den Patienten in ihrer konkreten Notlage helfen zu können, interessiert mich die ganzheitliche Betrachtung eines Patienten. Eine Depression zum Beispiel wird vielleicht allein keine Herzerkrankung auslösen, sie kann sie jedoch mitverursachen, und auf der anderen Seite kann eine Herzerkrankung die Existenz eines Menschen dermaßen erschüttern, dass eine Depression entsteht oder eine bestehende sich verschlimmert. Nur durch ein möglichst gutes Zusammenspiel zwischen Kardiologen und weiteren Behandlern und Berufsgruppen wie Psychosomatikern, Psychiatern und Psychologen können wir dem Patienten gerecht werden. Mit Blick auf COVID-Erkrankungen wird dieser Ansatz noch deutlicher. Das Virus löst zwar vordergründig eine Atemwegserkrankung aus, kann jedoch auch Auswirkungen auf alle anderen Organsysteme haben. Insbesondere das Herz und das Nervensystem können Schiffbruch erleiden.
Markus Wrenger über das Arzt-Patienten-Verhältnis
Beim Arzt-Patienten-Verhältnis spielen selbstverständlich immer auch Erwartungen eine große Rolle. Wenn diese aufseiten des Patienten enttäuscht werden, entwickelt er womöglich Vorbehalte gegenüber dem Arzt und der Behandlungsmethode. Aber auch ein Arzt hat Erwartungen. Ich wünsche mir, dass die Patienten mitmachen, indem sie u. a. regelmäßig und pünktlich zu den Maßnahmen erscheinen. Um solche Enttäuschungen zu verhindern, ist ein beidseitiger respektvoller Umgang von Anfang an zwingend erforderlich. Meine grundsätzliche Philosophie ist: beraten, begleiten und mich kümmern und das nicht nur auf meine Hauptdiagnose bezogen, sprich auf mein Kerngebiet der Kardiologie. Dazu gehört für mich in erster Linie eine gute Kommunikation. Als Arzt versuche ich genau hinzuhören und meinem Patienten die Diagnose und die entsprechende Behandlungsmethode genau und verständlich zu erklären. Leider gelingt das nicht immer.
Zur Person
Dr. Markus Wrenger (54) ist Ärztlicher Direktor und Leiter der kardiologischen Abteilung der Fachklinik Weserland in Bad Pyrmont, die derzeit neu gebaut wird. Gemeinsam mit der Unternehmensleitung verantwortet er den Aufbau der Klinikinfrastruktur und der kardiologischen, pneumologischen und psychokardiologischen Abteilungen. Zu seinen arbeitsorganisatorischen Aufgaben gehören Personalbesetzungen und -koordination, Mitarbeiterangelegenheiten, Akquisetätigkeiten und der Ausbau von Kooperationen mit Kostenträgern und zuweisenden Krankenhäusern. Nach Fertigstellung der Klinik wird er auch als Kardiologe in der Patientenversorgung tätig sein.
Aufgezeichnet und Fotografiert von Patrick Kleibold
Markus Wrenger