Wozu sind Sie da, Pater Jorge? 

Pater Jorge leitet seit zwei Jahren die spanischsprechende Gemeinde in Dortmund.

Auf einer Missionsreise in Afrika war ich als Laienbruder einmal mit einem älteren Pater unterwegs. Bei einem Treffen mit Menschen in einem Dorf wollte er direkt wieder gehen und war erschöpft. Da habe ich gesagt: Wenn ich an seiner Stelle wäre, dann würde ich hierbleiben und mit den Leuten feiern. Das war der Moment, an dem ich beschloss, Priester werden zu wollen.  

Geboren bin ich in Güicán-Boyacá in Kolumbien. Über 90 Prozent der Kolumbianer sind katholisch. Auch ich bin schon früh mit der Kirche in Verbindung gekommen. Priester werden wollte ich damals jedoch nicht. Stattdessen habe ich Agrarwissenschaften studiert und mithilfe eines Stipendiums meinen Master in Göttingen gemacht. 

Pater Jorge: „Mit meinem Wissen als Agraringenieur wollte ich immer nach Afrika“

Als Agraringenieur wollte ich mit meinem Wissen unbedingt nach Afrika. Das war mein Traum. Über die Missionsbenediktiner in Meschede, bei denen ich damals sieben Jahre als Gärtner gelebt habe, durfte ich als Laienbruder acht Jahre in Tansania und vier Jahre in Mosambik verbringen. Die Sprache lernte ich schnell und mir fiel es leicht, Zugang zu den Menschen zu bekommen. Besonders gerne war ich bei behinderten Kindern. Vor Ort war mir nicht nur wichtig, bei der Beschaffung des Essens als Agraringenieur zu helfen, sondern auch etwas für die Seele der Menschen zu tun.

Heute bin ich Priester und leite die spanischsprechende Gemeinde in Dortmund. Normalerweise bleiben die Benediktiner im Kloster, ich wollte aber gerne mehr mit den Menschen draußen zu tun haben. Die spanischsprechende Gemeinde ist für die Leute hier sehr wichtig. Menschen, die nicht aus Deutschland kommen, haben bei uns die Möglichkeit, in ihrer Muttersprache mit Gott zu sprechen. Die Leute kommen gerne hierher. Sie können sich hier mit anderen auf Spanisch unterhalten, gemeinsam essen, trinken und feiern. Die Gottesdienste sind immer sehr lebendig, es wird viel gesungen und geklatscht.  

Öfters kommen wir mit anderen muttersprachlichen Gemeinden zusammen. Auch wenn nicht alle die gleiche Sprache sprechen, ist es trotzdem ein tolles Gefühl des Zusammenseins. Manchmal halte ich in deutschen Gemeinden eine Messe. Große Unterschiede gibt es nicht, das Messbuch ist das gleiche. Nur der Geist ist anders.

Wenn ich meine Aufgabe als Mönch wahrnehme, dann bin ich da, um im Gebet zusammen mit den Menschen zu sein. Und hier als Priester bin ich dazu da, mit den Menschen gemeinsam meinen Glauben zu leben. Unser Glaube bedeutet ­nämlich nicht nur mit Gott in Verbindung zu stehen, sondern vor allem mit ihm durch den Menschen. 

Zur Person Pater Jorge

Pater Jorge Blanco Piñeros (59) stammt gebürtig aus Kolumbien. Nach seinem Studium in Agrarwissenschaften absolvierte er seinen Master in Göttingen. Seit 25 Jahren ist Pater Jorge bei den Missions­benediktinern in Meschede und leitet seit zwei Jahren die spanischsprechende Gemeinde in Dortmund.

Aufgezeichnet von Helena Mälck
Fotografiert von Claudia Auffenberg

Unsere Reihe Menschen im Erzbistum

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.

Logo_Zukunftsbild
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen