Wozu sind Sie da, Hermann-­Josef Dregger?

Hermann-­Josef Dregger (58) ist gelernter Industriekaufmann.

Wenn ich alles aus meinem Leben herausstreichen würde, was mit Gott, Kirche und meinem Engagement als Ministrant zu tun hat, dann wäre mein Leben eine leere Hülle. Gerade mit fortschreitendem Alter verspüre ich eine immer größere Dankbarkeit gegenüber Gott, denn er hat meinen Lebensweg an entscheidenden Stellen gelenkt und begleitet. Er hat seine Weichen gestellt, so wie er sie haben wollte und nicht, wie ich mir das ursprünglich gedacht hatte. Dafür bin ich sehr dankbar. Manchmal sollte man Dinge versuchen, zu denen man keine Lust hat. So erging es mir mit dem Ministrantendienst. Obwohl ich anfangs keine Lust hatte, hat meine Mutter mich dorthin geschickt. Vom ersten Tag an war es schön. Meiner Mutter bin ich bis heute für den „Schubs“ dankbar und ich bin bis heute dabeigeblieben. In diesem Jahr darf ich mein 50-­jähriges Jubiläum als Ministrant feiern.

Um so viele Jahre als Ministrant zu dienen, dafür braucht es Leidenschaft, Rückgrat, Freude und ein „dickes Fell“. Gerade in Situationen, in denen ich gefragt werde: Wie, du bist noch Ministrant oder du engagierst dich immer noch für „diesen Laden“? Auch wenn mir nicht alles gefällt, was in der Kirche geschieht und wenn ich mich darüber ärgere, wenn ein weiterer Fall von Missbrauch zutage kommt – und wir in der Jugendarbeit mitverdächtigt werden – so bleibe ich dabei. Wenn ich die Kirche verlasse, dann bin ich raus. Wenn ich bleibe, kann ich etwas bewegen, ähnlich wie in jedem Verein oder in der Politik. Jeder Missbrauchsfall ist ein Fall zu viel, das ist klar. Doch wir dürfen nicht alle in der Kirche tätigen Menschen unter Generalverdacht stellen. Deshalb möchte ich dazu beitragen, dass die guten und schönen Dinge unserer Kirche in der Gesellschaft sichtbar werden.

Hermann-­Josef Dregger: „Das Fundament meines Lebens ist mein Glaube.“

Da ich ledig bin, zählt nicht wie bei vielen anderen der Hochzeitstag zu den schönsten Erinnerungen meines Lebens, sondern die Begegnungen und die Erlebnisse mit den Ministranten. Seit 1985 durfte ich an allen acht Ministrantenwallfahrten nach Rom teilnehmen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Begegnung mit Papst Johannes Paul II. im Jahr 2001. Er war bereits sehr gebrechlich und es hat mich fasziniert, wie er trotzdem die Jugendlichen begeisterte. Sehr ergreifend war auch der Moment, als fünf unserer Ministranten, die ich aussuchen und ausbilden durfte, bei einer Vigilfeier mit dem Heiligen Vater ministrieren durften.

Das Fundament meines Lebens ist mein Glaube. Jeder von uns erlebt schlimme Momente – sei es der Tod der Eltern oder von Freunden – die uns ins Wanken bringen. Dann ist es gut, ein Fundament zu haben, auf das man bauen kann. Neben dem Glauben gehört für mich das Zusammentreffen mit Gleichgesinnten dazu. Daher habe ich fast vierzig Jahre mit Freude Gruppenstunden geleitet. Es macht einfach Spaß, über den Glauben zu sprechen und ihn weiterzugeben. Dafür bin ich da: Ich möchte anderen das ermöglichen, was ich selbst an Schönem in der kirchlichen Arbeit erfahren durfte.

Hermann-­Josef Dregger (58) ist gelernter Industriekaufmann.

Zur Person

Hermann-­Josef Dregger (58) ist gelernter Industriekaufmann. Er arbeitet beim „Katholischen Hospitalverbund Hellweg“ in der Buchhaltung. Seit 50 Jahren engagierte er sich zunächst ehrenamtlich als Ministrant, Lektor und Küster in seiner Heimatgemeinde in Möhnesee-Körbecke und seit 2018 in der Wallfahrtsbasilika in Werl.

Aufgezeichnet und fotografiert von Patrick Kleibold

Unsere Reihe Menschen im Erzbistum

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.

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