Wozu sind Sie da, Milenko Bebek?

Ich habe immer auf Gott vertraut – und trotz mancher Rückschläge Glück gehabt. Vielleicht zeigt mein Leben, dass man zu guter Letzt zum Ziel kommt, solange man den Glauben nicht verliert und beharrlich bleibt – auch wenn man immer wieder auf die Probe gestellt wird.

Im vergangenen Jahr habe ich meinen kroatischen Pass bekommen, vorher war ich staatenlos und habe mit Flüchtlingspapieren hier gelebt. Nach Deutschland bin ich im Mai 1965 gekommen. Ich bin nach Rheinfelden in der Nähe der Schweizer Grenze gezogen und habe dort Arbeit in einer Fabrik gefunden. In meiner Heimat war ich in Schwierigkeiten geraten, unter anderem beim Militär, zu dem ich als 20-­Jähriger eingezogen worden war. Meinen katholischen Glauben habe ich nie verleugnet – vielleicht einer der Gründe für die Probleme. Ebenso habe ich mich immer als Kroate gefühlt. Auch das war riskant, denn unter Tito durfte die Zugehörigkeit zu einer der unterschiedlichen Volksgruppen kein Thema sein. Einer meiner Vorgesetzten wurde zum Fürsprecher für mich. Deshalb und mit Gottes Hilfe ging es gut aus.

Als ich im Dezember 1965 zu Besuch nach Jugo­slawien fuhr, war ich der erste Gastarbeiter, der mit dem Auto dorthin kam. In meinem Heimatort war mein Opel „Rekord“ eine echte Sensation. Wie ich später erfuhr, stand ich bereits unter Beobachtung. Drei Jahre später bekam ich von einem Freund den Hinweis, besser nicht mehr in meine Heimat zu fahren. Dort hätte mir die Verhaftung gedroht. Das war natürlich ein harter Schlag, aber Jugo­slawien war damals eine Diktatur. In dieses System wollte ich nicht zurück.

Berufsbedingt bin ich weiter nach Koblenz gezogen, wo ich in der Gasbeton-­Montage gearbeitet habe. 1972 kam ich nach Hamm, ich hatte dem Inhaber einer kleinen Baufirma mein Wort gegeben, bei ihm zu arbeiten. Sieben Jahre später machte ich mich selbstständig im Baugewerbe und war anschließend in ganz Deutschland unterwegs.

Heimisch geworden bin ich hier nicht zuletzt, weil ich durch meinen Glauben immer schnell Kontakt bekommen habe. Eine Zeit lang habe ich auch in Kanada gelebt, und dort war der gemeinsame Glaube ebenfalls die Brücke über alle Unterschiede hinweg.

Milenko Bebek: „Ich bin ein glücklicher Mensch.“

Heute kann ich sagen, ich bin ein glücklicher Mensch, auch wenn mein Leben nicht immer ganz geradlinig verlaufen ist. Als ich meine kroatischen Papiere bekam, war das ein bewegender Moment. Ich lebe in Deutschland und bin hier zu Hause, doch meine Wurzeln liegen in Kroatien. Die offizielle Anerkennung dieser Tatsache hat man mir lange verweigert. Der kroatische Generalkonsul in Düsseldorf, den ich im Juli besucht habe, meinte, ich sei wohl einer der letzten, die jahrzehntelang nur über Flüchtlingspapiere verfügten.

Man muss Geduld haben im Leben, darf die Hoffnung nie aufgeben und soll nichts erzwingen wollen, das hat mich meine Mutter gelehrt: Auch als das Reisen wieder möglich war, konnte ich sie nur selten besuchen. Bei unseren Telefonaten hat sie immer gesagt, wie sehr sie sich über ein Wiedersehen freuen würde. Doch unter Druck gesetzt hat sie mich nie. Ich kann mich noch gut an ihre Worte erinnern. „Und wenn wir uns in dieser Welt nicht wiedersehen, dann sehen wir uns in der nächsten!“ Mit so einer Zuversicht lässt sich vieles im Leben erdulden. Und letztlich trägt dieses Gottvertrauen dazu bei, dass sich alles zum Guten fügt.

Milenko Bebek

Zur Person Milenko Bebek

Milenko Bebek wurde 1940 in Veljacima (Herzegowina) geboren. 1965 kam er nach Deutschland. Nach verschiedenen Stationen – unter anderem in Koblenz – lebt er seit 1972 in Hamm.

Aufgezeichnet und fotografiert von Andreas Wiedenhaus

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Unsere Reihe Menschen im Erzbistum

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.

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