Überschuldung – „Das Leben läuft nicht immer planmäßig“

Überschuldung und ein leerer Geldbeutel. Bittere Realität für circa 6,16 Millionen Menschen in Deutschland. (Foto: Pixabay)

Das Erzbistum Köln zahlte 1,15 Millionen Euro für einen überschuldeten Priester – und hat dafür massive Kritik einstecken müssen. Ähnlich wie dem Priester ergeht es 6,16 Millionen Menschen in Deutschland, die als überschuldet gelten. Doch was konkret bedeutet eine solche Überschuldung für die Betroffenen.

Köln/Paderborn. Bei dem aktuellen Fall des überschuldeten Priesters habe es sich um eine akute und völlig außergewöhnliche persönliche Notlage gehandelt, heißt es in einer Stellungnahme des Erzbistums Köln. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes könne man nicht ins Detail gehen, aber Erkenntnisse, dass es sich bei den Schulden um Spielschulden gehandelt habe, wie es in den Medien dargestellt wurde, lägen nicht vor. In der vergangenen Woche war durch eine Recherche des „Kölner Stadt-­Anzeiger“ bekannt geworden, dass der Priester knapp 500.000 Euro Schulden gehabt habe. Dies hatte ein Sprecher des Erzbistums bestätigt. Die nachträgliche Versteuerung der Schuldentilgung habe samt Zinsen noch einmal knapp 650 000 Euro gekostet. Das Erzbistum hält daran fest, dass es sich im beschriebenen Fall um einen unvergleichbaren Einzelfall handelt, der sich heute so nicht wiederholen würde.

Kölner Fall ist atypisch für Überschuldung

„Der Kölner Fall ist atypisch und lässt sich mit den meisten Fällen von Überschuldung nicht vergleichen“, sagt Christoph Eikenbusch von der Abteilung Armut des Caritasverbandes im Erzbistum Paderborn. Besonders Langzeitarbeitslosigkeit, Krankheit, eine gescheiterte Selbstständigkeit und Trennung oder Scheidung seien die Hauptursachen für Überschuldung. Aber auch die steigenden Wohnkosten können ursächlich dafür sein, dass nachhaltige Zahlungsschwierigkeiten auftreten. Im Jahr 2020 gaben die privaten Haushalte in Deutschland etwa 36,8 Prozent ihrer gesamten Konsumausgaben für das Wohnen, inklusive Energie und Wohnungsinstandhaltung, aus. „Eine Überschuldung liegt dann vor, wenn weder das vorhandene Vermögen noch die erwarteten Einnahmen eines Schuldners dessen bestehende Verbindlichkeiten abdecken“, sagt Eikenbusch.

Überschuldung und der Weg zur Schuldnerberatung sind keine Seltenheit: „Menschen, die diesen Schritt machen, werden von der Gesellschaft oftmals so betrachtet, als könnten sie nicht mit Geld umgehen oder seien dem Konsum verfallen. Dieses Vorurteil möchte ich widerlegen. Das Leben läuft nicht immer planmäßig, und Gründe für eine Privatinsolvenz treten oft unvermittelt ein. Viele der Menschen haben beispielsweise einen Schicksalsschlag erlebt und sind durch die Auswirkungen schleichend in eine Abwärtsspirale geraten“, sagt Eikenbusch.

Stabiler Haushaltsplan

Bei einer Zahlungsunfähigkeit sei es falsch, einfach zu resignieren und den Mahnschreiben der Gläubiger oder den Vollstreckungsversuchen ihren Lauf zu lassen. Wichtig ist, dass sich Überschuldete in dieser Krisensituation an Schuldnerberatungsstellen wenden. Im Erzbistum Paderborn sind dies jährlich mehrere Tausend Menschen, die eine der 15 anerkannten Anlaufstellen für Überschuldete aufsuchen. „Ohne eine professionelle Beratung gelingt es nur wenigen Menschen, sich auf ein Insolvenzverfahren vorzubereiten. Unsere Beraterinnen und Berater begleiten nicht nur verschuldete Personen im Vorfeld der Insolvenz, sie sorgen für einen stabilen Haushaltsplan und verhandeln mit den Gläubigern. Sollten die Verhandlungen scheitern, wird das von den Caritas-Beratungsstellen bescheinigt. Ohne diese Bescheinigung kann kein Insolvenzantrag gestellt werden“, erklärt Eikenbusch. Betroffene Personen kommen aus allen Gesellschaftsschichten. Auch Mitarbeiter des Erzbistums hätten solche Beratungsgespräche bereits aufgesucht.

Gemeinsam suchen die Beratungskräfte dann mit den Betroffenen nach realistischen Chancen, den Schuldenberg zu reduzieren und den Betroffenen eine neue Lebensperspektive aufzuzeigen. Auch haben Schuldner durch die Verbraucherinsolvenzordnung eine weitere Chance der Entschuldung und des wirtschaftlichen Neubeginns. Das neue Insolvenzrecht soll Betroffenen durch die Verkürzung des Verfahrens helfen, schneller wieder auf die Beine zu kommen. Es regelt unter anderem die Laufzeit des Insolvenzverfahrens neu beziehungsweise die Restschuldenbefreiungsdauer. So dauert das Verfahren für Privatpersonen und Unternehmen nur noch drei statt maximal sechs Jahre. Diese Regel gilt ab sofort und rückwirkend zum 1. Oktober 2020. Bislang orientierte sich die Verfahrensdauer daran, ob eine verschuldete Person ihre Schulden stückweise abbezahlen konnte – zum Beispiel durch den Verkauf von Vermögenswerten, Zwangsvollstreckung oder Pfändung. Wenn nach drei Jahren 35 Prozent der Schulden zusätzlich zu den Verfahrenskosten getilgt werden konnten, war das Verfahren beendet. Doch für die meisten Schuldner blieb das die Ausnahme.

Gibt es überschuldete Priester auch im Erzbistum Paderborn?

Einen vergleichbaren Fall wie im Erzbistum Köln wird es im Erzbistum Paderborn wohl nicht geben. „Unsere Schuldnerberatung gibt grundsätzlich keine Kredite an überschuldete Personen, um deren Schulden zu tilgen. Dadurch würde ein neues Abhängigkeitsverhältnis entstehen, sodass eine Beratung nicht mehr möglich wäre“, erklärt Eikenbusch.

Die Pressestelle des Erzbistums teilte auf eine Anfrage des DOM mit: „Es kam bisher in wenigen Fällen vor, dass sich ein Priester des Erzbistums Paderborn überschuldet hat. Wird ein solcher Fall einer Überschuldung dem Erzbistum bekannt, bietet es dem Priester Hilfe zur Selbsthilfe an, beispielsweise über die Schuldnerberatung. Es hilft bei der Restrukturierung der Schulden und begleitet den Priester bei der Reduzierung seiner Schulden, beispielsweise beim direkten Abzug der Tilgungsverpflichtungen vom Gehalt. Grundsätzlich gilt, dass ein Priester mit seinem Gesamtvermögen haftet.“

Patrick Kleibold

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