Beichtgeheimnis: Die Aufhebung käme einer Diskriminierung gleich

Der Kirchenrechtler Prof. Dr. Rüdiger Althaus. (Foto: pdp)

Nach der Präsentation einer Studie zum Ausmaß von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche in Frankreich ist dort eine Diskussion über das Beichtgeheimnis entbrannt. In Australien sollen Priester bei Missbrauchsfällen sogar zum Bruch des Beichtgeheimnisses verpflichtet werden. Mit Blick auf diese neu entfachte Debatte sprechen sich immer häufiger Vertreter der Kirche für den Fortbestand des Beichtgeheimnisses aus.

Beichte ist ein Teil des Grundrechts der Religionsfreiheit

„Das Beichtgeheimnis oder Seelsorgegeheimnis könne vom Staat gar nicht aufgehoben oder eingeschränkt werden. Die Beichte oder die Individual-Seelsorge ist ein Teil des Grundrechts der Religionsfreiheit“, sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Ähnlich sieht dies der Paderborner Kirchenrechtler Prof. Dr. Rüdiger Althaus: „Die Abschaffung des Beichtgeheimnisses durch den Staat wäre ein klarer Bruch der Konkordate. Diese würde eine eindeutige Diskriminierung der katholischen Kirche darstellen.“ Wenn über die Abschaffung des Beichtgeheimnisses diskutiert würde, so müssten auch alle anderen Schweigepflichten wie die ärztliche und die juristische Schweigepflicht diskutiert werden.

Erzbischof Schick, der auch promovierter Kirchenrechtler ist, sprach sogar von einer „Phantomdiskussion“. Die Zahl der Beichten habe in den vergangenen Jahren dramatisch abgenommen. Schon das mache es höchst unwahrscheinlich, dass jemand, der Missbrauch begangen hat, zur Beichte ginge, sagte Schick. „Wir müssen auch bedenken, dass noch weniger Menschen zur Beichte gehen, sollte es kein Beichtgeheimnis geben. In einem demokratischen Land brauchen wir geschützte Räume. Mit Blick auf die freie Religionsausübung sollte es im Eigeninteresse einer jeden Regierung sein, solche Räume zu schaffen und nicht infrage zu stellen. Ich möchte noch deutlich betonen: Beichten, in denen Straftaten gebeichtet werden, kommen so gut wie gar nicht vor“, sagt Prof. Althaus.

Ohne Beichtgeheimnis gäbe es kein vertrauensvolles Gespräch

Eine Aufhebung des Beichtgeheimnisses würde zugleich die Möglichkeit der Einflussnahme auf einen Sexualstraftäter durch einen Priester verringern. „Damit ein vertrauensvolles Gespräch überhaupt erst entstehen kann und wir den Menschen helfen können, benötigen wir den bereits von mir angesprochenen Schutzraum. Ansonsten blockiert es die Möglichkeit, sich auszudrücken. Als Beichtvater kann ich mit guten Worten nur auf den Menschen einwirken, wenn dieser sich sicher und beschützt fühlt und sich mir dadurch öffnen kann“, sagt Althaus. Zugleich betonte der Kirchenrechtler, dass der Schutz der Opfer natürlich immer über dem Täterschutz stehe: „Als Beichtvater habe ich die Möglichkeit, den Täter dazu zu bewegen, sich den Strafermittlungsbehörden zu stellen. Sollte dieser keine Reue zeigen und sich weigern, den Fall vor die staatliche Obrigkeit zu bringen, so kann unter Umständen auch der Person die Absolution verweigert werden.“

Das Beichtgeheimnis gilt seit dem 13. Jahrhundert und verpflichtet einen Beichtvater zum unbedingten Stillschweigen über das, was er durch eine Beichte erfahren hat. Rechtlich ist das Beichtgeheimnis im völkerrechtlich bindenden Konkordat zwischen Deutschland und dem Vatikan sowie in staatlichen Gesetzen abgesichert.

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