17.05.2018

Heilige Messe

Foto: Marc Tollas / pixelio

Manchmal bietet der liturgische Kalender der eigenen Gemeinde Anlass bzw. Gelegenheit, zur Sonntagsmesse ins nahgelegene Altenheim auszuweichen. Dort kann man, wenn man sich darauf einlässt, eine Innigkeit im Gottesdienst erfahren, wie man sie in der Pfarrkirche eher selten erlebt.

Das hat vielleicht damit zu tun, dass die Kapelle im Altenheim gut gefüllt ist, was wiederum damit zu tun hat, dass sie kleiner ist als die Kirche. Aber das allein ist es nicht. Und was nun zu beschreiben ist, bringt einem oberflächlich das Geheimnis auch nicht näher: Es stehen viele Rollstühle und Rollatoren da, nicht alle Gottesdienstbesucher können dem Geschehen vorn folgen, manche reden, andere schlafen und irgendwo pfeift ein Hörgerät. Der Priester ist nicht eingeflogen, sondern wohnt hier, ist also schon ein reiferer Jahrgang. Gott sei Dank keiner, der brillieren möchte, sondern einer, der das Leben kennt. Der Gemeindegesang ist bisweilen etwas schräg, aber die Intensität, mit der er vorgetragen wird, macht das mehr als wett. Hier kennen fast alle den Text, auch der hinteren Strophen!

Ein heiliger Moment, das muss man so sagen, ist die Kommunionausteilung. Sie wird wirklich ausgeteilt, also zu den Leuten gebracht, obwohl die, die diesen Dienst tun, etwas wacklig auf den Beinen sind. Alles geschieht in großer Ruhe und wenn man sieht, wie dankbar und ehrfürchtig manche die Hostie empfangen, möchte man sie in den Arm nehmen. Was haben diese Leute alles erlebt, an welchen Gräbern haben sie wohl schon gestanden, was mussten sie sich anhören in Beichtstühlen, von Politikern, welche Hoffnungen hat ihnen das Leben zertrümmert? Wa­rum sind sie hier im Altenheim, im Gottesdienst und wie geht es ihnen überhaupt? Und nun halten sie sich an diesem kleinen runden Brot fest.

Zusammenfassend kann man sagen: Hier ist alles irgendwie mühsam, alle strengen sich an und gerade das schafft ein wirkliches Miteinander. Kein liturgisches Vorturnen, kein beseeltes Vortragen noch eines „schönen Textes“ von Anselm Grün oder so, nein, dies ist eine ganz und gar undekorierte Messe. Womöglich schimmert gerade dadurch das Heilige durch. Womöglich soll eine Messe genauso sein. Und womöglich wirkt es auch auf die Angehörigen, die da sitzen, besonders auf die, die eigentlich nicht zur Kirche gehen.

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen