Nostalgie vom A-Team bis "Don't stop believin'"
Weihnachtsspots zwischen Trubel, Besinnlichkeit und KI-Diskussionen.
Die Sonne scheint, eine Familie sitzt im Garten, Grillparty, zwei Frauen springen in einen See und baden. Was das mit Weihnachten zu tun hat? Zu sehen sind diese Bilder im Weihnachtswerbespot der Drogeriemarktkette dm. Bildsprachlich ist das weit weg von dem, was man landläufig mit Weihnachten verbindet. Helle Farben in einer sommerlichen Umgebung und auch die Musik lösen eher wenig Weihnachtsstimmung aus – da helfen auch die Schlittenglocken im Hintergrund nicht. Die Botschaft am Ende des halbminütigen Videos: „Nehmt Euch Zeit füreinander / An Weihnachten und jeden Tag“.
Besonders nostalgisch wird es in diesem Jahr für die Fans der Actionserie „Das A-Team“. Edeka inszeniert in seiner Weihnachtskampagne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als helfende Helden beim vorweihnachtlichen Einkauf – passender Soundtrack inklusive. Das „Edek-A-Team“ rettet das Weihnachtsfest.
Vom Schenken und Zurückschenken
In unzähligen Filmen und Serien kommt der 80er-Hit „Don’t stop believin'“ vor – und jetzt neu auch beim Discounter Aldi Süd. Die Botschaft: „Solange wir daran glauben, wird es für alle ein Fest“. Zwischen Actionhelden und Sommerfest kann man hier tatsächlich das Gefühl bekommen, es gehe um Weihnachten. Der Spot des Discounters sei humorvoll und werde daher sicherlich gerne zur Unterhaltung angesehen, erklärte der Marketingforscher Heribert Gierl der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Grundsätzlich gelte im Marketing das, was auch im persönlichen Miteinander gelte: „Wenn sich jemand um einen anderen bemüht, dann ist auch der andere bereit, etwas zurückzuschenken.“ Oder übersetzt: Wenn eine Marke dem Konsumenten etwas Wertvolles schenke, etwa in Form einer interessanten, gefühlvollen oder lustigen Geschichte, sei der Konsument auch bereit, Aufmerksamkeit, Markentreue oder erhöhte Preisbereitschaft zurückzuschenken
In den Niederlanden hat die Fastfood-Kette McDonald’s die Menschen mit ihrem Weihnachtsspot eher abgeschreckt – und ihn daraufhin zurückgezogen. Während in Deutschland Christoph Maria Herbst im roten Anzug mit goldener Krawatte in unverkennbarer Stromberg-Manier für die Fastfood-Kette wirbt, machte das Unternehmen im Nachbarland Weihnachten zur „most terrible time of the year“ (schrecklichsten Zeit des Jahres). Die Ironie – angelehnt an den Song „It’s the most wonderful time of the year“ (Es ist die wundervollste Zeit des Jahres) – kam bei den Zuschauerinnen und Zuschauern jedoch nicht gut an. Und als wäre der Zynismus in dem Video nicht schon genug, setzte der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) für viele Nutzer in den Sozialen Medien dem Ganzen die Krone auf.
Schlechte Stimmung kommt nicht an
Schlechte Stimmung zu Weihnachten kommt bei den Zuschauern also nicht gut an. Inwieweit sich der Einsatz von KI durchsetzen wird und ob die Menschen dem weiterhin ablehnend gegenüber stehen werden, bleibt abzuwarten. Coca Cola etwa setzt bereits zum zweiten Mal auf KI. Das kommt bei einigen Nutzern nicht gut an. Sie weisen auf Fehler in den KI-generierten Clips hin oder kritisieren die fehlende Natürlichkeit von Menschen und Tieren in den Videos.
Auffällig übrigens: In diesem wie im vergangenen Jahr setzt der Brausekonzern auf die Darstellung von Tieren, die sich über die Ankunft der berühmten roten Trucks und des Weihnachtsmanns zu freuen scheinen. Wissenschaftler Gierl beobachtet einen Wandel bei den Inhalten der Werbespots. Ihm fällt eben jener Einsatz von KI zur Darstellung von Tieren auf. Zugleich habe es vor fünf bis zehn Jahren noch mehr emotionale Weihnachtswerbung gegeben. Er erinnert hier an die bekannte Edeka-Werbung unter dem Motto „Heimkommen“ aus dem Jahr 2015, in der ein einsamer alter Mann seine Familie mit einer Traueranzeige zum Weihnachtsessen zu sich lockt.
Bei alldem gelte, die Weihnachtsspots dienten entweder dem Zweck, Produkte zu bewerben, oder die Bindung zu einer Marke zu erhöhen. Sie verfolgen also rein kommerzielle Ziele.
Weihnachtsbotschaft in kirchlichen Spots
Die Religionswissenschaftlerin Verena Eberhardt sieht auch deshalb in Supermärkten nicht die besseren Kirchen, „denn sie erinnern nicht an den Kern des Festes, sondern erzeugen eine bestimmte Stimmung der Behaglichkeit und appellieren an wertschätzendes Zusammenleben“. Werbung nutze das Weihnachtsfest, um familiale Werte zu zelebrieren und ins Bewusstsein zu bringen. „Interessant ist daran, dass wir uns meist als plurale Gesellschaft verstehen, und Weihnachten wird explizit herausgegriffen, um die Gesellschaft wieder zusammenzuführen“, sagte Eberhardt im KNA-Interview.
Dass auch die eigentliche Botschaft des Weihnachtsfests in den Mittelpunkt eines Weihnachtsspots rücken kann, zeigen die beiden großen Kirchen in Deutschland. Die katholische Kirche lenkt den Blick auf die Krisen in der Welt und setzt ihnen die Botschaft entgegen: „Gerade jetzt zählt das Licht.“ Freude sei Widerstand gegen das Grau und die Kälte der Welt. „Feier Weihnachten – nicht weil alles gut ist, sondern weil es gut tut“, heißt es in dem Video.
Im evangelischen Pendant erklingt die Weihnachtskantate „Jauchzet, frohlocket“ von Johann Sebastian Bach. „Was auch immer Weihnachten für dich ist, wir feiern es“, heißt es am Ende des Videos. Während manche darin die klare christliche Botschaft vermissen, betonen andere die Einladung, die damit verbunden sei: Egal wie religiös jemand ist, ob er oder sie Weihnachten mag oder sich in der Zeit vor allem gestresst fühlt – es sei jeder willkommen, Weihnachten zu feiern.