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07.07.2025
Professor Thomas Schüller (m.), Direktor des Instituts für Kanonisches Recht der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster, während der zweiten Sitzung des Synodalen Ausschusses 2024.
Foto / Quelle: Angelika Zinzow/KNA

Missbrauch durch Priester nie Privatsache

Ein Gericht hat Anfang Juli die Schmerzensgeldklage einer Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln abgewiesen. Kirchenrechtler Thomas Schüller kritisiert das scharf.

Köln / Münster

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller hat die Abweisung der Schmerzensgeldklage einer Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln als Skandal und als Verstoß gegen die Verfassung kritisiert. Bei einer möglichen Berufungsverhandlung müsse dies korrigiert werden, sagte er am Montag im Deutschlandfunk.

Schüller kritisierte vor allem die auch vom Erzbistum vertretene Argumentation des Kölner Landgerichts, eine kirchliche Amtshaftung komme nicht infrage, weil der Priester die Taten nicht im Rahmen seines Amtes, sondern im Privaten begangen habe: „Ein Priester – das ist nun mal die Lehre der katholischen Kirche und auch kirchenrechtlich hinterlegt – ist nie privat.“

"Nötig wäre Grundsatzentscheidung"

Das Gericht hätte – wie es auch die Verfassung klar vorschreibe – die in diesem Fall eindeutige kirchliche Lehre zur Grundlage seiner Entscheidung nehmen müssen, fügte Schüller hinzu. Nötig wäre eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs in dieser Angelegenheit, um eine einheitliche Linie mit Blick auf die Amtshaftung der Kirchen in solchen Fälle zu erreichen: „Dann erst haben die Opfer sexualisierter Gewalt eine Rechtssicherheit.“ Das Landgericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass dem ehemaligen Priester das Pflegekind durch einen staatlichen Akt anvertraut worden sei. Ein Zusammenhang zur kirchlichen Tätigkeit scheide bereits deshalb aus. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob Dienstvorgesetzte oder möglicherweise der Täter selbst die Betreuung des Pflegekindes als Teil der Ausübung des Priesteramtes angesehen haben.

Schüller nannte es verwunderlich, dass sich gerade das Erzbistum Köln „auf solche Tricks verlässt“, um eine Schmerzensgeldklage abzuwehren – ein Bistum, „was sich ja besonders katholisch gibt, auch in der Person seines Kardinals“. Bei Priesterweihen hätten der frühere Kölner Kardinal Joachim Meisner und in jüngerer Zeit Kardinal Rainer Maria Woelki „immer wieder betont: Ihr seid jetzt ganzheitlich in Christi Nachfolge, Ihr repräsentiert diesen Jesus Christus mit jeder Faser Eures Körpers in jeder Sekunde Eures Tuns.“

Der konkrete Fall

Im konkreten Fall, an dem Schüller auch als Gutachter beteiligt war, hätte das Erzbistum aus seiner Sicht das Gefahrenpotenzial erkennen müssen, als man dem damals jungen Priester erlaubt habe, Pflegevater eines jungen Mädchens zu werden: „Man war sorglos und hat das laufenlassen und dementsprechend sind schreckliche Taten geschehen, die an Grausamkeit kaum zu überbieten sind.“ Der später zu zwölf Jahren Haft verurteilte Priester U. hatte seine heute 58 Jahre alte Pflegetochter über Jahre missbraucht und sie unter anderem auch zu einer Abtreibung gezwungen.

KNA
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