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02.12.2025
TV-Entertainer Thomas Gottschalk - hier ein Archivbild aus 2018 - ist an Krebs erkrankt.
Foto / Quelle: Dieter Mayr/KNA

Männer sind Vorsorgemuffel - auch Thomas Gottschalk

Männer gehen seltener zum Arzt als Frauen. Auch bei der Vorsorge tut sich das vermeintlich starke Geschlecht schwerer.

Bonn

Typisch Mann. Thomas Gottschalk (75), an Krebs erkrankter TV-Moderator, wollte nach Angaben seiner Frau Karina zunächst erst gar nicht zum Arzt gehen, obwohl es ihm immer schlechter ging. Sie habe einen Termin für ihn vereinbart und ihn in die Praxis „geschoben“, berichtete seine Frau Karina der „Bild“-Zeitung am Dienstag. Männer gelten als Vorsorgemuffel. Sie gehen ungern zum Arzt und entsprechend selten zur Vorsorge. „Kommt ein Mann zum Arzt…“: Was wie der Einstieg in einen typischen Arztwitz klingt, ist oft bitterer Ernst. Das Auto zum TÜV zu bringen, ist demgegenüber viel selbstverständlicher.

Fest steht: In Deutschland liegt die Lebenserwartung von Männern durchschnittlich fast fünf Jahre unter der von Frauen. Männer werden laut Statistischem Bundesamt durchschnittlich etwa 78,5 Jahre und Frauen rund 83,2 Jahre. Doch solche Unterschiede sind keineswegs in Stein gemeißelt. Das zeigte etwa die deutsch-österreichische Klosterstudie von 2002. Der Bevölkerungswissenschaftler Marc Luy analysierte die Lebenserwartung von über 11.000 Nonnen und Mönchen in Bayern zwischen 1890 und 1995. Er wies nach, dass unter vergleichbaren Lebensumständen – im Kloster – Mönche annähernd so lange leben wie Nonnen.

Risikoreicheres Leben

„Männer gehen seltener zum Arzt als Frauen. Sie führen ein teilweise risikoreicheres Leben, trinken mehr Alkohol, ernähren sich ungesünder und nehmen seltener an gesundheitsfördernden Angeboten teil“, so fasste es die frühere Chefin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Heidrun Thaiss, vor wenigen Jahren zusammen.

Das zeigen auch die im August veröffentlichten Daten des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Krankenkasse Barmer zur Darmkrebsfrüherkennung in Deutschland. Im Zeitraum zwischen 2010 bis 2022 nutzten lediglich 22,9 Prozent der Männer und 55,5 Prozent der Frauen im Alter von 50 bis 54 Jahren mindestens einmal das Angebot eines Stuhltests auf unsichtbares („okkultes“) Blut. Bis zum Alter von 55 Jahren hatten 77,1 Prozent der Männer und 44,5 Prozent der Frauen keinen einzigen Test durchgeführt.

Erst kürzlich rief deshalb Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) Männer – aus Anlass des Weltmännertages am 3. November – zu mehr Vorsorge und Früherkennung sowie zu einem gesünderen Lebensstil auf. Männern ab 45 Jahren werde eine jährliche Früherkennung für Prostatakrebs empfohlen, ab 65 Jahren zudem eine einmalige Früherkennung für eine erweiterte Bauchschlagader, ein sogenanntes Bauchaortenaneurysma, so die Ministerin.

Daneben gibt es eine Reihe von Vorsorgeuntersuchungen, die sowohl für Männer als auch für Frauen von den Krankenkassen übernommen werden, etwa zur Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nieren- oder Darmerkrankungen und Diabetes. Überdies wird ab 35 Jahren alle zwei Jahre ein Hautkrebsscreening empfohlen. Gerade jüngere Männer sollten durch Selbstuntersuchung regelmäßig Frühwarnzeichen auf Hodenkrebs abtesten.

Angebote auf Frauen zugeschnitten

Doch warum die Scheu der angeblich so starken Männer vor dem Arzt? Der Kölner Sportwissenschaftler Ingo Froböse, der zusammen mit dem Sportmoderator Peter Großmann das Buch „Der Männer-Gesundheitscode“ veröffentlicht hat, verweist auf das durch Erziehung und Umfeld beeinflusste Selbstbild vieler Männer; sie hätten andere Bedürfnisse als Frauen: „Da wirken starke Prägungen nach: nicht klagen, nicht auffallen, durchhalten“, vermutet er im Interview der „Welt“. Männer redeten auch weniger mit Freunden und Familie über Gesundheit. „Und wenn sie Sport machen, dann oft falsch – ohne Rücksicht auf Gelenke oder Regeneration.“

Das Problem dabei: Viele Angebote für Prävention, Ernährung und Gesundheitstraining in Deutschland würden von Frauen entwickelt, kommuniziert und geleitet – in Krankenkassen, Kurszentren, auch in den Medien. In Präventionskursen seien 90 Prozent der Teilnehmer Frauen. „Entspannungsangebote, Balance-Kurse, Klangschalen. Das funktioniert nicht“, schreibt Froböse. „Männer ticken eher über Begriffe wie Kraft, Ausdauer, Stabilität – oder: Kampf.“ Der Sportwissenschaftler mahnt: Männer haben mit all diesen Angeboten oft wenig Berührung, obwohl sie es eigentlich viel nötiger hätten. „Sie sind das kränkere Geschlecht.“

KNA
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