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26.11.2025
Ein Mauerbild mit Motiven zur Fußball-Weltmeisterschaft 2026 in Mexiko-Stadt.
Foto / Quelle: Tobias Käufer/KNA

Leichensäcke in der Nähe des Fußballstadions

Ein halbes Jahr vor der WM fühlen sich Mexikaner immer unsicherer.

Mexiko-Stadt

José Raúl Servín García erinnert sich an den Beginn der Suche: „Wir fanden sofort schon am ersten Tag drei Säcke“. Der Mexikaner ist Mitglied der Aktivistengruppe Guerreros Buscadores de Jalisco, die nach den Überresten vermisster Menschen sucht – um ihr Schicksal zu klären und die Ungewissheit der betroffenen Familien zu beenden.

In Mexiko gelten mehr als 120.000 Menschen als vermisst. Von vielen fehlt jede Spur, die Familien treffen auf überforderte und desinteressierte Behörden. Nun könnten zumindest ein paar Fälle aufgeklärt werden; denn die Aktivisten berichteten dem Portal „Aristegui Noticias“, dass sie in der Nähe des WM-Stadions in Guadalajara allein in den vergangenen drei Jahren insgesamt 456 Säcke mit menschlichen Überresten gefunden hätten. Den bislang letzten Fund machten die Aktivisten im September. Die Arena ist Heimstätte des populären Clubs Chivas Guadalajara. Hier soll bei der WM 2026 der Ball rollen. „Es ist eine Schande, dass die WM hier stattfindet“, sagt Servín García.

Je näher die Fußball-WM rückt (11. Juni bis 19. Juli 2026), gerät auch das Thema Sicherheit in den Blick. In Mexiko werden 13 Spiele ausgetragen; außer in der Hauptstadt Mexiko-Stadt, in der auch das Eröffnungsspiel stattfinden, wird auch in Monterrey und eben in Guadalajara gespielt. Die USA und Kanada sind ebenfalls Gastgeber.

Regierung verweist auf zurückgehende Mordrate

Während die Regierung auf eine zurückgehende Mordrate verweist, nimmt das Thema Sicherheit in der Gesellschaft einen immer größeren Raum ein. Laut einer Umfrage des Nationalen Instituts für Statistik und Geografie haben die Angst vor Kriminalität und eine weit verbreitete Unsicherheit im dritten Quartal 2025 erneut zugenommen. Fast zwei Drittel der erwachsenen Bevölkerung (63 Prozent) in städtischen Gebieten halten der Umfrage zufolge ihr Leben dort für unsicher.

Dazu dürften auch die jüngsten Ereignisse beigetragen haben. Anfang November wurde der populäre Bürgermeister Carlos Manzo erschossen. Er hatte in seiner Kommune Uruapan zu einem „Aufstand gegen die organisierte Kriminalität“ aufgerufen und einen „Schmusekurs“ der mexikanischen Politik mit den Drogenkartellen kritisiert. Inzwischen wurden die mutmaßlich Verdächtigen des Attentats festgenommen.

Eine Straßensperre mit dem aufgesprühten Text "Sheinbaum Narco Presidentia - A Que Le Temes? (dt. Sheinbaum, die Präsidentin der Drogenkartelle - Wovor hast du Angst?) gegen Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum.
Foto / Quelle: Tobias Käufer/KNA

Doch in der Unruheprovinz Michoacán, die als eine Hochburg der mexikanischen Drogenkartelle gilt, löste die Tat zunächst eine Demonstration mit mehreren zehntausend Teilnehmern aus. Die Proteste weiteten sich auf das ganze Land aus. Zuletzt demonstrierten in Mexiko-Stadt rund 20.000 Menschen, unter anderem vor dem Nationalpalast. Es gab Ausschreitungen und Verletzte.

Während Staatspräsidentin Claudia Sheinbaum die Proteste als fremdgesteuert und bezahlt kritisierte, fragte Guadalajaras Kardinal José Francisco Robles Ortega, ob es nicht möglich sei, dass infiltrierte Gruppen die Gewalt gezielt provoziert hätten, um die Proteste zu diskreditieren. Auch werfe das Sicherheitskonzept für den Nationalpalast Fragen auf. Er legt damit nahe, die Regierung könnte ein Interesse gehabt haben, dass die Demonstrationen aus dem Ruder liefen.

Kardinal kritisiert Regierung

Hinzu kommt auch die Dauerkritik aus den USA. Präsident Donald Trump lobt zwar Sheinbaums Engagement gegen den Drogenhandel, behauptet aber auch, das Land sei längst in der Gewalt der organisierten Kriminalität. Immer wieder bringt er Militäreinsätze gegen die Kartelle ins Spiel. „Das wird nicht passieren“, verspricht Sheinbaum und pocht auf Mexikos Souveränität.

Neue, für diese Woche angekündigten Proteste verliefen im Sand; die Regierung verbuchte das als einen Teilerfolg. Ohnehin redet sie viel lieber über Public Viewings in öffentlichen Parks und historischen Stätten. Bei der WM soll sich das Land von der besten Seite zeigen. Leichensäcke passen da nicht so gut ins Bild.

pdp
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