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05.12.2025
Das Erzbistum Paderborn verbindet seine Immobilienstrategie mit der pastoraler Erneuerung, unterstreichen Diözesanbaumeisterin Carmen Matery-Meding, Leiterin des Bereichs Bauen, sowie Thomas Klöter, Leiter des Bereichs Pastorale Dienste.
Foto / Quelle: Erzbistum Paderborn

Kirche gestaltet Räume für die Zukunft

Erzbistum Paderborn verbindet Immobilienstrategie mit pastoraler Erneuerung.

Erzbistum Paderborn

Das Erzbistum Paderborn stellt sich den aktuellen Herausforderungen rund um den kirchlichen Immobilienbestand mit einer klaren Botschaft: Kirchliche Gebäude sind „kein Selbstzweck“, sondern sie sollen „Orte, Ausdruck und Werkzeug der Liebe Gottes“ sein. Im Hinblick auf den zukünftigen Umgang mit kirchlichen Immobilien im Erzbistum Paderborn unterstreichen dies Diözesanbaumeisterin Carmen Matery-Meding, Leiterin des Bereichs Bauen, sowie Thomas Klöter, Leiter des Bereichs Pastorale Dienste, in einem Interview für die Homepage der Erzdiözese.

Aktueller Bezugspunkt ist das Schreiben „Dilexi te“ von Papst Leo XIV. über die Liebe zu den Armen. Auch wenn das päpstliche Schreiben die Baukultur nicht direkt thematisiert, berühre es die Arbeit an kirchlichen Gebäuden unmittelbar, so Carmen Matery-Meding. „Wenn der Papst sagt, die Kirche nehme ihre ‚erhabenste Haltung ein, wenn sie sich hinabbeugt, um sich der Armen anzunehmen‘, dann gilt das auch für das, was wir bauen, erhalten oder verändern.“ Der Umgang mit kirchlichen Immobilien folge keiner reinen Strukturlogik, sondern einer geistlichen Grundhaltung.

Bedarfsgerechte Anpassung des Immobilienbestandes

Im Mittelpunkt steht eine verantwortungsvolle Immobilienstrategie, bei der gemeinsam mit den Kirchengemeinden geprüft wird, ob ein Gebäude „weiterhin dem kirchlichen Auftrag dient und mit pastoralen Angeboten gefüllt werden kann“. „Besitz verpflichtet! – das hat der Papst in ‚Dilexi te‘ sinngemäß bekräftigt, auch wenn er gar nicht über Gebäude spricht“, bekräftigt die Diözesanbaumeisterin.

Die Kirchengemeinden und Pastoralen Räume entscheiden über die künftige Nutzung ihrer Immobilien. Das Erzbischöfliche Generalvikariat unterstützt sie dabei durch Fach- und Prozessberatung. Höhere Zuschüsse erhält künftig, wer seinen Immobilienbestand bedarfsgerecht anpasst. Das Ziel besteht darin, die Bruttogeschossflächen von Kirchen und Pfarrheimen um mindestens 20 bis 30 Prozent zu reduzieren. Der reine Substanzerhalt bleibt dabei gewährleistet.

Zugleich sucht das Erzbistum Paderborn den Austausch mit Kommunen, der Gesellschaft und ökumenischen Partnern, um Lösungen zu entwickeln, die „ökonomisch, ökologisch und sozial tragfähig sind“. „Nicht jedes Gebäude wird in seiner jetzigen Form erhalten bleiben können. Aber jedes Gebäude soll – soweit es möglich ist – seinen Dienst für die Menschen behalten oder in neuer Form wiederfinden“, erklärt Diözesanbaumeisterin Matery-Meding. Die Immobilienstrategie des Erzbistums versteht sich dabei nicht als reines Rückbauprogramm, sondern als Gestaltungsraum für Neues: Mobile und reversible Einbauten oder multifunktionale Konzepte sollen zusätzliche Nutzungen ermöglichen, ohne den Charakter der Gebäude dauerhaft zu verändern.

Für Thomas Klöter ist entscheidend, dass kirchliche Orte Räume für Glauben, Beziehung und Gemeinschaft sind. „Unsere Gebäude, besonders die Kirchen, sind sichtbare Orte dieser Beziehung. Sie sind Räume, in denen Glaube gelebt, Gemeinschaft erfahren und Solidarität konkret wird.“ Dabei geht es darum, vom wirklichen Bedarf auszugehen: „Wir wollen nicht von einer ‚Streichliste‘ her denken, sondern von den tatsächlichen und möglichen Bedürfnissen der Menschen.“

Carmen Matery-Meding, Leiterin des Bereichs Bauen, im Gespräch mit Thomas Klöter, Leiter des Bereichs Pastorale Dienste.
Foto / Quelle: Erzbistum Paderborn

Der Leiter des Bereichs Pastorale Dienste im Erzbischöflichen Generalvikariat sieht im Wandel pastorale Chancen: „Werden kirchliche Gebäude auch für innovative, generationenübergreifende oder kooperative Nutzungen geöffnet, entstehen über die herkömmliche Nutzung hinaus Orte für Begegnung und Austausch, die dennoch durch und durch christlich und im Sinne der Kirche sind.“

Beide Verantwortlichen betonen, dass bauliche, pastorale und finanzielle Entscheidungen untrennbar miteinander verbunden sind. „Bauen in der Kirche bedeutet nicht nur, Mauern zu erhalten, sondern auch Haltungen zu erneuern“, sagt Carmen Matery-Meding. Die Architektin betont, dass Reduzierung nicht automatisch Verzicht bedeutet, sondern manchmal Freiraum schafft: „Weniger Besitz kann mehr Sendung bedeuten, wenn er frei macht für Nähe, Dienst und Menschlichkeit.“

Mit Blick auf innovative Lösungen verweist die Diözesanbaumeisterin auf „flexible und multifunktionale Mehrfachnutzungen von Gebäuden, wie zum Beispiel temporäre Einbauten von Gemeinderäumen in Kirchen“. Diese würden zeigen, dass „wunderbare Konzepte entstehen, wenn aus der Notwendigkeit der Reduzierung eine neue Qualität entsteht“.

Trauer ernst nehmen, Beteiligung stärken

Der Abschied von vertrauten Gebäuden löst oft Schmerz aus. Thomas Klöter betont: „Wenn ein vertrauter Ort verschwindet, geht immer ein Stück Geschichte, Erinnerung und Identität verloren. Das schmerzt, und diesen Schmerz dürfen wir nicht kleinreden.“ Darum setzt das Erzbistum Paderborn auf Beteiligung. „Beteiligung braucht Zeit und Offenheit – und sie hat ihre Grenzen. Aber sie ist unverzichtbar“, fordert Carmen Matery-Meding. Durch frühzeitige Gespräche und Workshops sollen Entscheidungen nachvollziehbar gemacht und von den Menschen vor Ort mitgetragen werden.

Entscheidend bleibt für Thomas Klöter: „Wenn eine Kirche schließt, darf die Nähe nicht enden.“ Neue, niedrigschwellige oder mobile Orte der Begegnung sowie Kooperationen mit sozialen Partnern könnten diese Nähe ermöglichen. „Entscheidend ist, dass wir uns zu den Menschen hinbewegen und nicht von ihnen weg.“ Carmen Matery-Meding ergänzt zur Sichtbarkeit kirchlichen Handelns: „Sichtbarkeit entsteht nicht allein durch Architektur, sondern durch Haltung und Beziehung.“ Damit werde deutlich: Die Zukunft kirchlicher Präsenz hängt nicht allein von Gebäuden ab, sondern vom Mut, neue Wege zu gehen.

„Wir wissen, dass wir nicht alles erhalten können, aber wir können verantwortungsvoll gestalten“, erklärt Carmen Matery-Meding. Thomas Klöter erkennt im Wandel eine wichtige Perspektive: „Kirche im Wandel bedeutet nicht weniger Kirche, sondern anders Kirche – mitten unter den Menschen.“

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