6 Min.
04.12.2025
Die Popkantoren Caspar Beule (links) und Nils Kollmeier.
Foto / Quelle: Wolfgang Maas

Gefühle, Musik und Technik

Die beiden Popkantoren Caspar Beule und Nils Kollmeier fördern Musikerinnen, Musiker und Bands im Bereich der christlichen Popularmusik.

Interview: Wolfgang Maas und Victoria Landschütz
Erzbistum Paderborn

Seit Januar sind Sie als Popkantoren tätig. Was sind Ihre Aufgaben?

Caspar Beule: Mein Kollege Nils Kollmeier und ich sind für den Bereich christliche Popularmusik zuständig. Damit sind wir an die Kirchenmusik angegliedert und im ganzen Erzbistum unterwegs. In diesem Zusammenhang begleiten wir sowohl junge Bands und Chöre als auch Bistums­projekte wie „YOUNG MISSION“ in Hardehausen. Ich leite das Musikteam vor Ort und wir versuchen hier, ein Netzwerk aufzubauen. Wir merken, dass die Nachfrage nach christlicher Popularmusik riesengroß ist. Nach einem knappen Jahr sind wir schon ausgebucht.

Nils Kollmeier: Außerdem bieten wir Workshops an, bisher vor allem in unseren jeweiligen Schwerpunktbereichen. Das bedeutet: Caspar ist eher in der Bandarbeit und im Bereich Songwriting unterwegs, ich im Bereich elektronische Musikproduktion und DJing. So waren wir beispielsweise beim großen Workshoptag ­MUSIKerLEBEN in Hardehausen vertreten. Für die Zukunft planen wir zudem ein Worship-Café-­Format sowie kleinere Festivalformate. Außerdem haben wir im September mit einer ­D-­Ausbildung im popularmusikalischen Bereich gestartet. Darüber hinaus begleiten wir musikalisch regelmäßig Gottesdienste und andere Veranstaltungen.

Das, was da ist in der Fläche, wird doch eine ganze Menge sein, oder?

Caspar Beule: Auf jeden Fall. Wir haben letztens eine Karte des Erzbistums gesehen und es ist immer wieder krass zu sehen, wie viel Fläche in diesem Erzbistum steckt. Das Erzbistum ist mit einer Fläche von knapp 15 000 Quadratmetern riesig. Trotzdem haben wir den Anspruch, überall präsent zu sein.

Nils Kollmeier: Wir bekommen aus den verschiedensten Gemeinden Anfragen, ob wir vor Ort schon Bands oder Musikerinnen und Musiker kennen, die Lust hätten, mal einen Gottesdienst zu gestalten. Da müssen wir bisher immer sagen, dass wir selbst noch dabei sind, ein Netzwerk aufzubauen. Das braucht Zeit, aber wir sind auf einem guten Weg.

Caspar Beule: In der Praxis unterscheidet sich unser Job von dem eines klassischen Kirchenmusikers dann darin, dass wir nicht jeden Sonntag in der gleichen Gemeinde sind, sondern quer durchs Erzbistum reisen und Workshops und Gottesdienste gestalten. Wir fördern Bands durch Beratung, Coaching und gemeinsame Projekte.

Ist die D-Ausbildung neu?

Caspar Beule: Die gab es vorher noch nicht. Die ­C-Ausbildung ist schon Tradition und die ­D-Ausbildung POP ist etwas Neues. Das gibt es auch noch nicht in so vielen Diözesen, aber die Bundeskonferenz mit Playern aus der christlichen Popularmusik hat sich auf eine gemeinsame Konzeption geeinigt.

Nils Kollmeier: In manchen Punkten überschneiden sich auch die Ausbildungen. In der ­D-Ausbildung geht es beispielsweise ebenfalls um Gehörbildung, Liturgik oder Stimmbildung, allerdings mit dem Fokus auf Popularmusik. Des Weiteren gibt es Schwerpunktthemen wie Tontechnik, Bandleitung, Probenmethodik und Urheberrecht.

Das Ziel ist also eine Professionalisierung?

Caspar Beule: Genau, wir fangen zunächst mit der ­D-Ausbildung an. Dann wird es vielleicht irgendwann auch mal zur ­C-Ausbildung kommen. Für die ­C-Ausbildung braucht man sehr viel Einzelunterricht. Das können zwei Personen gar nicht leisten. Deshalb fangen wir erst mal mit der ­D-Ausbildung an. Wir würden uns wünschen, dass es in Zukunft mit dem Zertifikat die Möglichkeit gibt, popularmusikalisch gestaltete Gottesdienste zu vergüten.

Ist „Popularmusik“ ein Gegensatz zur klassischen Kirchenmusik?

Caspar Beule: Ja, schon. Mit Popularmusik ist im Endeffekt alles gemeint, was ab 1950 populär geworden ist, also Jazz, Rock, Pop und alles, was dazugehört. Unser Ziel ist es, die Musik in der Kirche an die Hörrealität der Menschen anzupassen und Gottesdienste so vielseitig wie möglich zu gestalten.

Nils Kollmeier: Es schließt sich ja gegenseitig nicht aus. Man kann klassische Kirchenmusik auch populär gestalten. Beispiele sind Lieder aus dem Gotteslob wie „Lobe den Herren“ oder „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Solche Lieder kann man super auch mit Band arrangieren.

Caspar Beule: Das stimmt. Es gibt auch sogenannte Crossovers, in denen man Orgel und Schlagzeug kombiniert. Da sind wir bei unseren Kolleginnen und Kollegen auf große Zustimmung gestoßen und haben das Gefühl, dass wir gut reinpassen. Wir freuen uns auch, dass das Traditionelle bleibt, ich höre das ja auch gerne. Ich finde es immer wichtig, dass die Kirche alles anbieten kann.

Was macht denn gute christliche Popularmusik aus?

Caspar Beule: Primär würde ich sagen: ein guter Sound und Authentizität. Popularmusik basiert weniger auf Perfektion, sondern mehr auf Authentizität und Individualität. Die Leute, die Musik machen, machen das aus ihren Gefühlen heraus und gehen kreativ mit den Gefühlen um. Man muss nicht immer Musik studiert haben oder professionell singen oder ein Instrument spielen können. Mit Hingabe kann man viel bewegen. Soundqualität ist natürlich relevant. Niemand muss heute einen schlechten Sound haben. Man kann mit sehr wenig Budget sehr gut Sachen machen, das ist das Schöne an unserem 21. Jahrhundert.

Nils Kollmeier: Dem würde ich mich anschließen. Ich denke, christliche Popularmusik sollte vor allem einfach zugänglich sein und zum Mitsingen oder zum Miterleben einladen. So entsteht eine Atmosphäre, in der sich die Menschen wirklich eingebunden fühlen.

Bei der Technik muss man sich allerdings reinfuchsen.

Caspar Beule: Ja, auf jeden Fall. Wir beraten auch bei Technikfragen. Wir sind immer dafür, dass man – wenn Kirchen umgestaltet werden – den Sound mitbedenkt. Klassische Musik kommt besser mit dem halligen Sound der Kirchenräume aus. Wenn man Popmusik spielen will, muss man ein bisschen nachjustieren. Da kann es auch technisch aufwendiger werden, aber das funktioniert. Wir haben jetzt eine große Anlage gekauft, die zeigen soll, was wirklich an Soundqualität geht.

Nils Kollmeier: Das ist auch ein wichtiges Thema während der ­D-Ausbildung. Da gehen wir beispielsweise mit den Teilnehmenden einen ganzen Tag in eine Kirche, bauen gemeinsam ein komplettes Setup auf und versuchen anschließend, einen guten Sound zu erzeugen.

Verändert sich der Klang, weil Kirchen hohe Decken und viele Säulen haben?

Caspar Beule: Die Schwierigkeiten sind große hohe Räume, die Schall reflektieren und so den Klang beeinflussen. Das versucht man dann zu vermeiden, etwa durch digitale Tools beim Mischen. Früher gab es oft die Rückmeldung, dass die Musik entweder viel zu laut sei oder man die Stimme nicht gut verstehe. Das lag dann meistens nicht an der Musik selbst, sondern an den Räumen. Das ist für uns ein großes Thema und daran arbeiten wir.

Nichtmusikerinnen und -musikern fällt Technik erst auf, wenn etwas ausfällt.

Nils Kollmeier: Ja, genau, deswegen versuchen wir, das Thema in der ­D-Ausbildung POP aufzugreifen, sodass nicht nur Tontechniker über dieses Wissen verfügen, sondern auch die Band selbst. Es ist klar, dass man nicht für jeden Gottesdienst Tontechniker einkaufen kann. Wenn eine Kirche ausgemessen wurde, kann man das auf dem Mischpult speichern und die Band kann die Information im nächsten Gottesdienst wieder abrufen.

Geht es in der Ausbildung um Texte?

Caspar Beule: Grundsätzlich geht es erst mal um die reine Musik. Wir haben natürlich auch Liturgik als Fach. Dort überlegen wir, wie wir christliche Popularmusik in die katholischen Formate reinbringen können. Daraus ergeben sich spannende Fragen: Welche Inhalte und Möglichkeiten haben wir zur Verfügung? Welche Lieder passen an welcher Stelle? Und natürlich reißen wir auch das Thema Songwriting an. Wir planen für die Zukunft Songwriting-­Wochenenden, an denen verschiedene Leute, z. B. Theologen, zusammenkommen, mit denen wir dann gemeinsam neue Lieder schreiben.

Gibt es für 2026 konkrete Pläne?

Caspar Beule: Wir planen ein Chorprojekt unter dem Titel „Singing Passion“, das darauf abzielt, mit Jugendlichen ein Konzertprogramm auf die Beine zu stellen. In den sechs Wochen der Fastenzeit beschäftigen wir uns inhaltlich mit der Passionsgeschichte und wollen uns mit neuen modernen Liedern auf die Karwoche einstimmen.

Nils Kollmeier: Wir werden hierfür sechs Probentermine ansetzen. Der erste ist an Aschermittwoch. Am Samstag vor Palmsonntag findet in der Gaukirche ein großes Konzert mit Publikum, Band und dem ganzen Chor statt. Die Anmeldungen laufen jetzt. Außerdem ist ein Worship-­Café in Planung.

Caspar Beule: Genau, es gibt aber noch keine Termine. Ich habe in Witten Kirchenmusik popular studiert. Da gibt es die Evangelische Popakademie. Dort finden monatlich Worship-­Cafés statt, bei denen eine Band spielt. Es gibt den ganzen Abend Musik, eine Predigt und Impulse. Die Hütte ist da jedes Mal rappelvoll.

Nils Kollmeier: Wir entwickeln auch Konzepte für elektronische Musik. Ich bin unter anderem als DJ aktiv, deshalb überlegen wir, verschiedene Gottesdienstformate anzubieten, in denen elektronische Musik eingebunden wird, zum Beispiel „Rave-­Gottesdienste“. Das ist natürlich nicht das klassische Format einer Messe, sondern ein ganz neues Konzept, das es in Deutschland noch nicht oft gibt. Dabei können wir auch viel mit Licht in den Kirchen experimentieren und versuchen, alle Sinne anzusprechen.

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