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30.03.2024
Foto / Quelle: Patrick Kleibold

Der Tod ist besiegt, das Leben triumphiert

Ostern im Spiegel der Kunst: Wie wurde und wird die Auferstehung Jesu dargestellt? Ein Gang durch das Diözesanmuseum.

Text: Andreas Wiedenhaus / Fotos: Patrick Kleibold

Eine Christusfigur aus Lindenholz, monochrom gefasst. Christus hat den Blick – die Pupillen der Augen sind farbig – nach oben gerichtet, auch die linke Hand weist gen Himmel. Er steht auf einer Weltkugel, um die sich eine Schlange windet. Sie hat einen Apfel im Maul. Am Körper Christi sind die Spuren von Folter und Kreuzigung noch deutlich zu sehen, die Wundmale, die Wunde durch den Lanzenstich. Die Dornenkrone trägt dieser Christus allerdings nicht mehr, hinter dem Kopf sind kreuzförmige Strahlen angeordnet. Auch dieses Folter- und Mordwerkzeug hat eine Wandlung durchgemacht.

Die Figur aus dem Paderborner Diözesanmuseum zeigt den auferstandenen Christus. Dargestellt ist die zentrale Botschaft des Osterfestes: Der Tod hat seine Macht verloren, der Auferstandene triumphiert. Die Sünde in Form der Schlange ist ebenfalls besiegt. Und nicht nur das: Christus hat durch sein Sterben und seine Auferstehung die Ursünde Adams und Evas gesühnt. Christus ist der Sieger, doch ohne seinen Kreuzestod, diese wohl dunkelste Stunde, hätte es keine Erlösung gegeben.

Elisabeth Maas (l.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Diözesanmuseum.
Foto / Quelle: Patrick Kleibold

Zentrales Glaubensgeheimnis

Geschnitzt wurde die Figur wohl in Süddeutschland, sie entstand in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Künstler stellte das zentrale Glaubensgeheimnis dar, indem er einen Auferstandenen schuf, der bereits auf dem Weg in den Himmel zu sein scheint. Christus blickt in die Höhe, er bewegt sich empor, ist kraftvoll und voller Dynamik.

Der Triumphator, der dem Tod die Macht genommen hat, findet sich in vielen Darstellungen, oft mit einem Mantel bekleidet, einen Kreuzstab – häufig mit einer Siegesfahne versehen – in der Linken, mit der Rechten segnend: der Segen kommt durch den Auferstandenen in die Welt.

Etwas darzustellen, was über die menschliche Vorstellungskraft geht, ist eine Herausforderung für jeden Künstler: Ein Mensch ist von den Toten auferstanden; auch oder vielleicht gerade heute, wo wir meinen, die Geheimnisse des menschlichen Lebens und Sterbens fast vollständig entschlüsselt zu haben.

Entsprechend galt für lange Zeit, dass die Auferstehung Christi nicht dargestellt wird. Der zentrale Moment des Christentums findet über Jahrhunderte keinen Eingang in die Kunst. Wobei man nicht vergessen darf: Auch die vier Evangelien beschreiben den Vorgang nicht. Sie lassen stattdessen Frauen und Männer, denen der auferstandene Christus begegnet ist, das Wunder schildern und so bezeugen. Unmittelbar hat „kein Auge gesehen und kein Ohr gehört“, was geschehen ist. Auch das Aussehen Christi, nachdem er dem Grab entstiegen ist, wird nicht beschrieben.

Entsprechend wäre auch kein Künstler auf die Idee gekommen, den Moment der Auferstehung wiedergeben zu wollen. Auf den frühesten Christusbildern in den Katakomben wird Jesus immer in der Figur des guten Hirten gezeigt. Nachdem sich das Christentum in Rom als Staatsreligion etabliert hatte, fand später auch das Kreuz Einzug in die kirchliche Kunst.

Michael Triegel malt mit altmeisterlicher Perfektion.
Foto / Quelle: Patrick Kleibold

Zeugen werden dargestellt

Die Zeugenschaft ist es, die in den ersten künstlerischen Umsetzungen der Auferstehung ins Bild gerückt wird: die Frauen am leeren Grab, die geblendeten und sich fürchtenden Wächter. Diese indirekte Darstellung wandelt sich erst im Mittelalter, als versucht wird, den eigentlichen Moment, das Unbegreifbare, zu zeigen. Zu finden sind diese ersten unmittelbaren Darstellungen in Buchmalereien der Benediktinerabtei Reichenau. Er wird im offenen Sarg dargestellt, auch die Kreuzfahne wird zum Requisit. Die Bilder werden in der Folgezeit detaillierter, im 12. Jahrhundert entsteigt Christus einem römischen Sarkophag, dessen Grabplatte zur Seite geschoben worden ist.

Der Sonnenaufgang wird im Mittelalter ein verbreitetes und beliebtes Motiv für die Auferstehung. Die Darstellung, die Matthias Grünewald zu Beginn des 16. Jahrhunderts für den Isenheimer Altar schuf, geht sogar noch einen Schritt weiter: Der auferstandene Christus wird zu einer reinen „Lichtgestalt“. Umgeben von einem orangeroten Kreis aus Licht wird der Kopf Christi zur Sonne.

Der vom Boden, von der Erde losgelöste Christus: Umsetzungen, die auch bei Darstellungen der Himmelfahrt 40 Tage nach Ostern immer wieder zu finden sind. So ist es laut Elisabeth Maas, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Paderborner Diözesanmuseum, auch denkbar, dass es sich bei der eingangs beschriebenen Christusfigur aus dem süddeutschen Raum ebenfalls um eine solche Himmelfahrtsdarstellung handelt.

Seit dem Mittelalter ist der Brauch bekannt, am Himmelfahrtstag Christus-­Figuren durch ein Loch in der Kirchendecke nach oben zu ziehen. Aus der Öffnung regneten dann Blüten, Blumen und Heiligenbildchen auf die Gläubigen herab. Während eine andere Darstellung aus dem Museum, die segnende Christusfigur mit Mantel und Kreuzstab, über eine Schraube am Kopf verfügt, an der sie befestigt werden konnte, fehlt dem Lindenholz-­Christus dieses Detail. Er könnte auch als bekrönende Figur auf dem Schalldeckel einer Kanzel gestanden haben. Letztlich ist das für die Form der Darstellung aber auch unerheblich.

Moderne Interpretation

Wie stellen nun aktuelle Künstlerinnen und Künstler den Auferstandenen, das Ostergeschehen, dar? Ein besonderes Beispiel ist Michael Triegel, der von 2020 bis 2022 ein neues Mittelteil für den Marienaltar von Lucas Cranach im Westchor des Naumburger Domes geschaffen hat. Von Ende 2022 bis Mitte 2023 war das Werk im Diözesanmuseum in Paderborn ausgestellt.

Während auf der Vorderseite Maria mit Kind im Mittelpunkt steht, zeigt die Rückseite der Mitteltafel den siegreichen Auferstandenen. Dargestellt wird er inmitten der Architektur des Naumburger Domes, mit der linken Hand hält der nackte, nur mit einem Lendentuch bekleidete Christus die bekannte Kreuzfahne als Siegeszeichen, mit der rechten segnet er. Das Motiv entspricht einer jahrhundertealten Bild-­Sprache. Der Stil des Erfurter Malers wirkt auf den ersten Blick geradezu „altmeisterlich“, an Künstler der Renaissance erinnernd. Vor dem Hintergrund, dass es erst vor wenigen Jahren entstand, wirkt das Bild „aus der Zeit gefallen“. In einem Interview hat Triegel die Idee dahinter einmal so beschrieben: Das Alte sei seiner Meinung nach so weit vergessen, dass es schon wieder die Chance habe, als etwas vollkommen Neues wahrgenommen zu werden.

Eine andere besondere Auferstehungsszene ist übrigens auch im Dom zu sehen, auf dem Grabmal Dietrichs von Fürstenberg am Nordausgang. Dort wird allerdings nicht die Auferstehung Christi, sondern die Auferstehung der Menschen am Jüngsten Tag dargestellt, und das in sehr bildhafter Form, wenn sich das Fleisch wieder an die Skelette Verstorbener fügt.

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