22.11.2019

Das Feuer des Glaubens entdecken

Das Feuer des Glaubens entdecken

Bestwig. Für ein Priestertum aller Christen sprach sich der frühere Jugendpfarrer Monsignore Ullrich Auffenberg beim Forum Weltkirche im Bergkloster Bestwig aus. In der Kirche müssten Ängste vor Neuem überwunden werden. Dabei finde Kirche nicht nur in kirchlichen Räumen statt, sondern überall, wo sich Menschen begegnen. Deshalb könnten Christen vieles bewegen – und auch neue Begeisterung für Kirche entfachen.

Mit dem Thema „Lust auf Kirche? Unter der Asche glüht ein Feuer“ wollte die Missionszentrale der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel einen Kontrapunkt zu den Strukturdebatten und den Diskussionen zum Thema des sexuellen Missbrauchs durch Priester setzen. „Ohne diese Realitäten auszublenden, ­wollen wir bewusst nach ­Spuren und Orten fragen, die vom Feuer lebendigen Glaubens und dem Wirken des Geistes Gottes sprechen“, betonte Missionsprokuratorin Schwester Klara Maria Breuer. Dass das Thema engagierten Christen unter den Nägeln brennt, zeigte der Zuspruch an diesem Abend: Über 100 Besucher füllten den Kapitelsaal.

In seinem Impulsreferat erinnerte Ullrich Auffenberg an das Feuer des Zweiten Vatikanischen Konzils: „Die Nachrichten aus Rom waren für uns damals so spannend wie Fußball.“ Auch der langjährigen Generaloberin der Schwestern der heiligen Ma-ria Magdalena Postel, Schwester Aloisia Höing, ist dieser Aufbruch noch sehr präsent: „Ich bin drei Tage vor der Eröffnung des Konzils in die Gemeinschaft eingetreten. Wir hatten das Gefühl, dass sich nun in der Kirche viel bewegt. In unserer Gemeinschaft haben wir versucht, dieses Feuer zu erhalten.“

In den 1970er-Jahren sei auch in Deutschland über ganz neue Wege der Beteiligung von Laien in der Kirche nachgedacht worden. Bis hin zu einer Öffnung des Priesteramtes. Doch was sei aus all diesen Prozessen geworden? Ullrich Auffenberg verwies auf die 260 000 Kirchenaustritte in Deutschland im Jahr 2018. „Eine Entwicklung, die nicht zu einem ­neuen Aufbruch, sondern eher zur Erstarrung führt“, so der langjährige Jugendpfarrer, späterer Leiter der Familien­bildungsstätte Elkeringhausen und Referent für religiös-­pastorale Bildung beim Diözesan-­Caritasverband Paderborn. Zudem hätten sich die Enthüllungen über den ­sexuellen Missbrauch von Priestern an Kindern „wie Mehltau über die Kirche gelegt“.

Dabei seien diejenigen, die die Kirche verlassen, nicht alle ungläubig, betonte Auffenberg. Immer wieder begegne er Menschen, die ein spirituelles Bedürfnis in sich tragen, ob sie sich als religiös bezeichnen oder nicht. Er nannte das Beispiel einer Frau, die ihr Kind taufen lassen wollte, obwohl sie selbst nicht getauft war: „Während der Schwangerschaft standen ihr Leben und das ihres Kindes in Gefahr. Und als Sie mir sagte ‚Dass wir noch leben, muss daran liegen, dass einer von oben seine Hände im Spiel gehabt hat‘, wusste ich: Sie hat eine spirituelle Erfahrung gemacht.“

Es sei wichtig, diese Bedürfnisse zu erkennen und in dieser Richtung die Türen zum Glauben zu öffnen: „Jeder Mensch spürt eine Sehnsucht danach, das eigene Ich zu übersteigen, also ein größeres Ich zu finden, das das eigene an die Hand nimmt.“ Mit diesem Verständnis geht auch Schwester Mariotte Hillebrand von den Missionsärztlichen Schwestern Tag für Tag im multikulturellen Stadtteil Duisburg-­Marxloh an ihre Arbeit. In der von der Journalistin Claudia Auffenberg moderierten Podiumsrunde erklärte sie: „Für viele ist dieser Stadtteil eine ‚No-go-Area‘. Und genau deshalb hat es mich gereizt, dorthin zu gehen. Denn da müssen wir als Christen sein. Da werden wir gebraucht.“

Frust erlebt Schwester Mariotte dann, wenn sie sieht, dass Kirchenfunktionäre den alten Zeiten hinterher trauern. Ullrich Auffenberg erlebt diese Enttäuschung, wenn Priester über schwindende Gottesdienstbesucher-Zahlen reden: „Ist das ein Argument? Ich sehe darin eher ein unendliches Entweichen.“ Kirche finde überall statt, wo sich Menschen begegnen. Man müsse davon ab, Erfolge an Zahlen zu messen. Stattdessen müsse man Ängste überwinden: „Gott sprach doch schon aus dem brennenden Dornbusch zu Mose: ‚Ich brauche dich. Du musst dein Volk aus dieser Misere herausführen.‘ Da wurde im wahrsten Sinne ein Feuer entfacht.“

Es brauche einen Aufstand des Herzens gegen die Herzlosigkeit. Humanität sei eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Der müsse sich die Kirche stellen.

„Wir müssen immer wieder neu aufbrechen“, mahnt auch Schwester Aloisia. Ihre Gemeinschaft werde durch den internationalen Austausch mit Schwestern aus Bolivien, Brasilien, Mosambik und Rumänien inspiriert: „Wir lernen viel voneinander.“

Bücher von Ullrich Auffenberg, die im Bonifatius-Verlag erschienen sind, finden Sie hier.

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