Wozu sind Sie da, Silvia Koslowski?

Silvia Koslowski betreut als Projektkoordinatorin die „­NachbarBude“ vor der Kirche St. Joseph in der Nordstadt. (Foto: Wolfgang Maas)

Ich bin noch in der DDR geboren worden. Meine Eltern haben ein paar Jahre nach der Wende nach Köln rübergemacht, wie man früher gesagt hat. Ich war fünf Jahre alt und wurde in Köln sozialisiert. In der DDR gab es die Namensweihe, keine Taufe. Man hat da auf den Sozialismus „geschworen“. Meine Eltern haben mich aber nicht im Sinne des Sozialismus erzogen, Kirche war bei uns in der Familie kein großes Thema.

In Köln war ich dann auf einer katholischen Grundschule und bin da zum ersten Mal mit der Kirche in Kontakt gekommen, was ich so nicht kannte. Ich war dann immer mit den Messdienern gut vernetzt.

Bei den katholischen Arbeitgebern – ich habe auch schon in Gelsenkirchen bei einem katholischen Träger gearbeitet – hat mir sehr gut gefallen, dass auch ein Wertesystem hinter der Arbeit steht, die man macht. Dass es aber gerade aufgrund dieser Werte offen ist für alle Menschen und andere Glaubensrichtungen, das ist mir wichtig. Es sind Werte wie etwas mit anderen zu gestalten, dass sich niemand über den anderen Menschen stellt, dass man einander immer respektvoll begegnet, dass man Menschen, die sich gerade nicht selbst helfen können, unterstützt.

Silvia Koslowski: „Bei dem Projekt ‚NachbarBude‘ begegnet man den Menschen auf Augenhöhe“

Was schön hier an dem Projekt „­NachbarBude“ ist, dass man Menschen auf Augenhöhe begegnet. Ich hatte zum Beispiel das Glück, dass meine Eltern wussten, wie wichtig Bildung ist. Aber da ich selbst aus einem Milieu komme, wo Bildung nicht selbstverständlich ist, kenne ich auch andere Milieus und die Berührungspunkte. An der Hochschule mit einem Professor zu reden fällt jemandem aus einem Milieu, das sonst nichts mit Akademikern zu tun hat, schwerer als jemandem, bei dem Professoren ein- und ausgehen oder dessen Eltern selbst Akademiker sind.

Dadurch, dass ich unterschiedliche Schichten kenne, habe ich eine Idee davon, was die Leute am Ende eint und wie man einen Zugang zu ihnen erhält. Für uns hier an der Bude sind alle Menschen gleich. Wir sind alle ­Nachbar­*­innen. Es ist egal, ob jemand, der in der Pflege arbeitet, hier seinen Kaffee trinkt oder ein Akademiker. Wichtig ist, dass sie miteinander ins Gespräch kommen und sich bestenfalls füreinander einsetzen. Ich finde es spannend, dass man die gesellschaftlichen Konstruktionen, von denen manche denken „Das muss so sein und das war schon immer so“, aufbrechen kann. Ich bin kein Fan von „Das war schon immer so“.

Von dieser Liebe und Unterstützung, die ich erhalten habe, möchte ich etwas zurückgeben. Das Wichtigste sind die Menschen. Sie müssen gesehen werden und man muss mit dem Herzen bei der Sache sein, wirkliches Interesse zeigen. Dann erzielt man auch Erfolge.

Zur Person

Silvia Koslowski ist 37 Jahre alt und stammt aus Sachsen-­Anhalt. Sie studierte Medien- und Erziehungswissenschaften in Paderborn und arbeitet heute beim SKM Dortmund. Als Projektkoordinatorin betreut sie die „­NachbarBude“ vor der Kirche St. Joseph in der Nordstadt.

Aufgezeichnet und fotografiert von Wolfgang Maas

Unsere Reihe Menschen im Erzbistum

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der emeritierte Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.

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