pax christi – Die Botschaft vom Frieden bewahren
Während einer ökumenischen Feierstunde zum Abschluss einer Sternwallfahrt der internationalen katholischen Friedensbewegung „pax christi“ werden Pilger am 13. August 1972 in Kilkenny in Irland begrüßt. (Fotos: KNA)
Aussöhnung der einstigen Kriegsgegner nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg – das Anliegen, das vor 75 Jahren zur Gründung der deutschen Sektion von „pax christi“ führte, wirkt in diesen Tagen wie eine ferne Utopie. „pax christi“ sieht sich konfrontiert mit „der ganzen Macht des Bösen“.
Bonn (KNA). „Die Ukraine hat grundsätzlich das Recht zur Selbstverteidigung, auch militärisch.“ Das sagt kein Bundeswehrgeneral oder Militärstratege, sondern der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf. Der Präsident der deutschen Sektion von Pax Christi International räumt ein, mit Blick auf den Ukraine-Krieg realistischer geworden zu sein: „Wir sind heute konfrontiert mit der ganzen Macht des Bösen.“
Dabei hatte sich „pax christi“, die ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche, bei ihrer Gründung vor 75 Jahren vorgenommen, den „Frieden Christi“ zur spirituellen Grundlage ihres Engagements zu machen. Doch mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine steht die Friedensethik auf dem Prüfstand und bekommt neue Brisanz. Denn wie kann man sich für Frieden und Versöhnung einsetzen, wenn der Aggressor daran kein Interesse hat?
Botschaft von Frieden und Versöhnung im Bewusstsein halten
Heute werde die Frage von Waffenlieferungen intensiv diskutiert, da Waffen töteten und man bei deren Anwendung Schuld auf sich lade, erklärte Kohlgraf im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es gelte zugleich, die Botschaft von Frieden und Versöhnung im Bewusstsein zu halten.
Das klingt angesichts von Brutalität, Verwüstungen und physischen wie psychischen Verwundungen im aktuellen Krieg naiv. Doch in einer ähnlichen Situation haben vor über 75 Jahren Menschen genau auf diese Utopie gesetzt und vorgemacht, wie Aussöhnung gelingen kann: Der Zweite Weltkrieg war noch nicht zu Ende, da forderte der französische Geistliche Pierre-Marie Théas im Sommer 1944, noch in Gestapo-Haft, seine Mithäftlinge auf, die Botschaft der Feindesliebe auch auf die Deutschen anzuwenden.
Am 10. März 1945 riefen er und 40 französische Bischöfe mit einem „Gebetskreuzzug“ zur Versöhnung mit Deutschland auf. Allen Beteiligten war nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges klar: Nie wieder darf es so einen Krieg geben. Drei Jahre später, am 3. April 1948, wurde die deutsche Sektion von „pax christi“ gegründet.
5.000 Mitglieder in 100 lokalen Gruppen
In den ersten Jahren ging es zunächst vor allem um Aussöhnung mit den von Hitler-Deutschland überfallenen Ländern. Die deutsche „pax christi“-Sektion gilt als Wegbereiterin der Versöhnung mit dem französischen Nachbarland. Die Aussöhnung mit Polen wurde ebenfalls von ihr initiiert. Eine weitere Frucht der Friedensarbeit war die Gründung des katholischen Hilfswerkes MISEREOR und des Maximilian-Kolbe-Werkes. Auch Friedenserziehung, der Einsatz für Menschenrechte, Abrüstung und Verbot von Atomwaffen stehen auf der Agenda. Heute engagieren sich dafür hierzulande rund 5.000 Mitglieder in 100 lokalen Gruppen.
In Friedenszeiten konnte „pax christi“ seinem Friedensanspruch treu bleiben. Noch 1986 sprach sich die Initiative in der „Feuersteiner Erklärung“ dafür aus, selbst in scheinbar ausweglosen Situationen auf die „Heilkraft der Gewaltlosigkeit“ zu vertrauen.
1995 aber – mit Blick auf die Eskalation im Balkankrieg – distanzierte sich „pax christi“ von seiner früheren Position des absoluten Pazifismus. Das ohnmächtige Schweigen zum Kriegsverlauf habe möglicherweise dazu geführt, „dass wir am Leid der Zivilbevölkerung mitschuldig geworden sind“, hieß es selbstkritisch. Es gebe Situationen, in denen auch der Pazifismus scheitere. Dieser sei kein absolutes starres Prinzip, sondern ein Richtungsimpuls, der in jeder Situation neu nach „lebensdienlichen, Zukunft ermöglichenden Chancen der Gewaltfreiheit“ suchen lasse.
Friedensethische und friedenspraktische Perspektiven
Heute wird „pax christi“ nicht müde, Verhandlungen zu fordern, um das Töten zu beenden. Der Pazifismusgedanke hat für den „pax christi“-Präsidenten weiterhin eine Daseinsberechtigung. Denn man brauche eine Perspektive für die Zukunft, „die mehr ist als Rache und Vergeltung, Bedrohung durch Waffen und Säbelrasseln“. Insofern blieben pazifistische Positionen, „so sehr sie im Moment auch belächelt oder kritisiert werden, für die Gestaltung einer Zukunftsordnung unverzichtbar“.
Diesen Gedanken greift auch der Friedenskongress von „pax christi“ vom 19. bis 21. Mai in Leipzig auf. Die Jubiläumsveranstaltung will vor allem friedensethische und friedenspraktische Perspektiven entwickeln.
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