Krisen meistern – Es ist Zeit zu handeln
Abbildung: Bonifatius GmbH
Was kommt da in naher Zukunft auf uns zu? Krisenszenarien können einen irremachen. Doch „Gott gab uns nicht den Geist der Verzagtheit, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“, schreibt der Apostel Paulus. Wir haben uns im Erzbistum umgehört: Wie können wir Krisen meistern?
Ein Zettel liegt neben dem Herd, auf diesem steht: „Ich habe für dich mitgekocht, Nachtisch steht im Kühlschrank. Du schaffst das, nächste Woche ist es vorbei.“ Diese kleine Geste meiner Mitbewohnerin, gekritzelt auf die Rückseite einer leeren Müslipackung, hat mir geholfen, meine jüngste Krise zu meistern: die letzte Woche vor der Abgabe meiner Bachelorarbeit. Auch wenn das noch so unbedeutend klingt, wir alle erleben früher oder später Krisen, ob es eine Trennung, der Tod eines geliebten Menschen oder eine Absage nach einem Vorstellungsgespräch ist. Krisen meistern – gemeinsam geht’s: Dieses Motto passt zu jeder Krise. Wie wäre die Pandemie ohne Freunde, Telefonate mit der Familie oder vielleicht mit dem Nachbarn, mit dem man während der Ausgangssperre am Gartenzaun quatschte. Es geht nur gemeinsam.
Worauf kommt es jetzt an?
Laut Definition ist eine Krise ein Höhepunkt oder Wendepunkt einer Konfliktentwicklung. Ein Wendepunkt lässt darauf schließen, dass es zu Veränderungen kommt und für eine positive Veränderung, eine Verbesserung, lohnt es sich, nichts unversucht zu lassen. Als Mitglied im Diözesanvorstand des Kolpingwerkes Paderborn ermutigt mich immer wieder, dass viele unterschiedliche Menschen aus allen Generationen diesen Verband lebendig machen. Sie fahren mit Kindern ins Zeltlager, stellen Seniorenabende auf die Beine oder organisieren das Erntedankfest. Dabei geht es immer um Menschen, Entwicklungen und Gemeinschaft. Nicht selten kommt es zu Konfliktsituationen und Krisen. Diese gehören dazu, um die eigene Persönlichkeitsentwicklung meistern zu können. Als Verband sind wir demokratisch und mit Satzung aufgestellt. Das heißt, es gibt Regeln und Grundlagen, in denen sich Erfahrungsräume eröffnen. Doch in unserer Gruppe halten wir zusammen und jeder kann bei uns zu jeder Zeit mitmachen. Diese Offenheit und Verbundenheit stärkt mich und macht für mich im Leben viel aus.
Was können wir tun?
Handeln statt Däumchen drehen. Adolph Kolping sagte: „Es ist keine Zeit zu feiern, zuzuschauen, gewähren zu lassen, bloß zu jammern, zu klagen, sondern es ist Zeit zu handeln, Zeit zu wirken, und zwar für jeden ohne Unterschied, wie es ihm nach Maßgabe seiner Kräfte und Mittel nur möglich ist.“
Diese Haltung ist noch heute aktuell. Es ist nie zu spät anzufangen. Handeln nach den eigenen Schwerpunkten und Talenten ermöglicht ein großes Ganzes. Wir leben eine offene Kommunikationskultur, sodass in Gesprächen und Diskussionen alle Meinungen Platz finden. Dabei entstehen neue Ideen. Manchmal braucht es einen anderen Ansatz, den Einbezug von Expert_innen oder eventuell die nötige Distanz. Dies lässt sich auf das Bewältigen von Krisen übertragen. Im Aushandeln, im Gespräch, mit Abstand und gegebenenfalls im Handeln können Lösungsstrategien entwickelt werden. Außerdem gibt es immer Menschen, die gut für andere da sein können, einige mit Erfahrungen und wieder andere mit dem Willen nicht aufzugeben.
Warum lohnt es sich?
Wir alle kennen sie, die Schlagzeilen nach Katastrophen. Menschlich ist, dass wir an einigen Tagen gut damit umgehen können und in anderen Momenten schlechte Nachrichten nicht gut verkraften. Dann lohnt es sich immer, sich zu hinterfragen. „Was beschäftigt mich daran?“ und „Was brauche ich, damit es mir besser geht?“ Kleinigkeiten im Alltag können schon große Schritte ermöglichen. Zum Beispiel nur noch vormittags zehn Minuten Nachrichten lesen, abends Musik hören, etwas Positives lesen oder mit Menschen in Kontakt sein. Sich jeden Tag fünf Minuten für einen Tagesrückblick oder ein Gebet nehmen und Dankbarkeit für das Gute im Leben aussprechen.
Vielleicht gibt es eine neue, unbeachtete Chance, so wie damals bei der Erfindung des löslichen Bohnenkaffees. 1930 wurde so viel Kaffee geerntet, dass viele Bauern auf ihren Kaffeebohnen sitzen blieben. Der Kaffee wurde verbrannt, um den Weltmarktpreis zu halten. Aus dieser Krise wurde nach einer neuen Möglichkeit gesucht, den Konsum zu steigern und Kaffee haltbar zu machen. Dies gelang einige Jahre später. Der Erfolg besteht bis heute mit inzwischen unzähligen Sorten an löslichem Bohnenkaffee.
Krisen im Leben sind wichtig, um Erfahrungen zu sammeln und Raum für neue Ideen und Innovationen hervorzubringen. Nicht zu vergessen, dennoch Empathie für andere zu zeigen, denn ein Mensch hält nicht alles aus. Im Buch Hiob steht geschrieben, es darf geklagt werden und gesagt werden, es geht mir schlecht, ich finde keinen Ausweg. Der Umgang mit einem leidenden Menschen verlangt Solidarität, nicht Besserwisserei oder eine Rechtfertigung des eigenen Wohlergehens. Das sollten wir uns immer wieder bewusst machen.
Von Annabell Schmidt (26)
Mitglied des Diözesanvorstandes des Kolpingwerkes Paderborn
Weitere Berichte aus dem Erzbistum Paderborn finden Sie in der aktuellen DOM-Ausgabe.