Geburten-­Plus: Plötzlich 700 Geburten mehr im Jahr

Müssen sich auf etwa 700 Geburten mehr im Jahr einrichten: Dr. Josef Düllings (Hauptgeschäftsführer der St.-Vincenz-­Kliniken), Karina Brüggemeier (Hebammensprecherin des St.-Josefs-­Krankenhauses), Prof. Dr. Michael Patrick Lux (Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe), Janina Esau-­Hoomann (Schichtleiterin Kreißsaal St. Louise), Pia Lages (Pflegedienstleiterin). (Foto: St.-Vincenz-Kliniken/Hoppe)

Ende Februar hat das St. Johannisstift Paderborn die geburtshilfliche Abteilung geschlossen. 2021 waren dort noch etwa 700 Kinder zur Welt gekommen. Die St.-Vincenz-­Kliniken bereiten sich auf ein deutliches Geburten-­Plus vor, betonen jedoch: Werdende Eltern könnten darauf zählen, gut versorgt zu werden.

Paderborn/Salzkotten (VK/Dom). Im Kreis Paderborn können Frauen seit dem 1. März in der Klinik St. Louise in Paderborn sowie im Krankenhaus St. Josef in Salzkotten Kinder entbinden. Beide Kliniken gehören zur St.-Vincenz-­Krankenhaus GmbH. Die beiden Geburtshilfen der St.-Vincenz-­Kliniken Salzkotten und Paderborn stocken derzeit Räume und Personal auf, um auf einen weiteren Geburtenanstieg vorbereitet zu sein, heißt es in einer Pressemitteilung der ­St.-Vincenz-­GmbH. Auch im unabhängigen „Geburtshaus Paderborn“ finden Geburten statt.

Entscheidung überraschte auch Fachleute

Die Entscheidung des St. Johannisstiftes, den Betrieb der Geburtshilfe zum 28. Februar einzustellen, fiel erst im Februar und überraschte auch Fachleute. Eine von ihnen ist die erste Kreisvorsitzende Paderborn im Hebammen-­Landesverband NRW, Michaela Bremsteller. 

„Die Politik ist angesichts dieser dramatischen Lage gefordert, auch finanziell, schließlich müssen die St.-Vincenz-­Kliniken etwa 700 Geburten übernehmen“, sagt die Hebammen-­Vertreterin. Sie erinnert die Entscheidungsträger in den Kommunen und im Land daran, dass eine nicht ausreichende wohnortnahe Versorgung in der Wissenschaft als strukturelle Gewalt in der Geburtshilfe beurteilt wird.

„Wir sehen, dass das St. Vincenz alles tut, aber für einen Übergangszeitraum sind die persönlichen und räumlichen Kapazitäten bis an die Grenze ausgereizt“, meint die Kreisvorsitzende der Hebammen. Selbst Kliniken in benachbarten Kreisen würden sich auf einen Zuwachs bei den Geburtenzahlen einstellen müssen. Bremsteller kritisiert den Umgang mit dem Hebammenteam im St. Johannisstift. Die plötzliche Schließung der geburtshilflichen Abteilung habe die Mitarbeiterinnen stark getroffen. 

Flexibilität trotz Geburten-­Plus

Schon im vergangenen September musste die Vincenz-­Geburtshilfe aushelfen, als das St. Johannisstift vorübergehend die Geburtshilfe schloss. „Es ist ein großer Vorteil, dass wir zwei geburtshilfliche Standorte haben“, sagt Michael Patrick Lux, Chef­arzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe. „Wir stimmen uns tagesaktuell ab, wie hoch die Auslastungen in der Klinik St. Louise oder in der St.-Josefs-­Geburtshilfe sind. Das macht uns sehr flexibel, wenn doch mal Engpässe drohen.““

Der Chefarzt betont, dass die vermehrten Geburtenzahlen von den Geburtshilfen der ­St.-Vincenz-­Kliniken in Paderborn und Salzkotten aufgefangen werden könnten. Nur im Ausnahmefall müssten werdende Eltern auf Kliniken in Nachbarkreisen ausweichen. „Ich bin mir sicher, dass es nur sehr wenige Tage geben wird, an denen wir an weiter entfernte Kliniken verweisen müssen“, sagt Lux.

„Zu keiner Zeit Einbußen in der Hebammenversorgung“

Werdenden Müttern empfiehlt das St. Vincenz, sich telefonisch im Kreißsaal anzumelden. „Bei Engpässen schlagen wir den Müttern den Standort vor, der aktuell nicht so stark ausgelastet ist“, sagt Michael Patrick Lux. Er betont, man lasse im Regelfall den werdenden Müttern „natürlich“ die Wahl, in welcher Geburtshilfe sie entbinden wollen.

Räumliche „Reserven“ bietet vor allem das St.-Josefs-­Krankenhaus in Salzkotten. Hier laufen nach Angaben der Vincenz-­Kliniken derzeit die Planungen auf Hochtouren, um die Zahl der Betten für die Wöchnerinnen zu erhöhen und einen zusätzlichen „Reserve-Kreißsaal“ einzurichten.

Im St.-Josefs-­Krankenhaus arbeiten „Beleghebammen“: freiberuflich tätige Hebammen, die selbstständig arbeiten und einen Belegvertrag mit der Klinik abgeschlossen haben. Dieses Beleghebammen-­System garantiere den werdenden Müttern in Salzkotten nach wie vor eine 2:1-­Betreuung unter der Geburt, heißt es in der Pressemitteilung, also eine Hebamme betreut ­maximal gleichzeitig zwei Frauen. 

Wegen Geburten-­Plus: Weiterer Kreißsaal in Planung

In der Paderborner Klinik St. Louise ist ein weiterer Kreißsaal in Planung. Aktuell soll es in St. Louise einen zusätzlichen Zwischendienst für die Hebammen geben, sodass tagsüber eine Hebamme das Team zusätzlich unterstützen kann. In der Paderborner Klinik werden drei weitere Plätze für Herzton- und Wehenschreiber (CTG) in einem „Willkommensbereich“ geschaffen. In diesem Bereich führen die Hebammen Erst­untersuchungen durch und beobachten, wann eine Verlegung in den Kreißsaal erfolgen muss. 

„Wir haben für die Schwangeren eine zusätzliche Sprechstunde für die Anmeldung zur Geburt geschaffen. Hier sind wir nun doppelt besetzt, um noch besser erreichbar zu sein“, sagt Lena Steinbeck, Schichtleiterin des Kreißsaales in St. Louise. 

Man sei auf der Wöchnerinnenstation und in den Kreißsälen gut aufgestellt und könne kurzfristig aufstocken, sagt Christine Schmücker, leitende Oberärztin der Geburtshilfe. Es werde trotz Geburten-­Plus keiner Zeit „Einbußen in der medizinischen und pflegerischen Qualität sowie bei der Hebammenversorgung“ geben, beruhigt die Oberärztin. Das spiegele sich auch in der Gemütsverfassung der Eltern wider: „Wir erleben die Schwangeren derzeit entspannt.“

Weitere Berichte aus dem Erzbistum Paderborn finden Sie in der aktuellen DOM-Ausgabe.

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen