14.06.2022

Alltägliches Brot – Editorial von Claudia Auffenberg

Foto: pixabay

In der kommenden Woche wird es mancherorts richtig katholisch: Mit Fronleichnam steht das katholischste Fest von allen an. Früher, so wusste die Oma zu erzählen, haben die Evangelischen an diesem Tag die Wäsche draußen aufgehängt oder Mist gefahren, was wahrscheinlich Rache dafür war, dass die Katholiken am Karfreitag ganz Ähnliches getan haben.

Im Land der 1000 Brotsorten und Vereine ist Fronleichnam in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bisweilen recht folkloristisch begangen worden. Es ist ja auch ein heiteres Fest mit seinen Fahnen und Trachten und Blumenteppichen, aber bei dem prachtvollen Drumherum kann womöglich leicht verloren gehen, worum es geht. Zumal das, worum es geht, zumindest optisch in der Tat wenig hermacht und von den kostbaren Monstranzen überstrahlt wird. Also, wir halten mal fest: Es geht um Brot, gewiss nicht um irgendein Brot, aber eben doch um Brot. Jesus hat sich beim Abendmahl mit Brot identifiziert und nicht mit anderen Gaben, die vermutlich noch auf dem Tisch gestanden haben. Er will also, um es mal unfromm zu formulieren, Grundnahrungsmittel sein und nicht Sahnehäubchen.

Brot wird häufig weggeworfen

Die Anerkennung des Grundnahrungsmittels Brot hat hierzulande gelitten. Zwar essen die meisten von uns nach wie vor gern und häufig Brot, aber es gehört auch zu den Lebensmitteln, die am meisten weggeworfen werden. Weil zum Beispiel ein Brötchen nach drei Stunden im Laden nicht mehr als frisch gilt. Weil bei den Bäckereifilialen in Supermärkten bis kurz vor Ladenschluss noch die Regale voll sein sollen. Hinzu kommt, dass Getreide, das zum Brotbacken notwendig ist, auch verfeuert oder verfüttert wird. 

„Das ist diabolisch“

Und jetzt wird Getreide zudem noch zur Waffe. Die Ukraine, Kornkammer der halben Welt, kann nicht liefern, weil die Handelswege blockiert sind und weil Hunderttausende Tonnen Weizen verschwunden sind. Vermutlich hat die russische Armee sie gestohlen. Der Tyrann im Kreml treibt Millionen Menschen in eine Hungersnot und die restliche Welt in eine bedrohliche Unruhe. Das ist diabolisch. 

Was tragen wir da durch unsere Straßen? Jesus, ja, aber auch ein Stück Brot. Ob man in Zeiten wie diesen die Eucharistie mal in umgekehrter Richtung oder in beide Richtungen 88denken darf? Nämlich so: Dieses Brot ist Jesus, und dieser Jesus ist Brot. Es bleibt in jedem Fall ein Brot, das die Hoffnung nährt.

Ihre
Claudia Auffenberg

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