Diözesanes Forum 2021 – „Die Volkskirche läuft aus“
Monsignore Dr.Michael Bredeck fotografiert die Rückmeldungen und Anregungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. (Fotos: Patrick Kleibold)
Rund 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Erzbistum Paderborn haben sich an sechs verschiedenen Orten sowie im Internet getroffen, um erneut über die Zukunft der Volkskirche zu beraten. Inhaltliche Grundlage de Diözesanen Forums war das Zielbild 2030+.
Dieses Zielbild ist der Orientierungsrahmen für die Arbeit des Erzbistums, der pastoralen Räume und Gemeinden der nächsten Jahre. Es enthält nach Worten von Erzbischof Hans-Josef Becker nichts Neues, konkretisiere und fokussiere jedoch das Zukunftsbild, das er 2014 inkraft gesetzt hatte. Und tatsächlich stehen darin ziemlich konkrete Dinge, die die Arbeit der Kirche von Paderborn auf allen Ebenen beeinflussen werden. So soll es zukünftig in allen pastoralen Räumen mindestens zwei pastorale Schwerpunkte geben. Von denen soll einer missionarisch und einer diakonisch ausgerichtet sein. Weiterhin sollen in allen Räumen die personellen, finanziellen und räumlichen Ressourcen geprüft und nach den definierten Schwerpunkten eingesetzt und im kirchlichen Handeln verstärkt auf Qualität geachtet werden.
„Die Volkskirche, die uns geprägt hat, läuft aus!“
Wie verbindlich das Zielbild insgesamt ist, darüber herrschte zumindest bei der Veranstaltung in Paderborn eine gewisse Unsicherheit, zumal auch eine Reihe von Pastoralteams, für die man diese Foren gedacht hatte, nicht da waren. In seinem Eingangsstatement hatte der Erzbischof eindringlich betont: „Die Volkskirche, die uns geprägt hat, läuft aus!“ Schon seit Beginn seiner Amtszeit 2003 befasse er sich mit der Frage, wie man in dieser Welt aus dem Evangelium heraus Kirche für die Menschen „und damit zur Ehre Gottes“ sein könne. Jetzt, da seine reguläre Amtszeit nach Lage der Dinge in zwei Jahren ende, wolle er seinem Nachfolger zwar nicht vorgreifen, aber doch die notwendigen Weichen stellen. Denn die Dringlichkeit sei gegeben.
Dr.Michael Bredeck, Leiter der Hauptabteilung Pastorale Dienste, griff das Wort von der auslaufenden Volkskirche auf. Er betonte, es gehe zukünftig nicht darum, ererbte Strukturen zu optimieren, sondern um eine echte Transformation. Es ginge nicht um eine andere Kirche „sondern um eine Kirche, die verschieden ist von der, die wir jetzt kennen“.
Wie soll diese verschiedene Kirche aussehen, was konkret soll vor Ort nun passieren? Mit diesen Fragen befassten sich die anwesenden Pastoralteams in mehreren Kleingruppenrunden. Auf die Abschlussfrage der Moderatorinnen kamen dann in Paderborn überwiegend Antworten wie. „Ehrenamtskonzept entwickeln“, „neue Pfarrgemeinderäte nach den Wahlen über die Veranstaltung und das Zielbild informieren“.
Auch wer den Tag per Livestream im Internet verfolgte, erhielt eine ganze Reihe Einblicke. Live-Schalten aus dem Studio zu den sechs Präsenz-Orten– Herford, Dortmund, Rietberg, Werl, Freudenberg und Paderborn–, digitale Podien, Impulse von Erzbischof Becker, Generalvikar Hardt und Dr.Michael Bredeck. Es gab Informationen zu den sechs Schlüsselthemen, aus denen in den letzten Monaten das Zielbild entwickelt worden ist.
Innerkirchliche Ungleichzeitigkeit
Dass dabei das ein oder andere Theoriegebäude zwar nicht abstürzte, aber zumindest geerdet und deutlich ramponiert wurde, machte deutlich, was eigentlich gemeint ist, wenn innerkirchlich von „Ungleichzeitigkeit“ die Rede ist. Etwa wenn es darum ging, wie groß der Gestaltungswille vor Ort ist. Nutzen wir die Möglichkeiten oder brauchen wir immer noch die entsprechenden Direktiven aus Paderborn?, war eine Frage, die in diesem Zusammenhang mehrfach laut wurde. Eine andere lautete, ob die geforderten und angekündigten Veränderungen wirklich gewollt sind – und zwar von allen Beteiligten.
Dabei wurde ein ordentlicher Schuss Wasser in den Wein gegossen. Etwa wenn Thomas Huneke in Rietberg einen Teilnehmer zitierte, der von einem „Kongress der Ratlosigkeit“ sprach. Oder als Daniela Deittert aus Herford mit Blick auf das ehrenamtliche Engagement Hegermanns Begeisterung etwas dämpfte. Nicht für jeden, der sich einsetzen wolle, sei Kirche ein attraktiver Ort.
Worauf warten wir noch?
Insgesamt waren es ausgesprochen aufschlussreiche– und ernüchternde– Stunden vor dem Bildschirm mit dem Blick auf und hinter die Kulissen. Zurück blieb die Frage, die Michael Bredeck schon gestellt hatte: „Worauf warten wir eigentlich noch?“ In einer Schlussrunde, beschrieb Diakon Thomas Huneke die Situation, die es auszuhalten gelte, so: „Das Alte ist noch da und das Neue noch nicht.“