Bitte mehr als fromme Floskeln – Was macht eine gute Predigt aus

Ein Pfarrer mit roter Clown-­Nase predigt bei einem Karnevalsgottesdienst am 16. Februar 2020 in einer Kirche in Bonn. Neben dem Ambo steht ein Clown. (Foto: Harald Oppitz/KNA)

Über die Predigt lässt sich herrlich streiten: Manchen ist sie zu lang, anderen zu kurz, zu ­theologisch oder zu politisch, zu banal oder zu langweilig. Tatsächlich fehle es vielen Predigten an ­Qualität, sagt der Priester und Professor Wolfgang Beck. Und was sagen Sie? Schreiben Sie uns!

Frankfurt/Erzbistum Paderborn. Gottlob sind die Zeiten wüster Bußpredigten vorbei. Manchmal kann aber auch heute noch eine Predigt zur Pu­blikumsbeschimpfung verkommen. Bei einer Sonntagsmesse auf dem Land erklärte kürzlich etwa ein Geistlicher seiner Gemeinde, wir in Deutschland würden die jungen Menschen um Gott betrügen, weil wir uns nicht genügend darum kümmern, dass sie vom Glauben erfahren und zum Gottesdienst gehen. Vor dem Prediger saßen vor allem ältere Menschen, die vermutlich alles versucht haben, ihre Kinder und Enkel an den Glauben heranzuführen. Sie hätten Ermutigung und Entlastung, aber nicht Beschimpfung gebraucht. Solche Predigten sind vertane Chancen.

Die katholische Liturgie ist stark reglementiert, viele Texte vorgegeben. „Die Predigt ist der Ort, an dem man kreativer sein kann“, sagt Wolfgang Beck, Priester und Theologieprofessor an der Hochschule St. Georgen in Frankfurt. Doch viele Predigten seien belanglos und erwartbar. Anders als in der evangelischen Kirche, die manchmal an einer Überbetonung der Predigt leidet, gebe es in der katholischen Kirche oft kein gewachsenes Verständnis für die Qualität der Predigt.

Fromme Floskeln reichen nicht mehr

Viele Gläubige nehmen das heute nicht mehr hin. Eine schlechte Predigt ist für sie wie ein lauwarmes Essen im Restaurant. Sie fragen sich: Warum soll ich wiederkommen, wenn ich kaum neue Impulse, also wenig geistliche Nahrung für die Woche bekomme? Fromme Floskeln reichen den meisten Menschen nicht mehr. Zu Recht. „Es schwindet die Toleranz, sich schlechte Dinge anzuhören“, sagt Beck. „Dabei haben viele Menschen großes Interesse an gutem gesprochenen Wort.“ Für einen Poetry-­Slam, also Wettbewerbe, bei denen selbst verfasste Gedichte vorgetragen werden, zahlen Menschen sogar Eintritt.

Ein Problem: Es gibt einen Unterschied zwischen gesprochenem und geschriebenem Wort. Manche Prediger hängen starr an ihrem geschriebenen Text, haben ihn wohl noch nicht einmal sich selbst vorgetragen. Ansprechender sind meist frei vorgetragene Predigten.

Doch eine solche Predigt kostet Zeit. Um die richtigen Worte zu finden, vielleicht mit jemandem über das Thema zu sprechen und schließlich den Vortrag einzuüben. Das schafft man nicht, wenn man für die Predigtvorbereitung die 30-­minütige Beichtzeit vor der Messe nutzt, weil da meist ohnehin niemand kommt.

Um die Qualität von Predigten zu steigern, seien Fortbildungen und Feedback nötig, sagt Beck. Er empfiehlt mehr Kreativität. So könnten nicht nur die Sonntagslesungen ein Thema der Predigt sein, auch die Psalmen, die in der Messe gesungen oder gebetet werden. Oder zur Abwechslung eine Bildbetrachtung. Oder ein Gespräch, eine Art Interview im Rahmen der Predigt. Hauptsache, die Gläubigen nehmen einen Gedanken mit, den sie so schnell nicht vergessen.

Ulrich Waschki

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