Agnes Wuckelt über die bevorstehende Synodalversammlung
Teilnehmer bei der dritten Synodalversammlung am 4. Februar 2022 in Frankfurt.
Die vierte Synodalversammlung des Synodalen Weges findet vom 8. bis 10. September in Frankfurt statt. Sie wird mit Spannung erwartet, da nach intensiver Arbeit in den Synodalforen einige Texte in zweiter Lesung vorliegen. Die Synodalen bereiten sich derzeit darauf vor, so auch Agnes Wuckelt.
Ja, es gibt ihn noch, den Synodalen Weg! Das war die Antwort auf die Frage meiner Mail-Bekannten aus Guatemala, ob ihn etwa Kräfte im Vatikan, „who do not always act in good faith and seem to have misrepresented to the public what is happening in Germany“, beendet hätten. Als sie davon gelesen habe, sei sie „very anxious“ gewesen, aber nun – nach meinem Bericht – „very relieved!“ Der Austausch mit der Juristin Mari Scoffield, die hoch interessiert den Synodalen Weg in Deutschland verfolgt, ist eine Quelle meiner Motivation, mich weiterhin zu engagieren. Dazu gehört auch das Wissen, dass viele Frauen weltweit ähnliche Erfahrungen machen und sich eine geschlechtergerechte Kirche wünschen.
Fühlte mich verraten und verkauft
Dieser Austausch per Mail hat die Bedeutung der jüngsten Erklärung aus Rom relativiert. Zwar war da erst ein Entsetzen: Ich arbeitete gerade an einem Text des Forums „Dienste und Ämter von Frauen in der Kirche“ und fühlte mich „verraten und verkauft“. Doch dann: Die genaue Analyse bringt einen Papiertiger zutage; schon Gesagtes und bereits Widerlegtes wird wiederholt, das Geforderte ist bereits in der Satzung des Synodalen Weges festgeschrieben und vereinbart. Also: weitermachen und die vierte Synodalversammlung vom 8. bis 10. September mit vorbereiten.
In mein Gepäck für Frankfurt kommen spannendere Texte mit viel Diskussionsstoff. Texte, die schon einmal von den Mitgliedern der Versammlung mehrheitlich verabschiedet, mit Änderungsanträgen versehen, zur Überarbeitung gegeben wurden und nun in die zweite Lesung gehen. Das bedeutet viel Arbeit, aber es ist auch ein positiv forderndes Unterfangen, sich mit unterschiedlichen Erwartungen und Vorstellungen, Sicht- und Sprechweisen auseinanderzusetzen und einen Text so zu gestalten, dass er mehrheitsfähig wird – ohne zu große Zugeständnisse oder Kompromisse.
Es ist fünf vor zwölf!
Zuoberst im Koffer liegen zwei Grundtexte (Texte mit grundlegenden Aussagen zum jeweiligen Thema), die mir persönlich sehr wichtig sind: der des Forums „Dienste und Ämter von Frauen in der Kirche“, in dem die Frage nach Geschlechtergerechtigkeit in unserer Kirche den roten Faden darstellt, und der des Forums „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“, der Orientierungspunkte für eine Weiterentwicklung der kirchlichen Sexuallehre bietet. Der erste ist mir wichtig, weil es hier um die offiziell vom Zweiten Vatikanum geforderte und immer noch nicht eingelöste Gleichstellung der Geschlechter in unserer Kirche geht – und auf die zunehmend mehr Frauen das Warten aufgegeben haben. Es ist fünf vor zwölf!
Der zweite ist mir auch aus Frauen-Sicht wichtig. Gerade Frauen haben unter der kirchenamtlichen Sexuallehre gelitten; hier ist vieles aufzuarbeiten. Und: „#OutInChurch“ ließ es offenkundig werden: Menschen, die sich aufgrund ihrer sexuellen Identität nicht in der binären Geschlechterordnung wiederfinden, dürfen weder ausgegrenzt noch diffamiert werden. Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, für die ich in der Synodalversammlung mitarbeite, befasst sich seit Jahrzehnten mit allen drei Problemfeldern und hat sowohl Erfahrungen als auch Positionen in die Diskussion einzubringen.
Keine einfachen Themen bei der bevorstehenden Synodalversammlung
Es sind keine einfachen Themen, die auf der Tagesordnung der Synodalversammlung stehen. Mein Koffer ist mit vielen Argumenten und Diskussionsbeiträgen bestückt, die ich mit Gleichgesinnten in die Versammlung einbringen möchte. Ich bin mir bewusst, dass es Gegenargumente geben wird: Etwa den Verweis auf „Ordinatio sacerdotalis“ von Johannes Paul II., nach dem die Kirche nicht die Vollmacht habe, Frauen den Zugang zum Priesteramt zu öffnen und nur ein männlicher Mensch in der Lage sei, Christus zu repräsentieren. Oder der Verweis auf die von Anbeginn der Schöpfung bis in alle Ewigkeit bestehende Geschlechterordnung von Mann und Frau. Oder der Verweis auf den „Genius der Frau“, der einen eigenen Raum für Frauen in der Kirche brauche.
Es wird zu kontroversen Diskussionen kommen. Aber ich bin zuversichtlich, dass der Synodale Weg, den wir derzeit exemplarisch gehen („prüft alles, das Gute behaltet“), ein offenes Zeitfenster für kirchengeschichtlich bedeutsame Veränderungen ist. Durch das auch die Geistkraft Gottes wirken wird.
Die Autorin
Agnes Wuckelt studierte Religionspädagogik und Diplom-Theologie in München und Bamberg und promovierte an der Universität Bamberg. Sie hat als Religionslehrerin gearbeitet, wurde Seminarrektorin und Schulrätin im Kirchendienst. Von 1986 bis 2015 war sie Professorin für Religionspädagogik an der Katholischen Hochschule in Paderborn. Im September wurde Wuckelt zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) gewählt.