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11.06.2025
Christen in Homs bei einer Prozession (Archivbild).
Foto / Quelle: Kirche in Not

Angst in Syrien

Erzbischof besorgt über Erstarken islamistischer Milizen.

München / Homs

Ein halbes Jahr nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien zeigt sich der syrisch-katholische Erzbischof von Homs, Jacques Mourad, besorgt über den zunehmenden Einfluss islamistischer Milizen im Land. „Die neue Regierung hat viele versöhnliche Gesten gegenüber den Christen und anderen religiösen Minderheiten gemacht. Aber die Präsenz islamistischer Milizen auf den Straßen ist für viele Menschen beunruhigend“, erklärte Mourad bei einer Online-Pressekonferenz des weltweiten päpstlichen Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN).

Auch die sunnitische Mehrheit der syrischen Bevölkerung sehe die Entwicklung mit Skepsis: „Es gibt ein gesellschaftliches Unbehagen. Die Menschen sind niemals zuvor mit einer so rigiden Form des Islam konfrontiert worden.“ Syrien sei in seiner Geschichte immer ein Ort der religiösen Vielfalt gewesen, betonte der Erzbischof, der sich seit langem für den christlich-muslimischen Dialog einsetzt. Viele Syrer seien mit der neuen Regierung zufrieden, dennoch herrsche Angst: „Für die Islamisten gilt: Wenn ein Sunnit nicht auf ihrer Linie ist, wird er als Gotteslästerer betrachtet, und auf Blasphemie steht der Tod.“

Erzbischof Jacques Mourad.
Foto / Quelle: Kirche in Not

Trotz der angespannten Lage könne aktuell nicht von einer Christenverfolgung in Syrien gesprochen werden, machte Mourad deutlich. Gottesdienste oder Prozessionen könnten ungehindert stattfinden. Dennoch gebe es regional sehr unterschiedliche Regelungen und niemand wolle das Missfallen der neuen Verantwortlichen erregen. Das wirke sich auch auf die kirchliche Arbeit aus, machte Mourad an einem Beispiel deutlich: „Wir veranstalten im Sommer normalerweise Ferienlager an der syrischen Küste, Mädchen und Jungen gemeinsam. Dieses Jahr verzichten wir darauf, weil wir Angst vor der Reaktion der neuen Behörden in diesen Regionen haben.“

Angesichts der unischeren Lage halte die Abwanderung der Christen weiterhin an, stellte Mourad fest. Seien früher vor allem Männer geflüchtet, um dem Militärdienst der Assad-Diktatur zu entgehen, seien es jetzt vor allem junge Familien: „Sie wollen ihre Kinder nicht in einem Land aufwachsen lassen, in dem Islamisten die Straße kontrollieren.“

Teilnehmer eines kirchlichen Jugendlagers im vergangenen Sommer. Mancherorts stehen die beliebten Freizeiten in diesem Jahr wegen der Sicherheitslage auf der Kippe.
Foto / Quelle: Kirche in Not

Einen wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung erhofft sich Mourad durch die Entscheidung der USA und der EU, ihre Sanktionen gegen Syrien weitgehend aufzuheben. Es sei noch zu früh, um Veränderungen festzustellen: „Aber ich bin überzeugt, dass mit einer besseren wirtschaftlichen Perspektive auch der Hunger nach Gewalt und Rache abnimmt und so allen eine bessere Zukunft eröffnet“, erklärte der Erzbischof. Die Kirche im Land leiste dazu ihren Anteil, indem sie den Bau von Wohnungen, Krankenhäusern und Schulen vorantreibe – unterstützt von Hilfswerken wie „Kirche in Not“.

Zur Person

Jacques Mourad ist seit 2023 syrisch-katholischer Erzbischof von Homs. Der Ordensmann hatte bis zur Zerstörung durch die Truppen des Islamischen Staates im Jahr 2015 das Kloster Mar Elian in al-Qaryatain im Südwesten von Syrien geleitet, das als Wallfahrts- und Begegnungsstätte für Christen und Muslime bekannt war. 2015 war er vom IS entführt und mehrere Monate gefangen gehalten worden.

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