„Maria Königin des Friedens“ – Eine Kraftstation des Lebens

In Oberrödinghausen thront die Kirche „Maria Königin des Friedens“. (Fotos: Patrick Kleibold)

In Oberrödinghausen, hoch über der Hönnetalstraße von Menden nach Balve, thront die Kirche „Maria Königin des Friedens“. Als Ort des Gebets und Gedenkens erinnert sie an die Verbrechen der Nazidiktatur in der Region.

Wie ein geöffnetes Herz liegt die Kirche im Scheitel eines stumpfen Winkels, der von zwei Berg­rücken gebildet wird, sodass diese wie Arme den Ort Oberrödinghausen umschließen. Als Gegenpol zum gegenüberliegenden Kalkwerk kommt der Kirche mit Blick auf die Siedlungsgeschichte des Ortes in Menden eine besondere Bedeutung zu. Geplant wurde die Kirche bereits vor dem Zweiten Weltkrieg von Kirchenbaumeister Rudolf Schwarz, einem der bedeutendsten Architekten des Wiederaufbaus in Deutschland, der unter anderem am Wiederaufbau der Frankfurter Paulskirche und der Festhalle Gürzenich in der Kölner Altstadt mitwirkte. Geprägt von den Schrecken des Ersten Weltkrieges wollte er in diesem Frühwerk seine Idealvorstellung einer Kirche verwirklichen, die eine Kraftstation des Lebens sein sollte.

Der Baubeginn war für 1938 geplant. Es war jedoch schwierig, während der Nazizeit einen Bauunternehmer für einen Kirchneubau zu finden. Einzig der Bauunternehmer Franz Hellmann war bereit, den Bau anzugehen. Nachdem im Jahr 1939 die Fundamente gelegt worden waren, zog er die Bauarbeiter vom Kirchplatz wieder ab unter dem Vorwand, die Siedlungsbauten in Lendringsen fertigstellen zu müssen. So blieb die Kirche mit ihren Fundamenten liegen, bis schließlich der ganze Bau eingestellt wurde.

„Maria Königin des Friedens“ wurde bereits im August 1948 eingeweiht

Während des Krieges wurde der Bauplatz durch die Nationalsozialisten zweckentfremdet und auf dem Fundament wurden Baracken für deportierte Zwangsarbeiter errichtet, die nur einige Hundert Meter entfernt unter dem Projektnamen „Schwalbe 1“ eine der größten Stollenanlagen im Sauerland anlegen sollten. Ziel der Nazis war es, die Sicherung der kriegsrelevanten Mineralölindustrie vor der totalen Zerstörung durch alliierte Luftangriffe zu sichern. Ein Großteil der Zwangsarbeiter überlebte die Strapazen nicht.

Nach der bedingungslosen Kapitulation des Hitlerregimes konnte im August 1945 mit der Fortsetzung des Kirchenbaus begonnen werden. Durch die Aufstellung der Baracken und das Lagerleben der Zwangsarbeiter war das ausgeschachtete Fundament gänzlich verschüttet. Darum galt es zuallererst, die Grundmauern freizulegen. Anschließend ging es an das Aufrichten des Mauerwerkes, wofür Bruchsteine aus einem nahegelegenen Steinbruch verwendet wurden. Bereits im August 1948 konnte die Kirche eingeweiht werden. Sie galt als eine der modernsten Kirchen Deutschlands und wurde unter den Schutz der Friedenskönigin gestellt. Für Oberrödinghausen ist die Kirche seitdem von großer Bedeutung, da sie nicht nur auf die gegenüberliegende Werkssiedlung wirkt, sondern das gesamte Tal beherrscht.

"Maria Königin des Friedens"

Info

Nach mehrfachen Renovierungen und Umgestaltungen, die den Charakter der Kirche „Maria Königin des Friedens“ überdeckten, wurde sie 2001 in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Die Zahl der Gemeindemitglieder ist rückläufig, aber die Kirche ist weiterhin ein beliebter Ort für Gottesdienste, Trauungen und Konzerte.

Text und Bilder: Patrick Kleibold

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