23.11.2022

Ad-limina-­Besuch – Sorge und Erleichterung

Treffen der deutschen Bischöfe mit den Leitern der vatikanischen Dikasterien am 18. November während ihres Ad-limina-Besuches im Vatikan. (Foto: KNA)

Sechs Tage lang haben die deutschen Bischöfe in Rom verschiedene Vatikanbehörden und den Papst besucht. Nach dem aufregenden Ad-limina-­Besuch fragen sich alle Beteiligten, wie es nun weitergeht. „Rote Linien“ wurden gezogen, doch die Konsequenzen einer möglichen Überschreitung blieben unklar.

Vatikanstadt (KNA). Eine Woche lang haben die deutschen Bischöfe beim Ad-limina-­Besuch ihren hochrangigen Gesprächspartnern im Vatikan klarmachen können, wie sie die Lage der Kirche in Deutschland sehen. Und sie konnten erläutern, welche Reformen der Syno­dale Weg für notwendig hält, um die Kirchenkrise zu überwinden. Zu den Höhepunkten einer spannungsreichen Woche zählten die Gespräche in der Glaubensbehörde, in der Behörde für die Bischöfe, in der Ökumene-­Behörde und im Sekretariat der Weltsynode – und am Ende eine Debatte mit den wichtigsten Kurienkardinälen.

Auch das Gespräch mit Papst Franziskus wurde von Teilnehmern zunächst als Sternstunde beschrieben. Die Stimmung in der mehr als 60-­köpfigen Reisegruppe war danach auf einem Höhepunkt. Erst später stellte sich heraus, dass es gleichzeitig eine verpasste Gelegenheit war. Denn die Bischöfe streiften in dieser Begegnung nur ganz kurz den Synodalen Weg – weil sie glaubten, sie würden am Tag danach Gelegenheit haben, in Anwesenheit des Papstes ausführlich darüber zu sprechen.

Ad-limina-­Besuch: Einmalige Chance verpasst

Doch dann erschien Franziskus entgegen allen Ankündigungen nicht zur großen Debatte im Hörsaal der Augustiner-­Hochschule. Das hatte eine gute und eine schlechte Seite. Die gute umschrieb der Bischofskonferenz-­Vorsitzende Georg Bätzing mit den Worten, der Papst sei „ein schlauer Jesuit“ und habe die brüderliche Diskussion zwischen den Kurienkardinälen und den Deutschen nicht beeinflussen wollen.

Und tatsächlich verlief die Kontroverse freimütiger und auch emotionaler, als dies vermutlich in Anwesenheit des Papstes der Fall gewesen wäre. Die Schattenseite. Papst Franziskus verpasste eine einmalige Chance, sich aus erster Hand ein Bild davon zu machen, welche Ideen die Mehrheit der deutschen Bischöfe vorträgt und wie es klingt, wenn diese Ideen auf die „Roten Linien“ der römischen Kurie treffen. Wohl auch aus diesem Grund sprach der Osnabrücker Bischof Franz-­Josef Bode beim Abschlussgottesdienst des Besuches in der Lateranbasilika abweichend vom Predigtmanuskript von „Enttäuschungen und Ermutigungen“, die man erlebt habe. Ähnlich ambivalent äußerte sich Bätzing in seiner Abschlusspressekonferenz, als er meinte, er fahre „mit Sorge und mit Erleichterung“ nach Hause.

Vergleichbare Befindlichkeitsäußerungen gab es von vatikanischer Seite zunächst nicht. Doch es ließ aufhorchen, dass sich der Papst und die Spitzen der Kurienbehörden gleich am Montag nach der Abreise der Deutschen zu einer großen Beratungsrunde trafen – ebenso wie die 27 deutschen Diözesanbischöfe, die in Würzburg zum „Ständigen Rat“ zusammenkamen.

Die konservative Minderheit konnte bei der Versammlung in Würzburg mit frischem Rückenwind aus Rom auftreten. Denn mehrere Male war in Rom klar gesagt worden, dass die Bedenken, die Bischöfe wie Rudolf Voderholzer (Regensburg) oder Stefan Oster (Passau) zu vielen Reformvorschlägen des Syno­dalen Weges geäußert haben, von den wichtigsten Kurienkardinälen geteilt werden.

„Rote Linien“ wurden benannt

Die Strategen auf beiden Seiten können nun in Ruhe analysieren, wie es weitergehen kann, um die Entwicklung entscheidend zu beeinflussen. Die deutschen Bischöfe haben (in ihrer Mehrheit) die Ideen des Syno­dalen Weges hinreichend klar vorgetragen. Am Druck, der beim „ungeduldigen Gottesvolk“ in Deutschland herrscht, haben sie keinen Zweifel gelassen. Ebenso klar und deutlich waren die Ansagen der wichtigsten Kurienkardinäle, also Luis Ladaria und Marc ­Ouellet. Sie haben gesagt, was aus Sicht der römischen Zentrale unverhandelbar ist, und verlangt, dass diese Positionen in den Syno­dalen Weg eingebracht werden müssen. Die deutschen Bischöfe haben dies zugesagt. Damit haben sie verhindert, dass ein von ­Ouellet vorgeschlagenes Moratorium – also eine längere Unterbrechung des Syno­dalen Weges – weiter diskutiert wurde. Da­rüber, wie die vatikanischen Bedenken konkret in den Syno­dalen Weg eingespeist werden sollen, wurden keine Vereinbarungen getroffen.

Auch an einem weiteren Punkt kamen verbindliche Vereinbarungen nicht zustande – „zum Glück“, wie Bätzing später anmerkte. Aus der konservativen Minderheit der deutschen Bischöfe kam die Bitte, Rom möge die Schaffung eines „Syno­dalen Rates“ in Deutschland mit einer klaren Anweisung verhindern. In diesem Rat sollen laut Beschluss des Syno­dalen Wegws künftig Bischöfe und Laien gemeinsam über Zukunftsfragen entscheiden. Dazu gab es, wie in anderen Punkten, zwar eine deutliche Ablehnung auf der römischen Seite, aber kein ­kirchenrechtlich verbindliches Veto. Dieser Punkt zeigt exem­plarisch eine Eigenart der römischen Kurie im Franziskus-­Pontifikat. Sie benennt zwar „Rote Linien“. Doch sie verzichtet darauf, zu ­sagen, was geschieht, wenn ­diese ­Linien überschritten werden.

Weitere Informationen zum Ad-limina-­Besuch finden Sie in der aktuellen DOM-Ausgabe!

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