08.09.2022

Kraft und Trost – Editorial zum Synodalen Weg

Teilnehmer bei der dritten Synodalversammlung am 4. Februar 2022 in Frankfurt. (Foto: KNA)

An diesem Wochenende wird es spannend auf dem Synodalen Weg. Zur Abstimmung stehen Papiere, die nun wirklich fundamentale Änderungen in dieser Kirche einfordern. Die Satzung des Syno­dalen Weges sieht ein doppeltes Quorum vor: Damit ein Text beschlossen ist, müssen zwei Drittel aller Mitglieder und zwei Drittel aller Bischöfe zustimmen. Und das ist nun die offene Frage: Gibt es diese Mehrheit der Bischöfe? Einige von ihnen haben sich in den vergangenen Tagen deutlich positioniert, von anderen weiß man nicht, wie sie in der Sache denken – auch, weil sie sich in den Diskussionen während und außerhalb der Versammlungen kaum beteiligt haben. Das ist insofern interessant, als dass es ja die Bischöfe waren, die den Synodalen Weg überhaupt ersonnen haben.

Es war damals gewiss ein Wagnis, das sie allerdings auch nicht aus Lust und Dollerei eingegangen sind. Das darf man nicht vergessen. Auf die Frage, ob nun der große Knall bevorstehe, sagte der Münsteraner Bischof Felix Genn in einem Interview mit den Münsteraner Kollegen. „Der sexuelle Missbrauch war und ist der Knall.“ Ganz genau, möchte man den anderen Bischöfen zurufen: Vergesst das nicht!

„Kaputt geht nicht immer nur das, was eh schon marode war.“

Dennoch scheint manche der Mut verlassen zu haben, vielleicht, weil ihnen klar geworden ist, auf was sie sich da eingelassen haben. Reformprozesse sind nur begrenzt steuerbar und – das muss man sagen – richten durchaus Schaden an. Und kaputt geht nicht immer nur das, was eh schon marode war. Auch wenn der Vergleich womöglich auf mehreren Ebenen hinkt: Michail Gorbatschow hat persönlich einen hohen Preis dafür bezahlt, dass er seiner Bevölkerung und im Grunde der halben Welt die Freiheit geschenkt hat. Während sich hierzulande anlässlich seines Todes viele vor ihm verneigen, machen ihn in seiner Heimat viele für ihren eigenen Niedergang verantwortlich. Zwar gehörte Gorbatschow nicht mehr zu denen, die das Ende der ­UdSSR beschlossen haben, dennoch kann man rückwirkend die Linie zu ihm ziehen. Er hat die Entwicklung in Gang gebracht, die dazu führte, dass am 25. Dezember 1991 die sowjetische Flagge vom Kreml eingeholt wurde.

Prozesse großer Komplexität geraten sehr schnell außer Kontrolle, weil viele Beteiligte mit eigenen Interessen und eigenen Sichtweisen am Werke sind und im Laufe der Zeit dazukommen. Es braucht schon viel, sehr viel guten Willen auf allen Seiten, damit der Laden nicht auseinanderfliegt. Veränderungsbereitschaft – man könnte auch einfacher sagen: Leben – ist ja gewissermaßen das Ressort des Heiligen Geistes. In allen Gotteslobliedern, mit denen man sich an ihn wenden kann, geht es um Kraft und um Trost. Auf dem Syno­dalen Weg wird wohl beides nötig sein. Denn Stehenbleiben ist keine Option, jetzt heißt es: mutig weitergehen!

Ihre
Claudia Auffenberg

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