Wozu sind Sie da, Herr Kempkens?

Holger Kempkens

Aufgezeichnet und fotografiert von Patrick Kleibold

Wozu sind Sie da, Herr Kempkens?

Das Diözesanmuseum hat unter meinem geschätzten Vorgänger Christoph Stiegemann eine große Strahlkraft entwickelt. Als sein Nachfolger ist es meine Aufgabe, den Staffelstab zu übernehmen und das Haus in eine hoffentlich weiterhin rosige Zukunft zu führen. Das bringt zwei Aufgabenbereiche mit sich: Zum einen bin ich intern verantwortlich für die Leitung des Museumsteams und die Betreuung der Sammlungsbestände, die seit über 150 Jahren zusammengeführt wurden. Zum anderen bin ich für die Außendarstellung des Museums zuständig: Mit anspruchsvollen Ausstellungen und Sonderaktionen sowie durch eine reichhaltige Museumspädagogik möchten wir als Museum hineinwirken in die Stadtgesellschaft, in das Erzbistum – und auch darüber hinaus wahrgenommen werden. 

Mit dem Diözesanmuseum auch kirchenferne Schichten erreichen

Ganz entscheidend dabei ist unser Bildungsauftrag: Als ein Haus der Kultur haben wir den Auftrag, zu sammeln, zu bewahren, zu präsentieren – aber eben auch zu vermitteln. Wir verfolgen keinen Selbstzweck, sondern die interessierte Öffentlichkeit soll von unserer Arbeit profitieren können. Es ist ein Wunsch der Bistumsleitung, dass wir durch anspruchsvolle, wissenschaftlich fundierte Ausstellungen, durchaus auch kirchenferne Schichten erreichen, um zu zeigen, dass die Kirche bzw. das Erzbistum ein wichtiger Kultur- und Bildungsträger ist. Gerade in Zeiten, in denen die Kirchen in starke Kritik geraten sind, möchten wir ein Gegengewicht setzen. Trotz aller Krisen dürfen wir nicht vergessen, dass die Kirche wichtige Aufgaben im Bereich Kultur, Bildung und Soziales erfüllt. Daher sehen wir uns als einen Leuchtturm, der in diese Gesellschaft hineinleuchten kann. 

Wir müssen heute mehr erklären

Aber es ist auch so, dass in den letzten zwei Jahren durch die Pandemie den Museen, Theatern und Konzerthäusern das Publikum weggebrochen ist. Und nun ist es unsere Aufgabe, diese Menschen wieder an kulturelle Angebote heranzuführen. Für uns als kirchliches Museum ist das eine besondere Herausforderung, weshalb wir ständig an unserer eigenen Positionsbestimmung arbeiten. Wir möchten unser Museum attraktiv halten – und das in einer Gesellschaft, die immer säkularer wird. Noch vor 30 Jahren brauchten wir weniger zu erklären, jeder wusste zum Beispiel, was eine Monstranz ist. Heute können wir nicht mehr ganz so viel voraussetzen. Das heißt, wir müssen die materiellen Zeugnisse des Glaubens nicht nur hüten und bewahren, sondern auch erläutern. Dabei geht es nicht um Missionierung, sondern um das Verständlichmachen. 

Informieren ohne Reizüberflutung

Aufgrund des medialen Wandels bewegen wir uns in einem Spagat: Beim Einsatz neuer medialer Formen wie Audioguide oder App zur Erläuterung müssen wir darauf achten, dass dadurch keine Reizüberflutungen entstehen. Als kirchliche Museen wollen wir einen Gegenpol bilden, ein Ort der Entschleunigung sein, wo sich die Menschen in einer meditativen Ruhe mit Kunstwerken auseinandersetzen können. Mein Ziel ist es, das Museum für die Zukunft fit zu machen, sodass es eine kleine Oase für viele Menschen wird. Und mein größter Wunsch ist, dass unsere Besucherinnen und Besucher das Museum verlassen und sagen: „Wow, das war spannend! Schön, dass wir dort waren und so viel Interessantes erfahren haben!“

Zur Person

Holger Kempkens M.A. (51) aus Köln ist seit Oktober 2020 Museumsdirektor des Erzbischöflichen Diözesanmuseums in Paderborn. Er ist zudem Leiter des Teams Kunst im Erzbistum und Domkustos. Zuvor war er Leiter des Diözesanmuseums Bamberg und hatte dort auch einen Lehrauftrag an der Otto-Friedrich-­Universität.

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