15.01.2021

Mein Vater war Priester- wie das ist

Joep Kreukels und Tochter Katja

Paderborn. Den Titel dieses Buches muss man schon genau lesen, denn in Zeiten wie diesen ist man rasch auf der falschen Fährte. „Mein Vater war Priester“ heißt es, nicht: „Mein Vater ist Priester“. Kein Skandalbuch also über verborgene Priesterkinder, dennoch gerade jetzt ein erhellendes Buch. Denn es führt in eine Zeit, die noch gar nicht so lange zurückliegt, eine Zeit, als die katholische Welt noch heil schien und Männer einer vermeintlichen Berufung folgten, die eher von außen als von innen kam. Einer von ihnen ist Joep Kreukels. 

Berufung eher von außen als von innen

Katjas Überraschung war groß, als ihr Vater ihr erzählte, er sei einmal Priester gewesen. 18 Jahre hatte er gebraucht, um diese Wahrheit gegenüber seiner Tochter auszusprechen. Denn als Joep Kreukels das Priesteramt niederlegte, muss das ein Kraftakt für ihn gewesen sein. Manchmal ist es eben nicht leicht, sich der Wahrheit zu stellen. Aber auf Dauer ein falsches Leben zu führen, kostet gewiss mehr Kraft.  

Schon Joeps Vater fühlte sich zum Priesteramt berufen und hatte sich auf diesen Weg begeben. Doch ein Sturz mit schwerwiegenden Folgen machte die Sache unmöglich, ein Sturz, der womöglich auch Sohn Joep ins Unglück riss, obwohl dieser noch gar nicht geboren war. Die Welt, in der Joep – 1938 geboren – aufwächst, ist heil und katholisch. Hier drinnen weiß man, was zu tun ist, hier fühlt sich das Leben richtig an. 

Sein Vater setzt alles daran, dass der Sohn den Traum lebt, der für ihn gescheitert ist. Mit 12 kommt Joep in das Internat der Montfortaner, einem katholischen Missionsorden; der Zug Richtung Priesteramt ist auf der Schiene und fährt. Als die Weihe näherrückt, ahnt Joep schon, dass das Leben, in dem er einst aufgewachsen ist, anders ist als das da draußen. Es ist die Zeit des Konzils, die katholische Welt des kleinen Joep geht spürbar dem Ende entgegen. 

Das Amt lockt

Er ahnt das, aber das Amt lockt eben: das hohe Ansehen der Priester, der Stolz der Eltern, das wirft man nicht wegen ein paar Zweifeln weg. Fahnenflucht – so wäre es für ihn – kommt nicht infrage. Joep Kreukels wird am 27. März 1965 geweiht. Er erfährt Huldigungen und Zuneigung. Auf einmal ist er wer – aber der, der er sein will? Die Zweifel wachsen. Joep wird in ein Montfortanerkloster nach Island versetzt, die Patres dort sind zerstritten in Konzilsgegner und Konzilsbefürworter. Niemand kümmert sich, Joep findet keinen Gesprächspartner. Er wechselt nach Bonn, zum ersten Mal kommt er in die Nähe einer Frau, die allerdings vergeben ist. Hinzu kommt: Das Konzil hat die Rolle der Priester verändert, an der Kleidung wird es sichtbar: Rollkragen statt  Kollar. 

Priesterrolle ändert sich

Beraten statt bevormunden, ist die neue Anforderung. Joep gerät zunehmend in die Krise, wie übrigens viele  seiner Mitbrüder. 1969 verlässt er das Amt, er ist in jenem Jahr  einer von 244 Priestern in den  Niederlanden. 1972 lernt er seine Frau kennen, Katjas Mutter. 

Das Buch erzählt eindrucksvoll am Beispiel einer Familie, welche Erschütterungen das Zweite Vatikanische Konzil für bestimmte katholische Milieus brachte und die womöglich bis heute wirken. Man könnte es auch so sagen: Das Buch erzählt die Geschichte einer Emanzipation am Beispiel eines Mannes, der irrtümlich Priester wurde.

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