Wozu sind Sie da, Herr Fortmann?

Jürgen Fortmann in der Backstube.

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage stellte der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker dem Zukunftsbild voran, auf dessen Basis das Erzbistum entwickelt wird. Wozu bist du da? Diese Frage kann sich auch jeder Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist eine biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten.
Wir fragen nach, heute bei Jürgen Fortmann.

„Ich backe Brot!“ Drei einfache Worte, die beschreiben, was ich tue. Ein kurzer Satz, der wohl bei den meisten eine ganze Kette von Assoziationen auslöst. Das „täglich Brot“ steht stellvertretend für alle Lebensmittel, die der Mensch braucht. Ein Wort mit so vielen Bedeutungen und es bezeichnet ein faszinierendes Nahrungsmittel.

Das stelle ich immer wieder aufs Neue fest. Die Ofentür öffnet sich und man ist auch nach vielen Berufsjahren noch gespannt, wenn man die frischen Brote herauszieht: Es duftet und schon der Anblick macht Appetit. Nach dem Abkühlen nimmt man die Laibe gern in die Hand. Das Knistern, wenn man auf die Kruste drückt, klingt fast wie Musik!

In Deutschland haben wir eine lange Brot- und Backkultur. Es heißt ja immer, bei uns gäbe es weltweit die meisten Brotsorten. Ich entwickele selbst gern neue Rezepte und probiere sie aus. Und wenn wir unterwegs sind, bin ich immer neugierig, was in anderen Regionen und Ländern so gebacken wird. Doch auch die raffiniertesten Variationen gehen auf drei einfache Zutaten zurück: Mehl, Wasser und Salz. Ein Sauerteig daraus ergibt ein Brot, das gerade wegen seiner Einfachheit wunderbar schmeckt! 

Nach der Schule ein Handwerk zu lernen stand für mich fest. Mit Holz und Metall hatte ich es nicht so, aber backen konnte ich gut. Zuerst habe ich eine Konditor-Lehre gemacht, anschließend die Bäcker-Ausbildung und dann die Meister-Prüfung abgelegt. Heute leite ich eine Bäckerei, die neben Brot und Brötchen noch viele weitere Produkte herstellt.

Wir sind ein Bio-Betrieb und gehören zu einem sozialen Dienstleistungsunternehmen, das Menschen mit und ohne Behinderung beschäftigt. Beides hat viel mit Wertschätzung und Verantwortung zu tun– für die Frauen und Männer, die hier arbeiten, und für die Zutaten, die wir verwenden. Das Miteinander läuft nicht immer reibungslos, aber in welchem Betrieb ist das schon so? Dafür lernt man hier, sich auch über kleine Erfolge zu freuen. 

„Probieren Sie mal!“ Wir sind viel auf Messen vertreten, wo wir unsere Erzeugnisse vorstellen, und es ist immer wieder schön zu sehen, was dieser Satz auslöst: Man kommt ins Gespräch, man fachsimpelt und natürlich freut man sich auch über Lob. Gerade wenn man die Rezepte selbst entwickelt hat. Ein Rezept für Schwarz-Weiß-Gebäck geht sogar noch auf meine Mutter zurück. 

Dass heute wieder so viel selbst gebacken wird, finde ich klasse, auch wenn dieser Trend das Bäcker-Handwerk vielleicht den ein oder anderen Kunden kostet. Überhaupt ist es gut, dass die Zeit, in der Brot und Backwaren in erster Linie billig zu sein hatten, vorbei zu sein scheint. Trotzdem landen aber immer noch zu viele Lebensmittel im Müll!

Und wenn mal etwas beim Backen nicht so hinhaut, wie man sich das vorgestellt hat, dann sollte man daran denken, dass da vielleicht noch etwas im Spiel ist, was über die Lebensmittel-Chemie hinausgeht. Und das genau ist das Faszinierende!

Aufgezeichnet und fotografiert
von Andreas Wiedenhaus

 

Zur Person

Jürgen Fortmann ist 51 Jahre alt und lebt in Rheda-Wiedenbrück. Seit 2001 leitet er die Bäckerei am Kiebitzhof, die zur Wertkreis Gütersloh gGmbH gehört. Jürgen Fortmann ist verheiratet und hat drei Kinder.

Jürgen Fortmann

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