Wo geht es lang?

Gedanken zu Eph 2,13-18

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Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Foto: steko7 / photocase
veröffentlicht am 18.07.2018
Lesezeit: ungefähr 3 Minuten

Im Hören auf Jesus gemeinsam nach der Wahrheit suchen, das ist der richtige Weg.

von Liudger Gottschlich

Kaum einer kennt heute noch den großen Konflikt, auf den sich der Epheserbrief bezieht. Er beschwört die Einheit der Kirche, die schon am Ende der apostolischen Zeit sehr brüchig war. Juden- und Heidenchristen stritten erbittert da­rum, welches der richtige, von Jesus gewollte Weg sei.

Zur Erinnerung: Alle Juden, die sich taufen ließen, beachteten auch weiterhin alle Vorschriften und 613 Gebote des Judentums in großer Strenge, da Jesus sich nie vom jüdischen Gesetz losgesagt hatte. Auf die Streitfrage hin, ob auch jene, die aus dem Heidentum kamen, nach der Taufe das ganze Gesetz zu erfüllen hätten, hatte das Apostelkonzil entschieden: Nein, da Gottes Geist offensichtlich auch ohne Gebotserfüllung auf sie herabkam. Lediglich Unzucht, Götzenopferfleisch und Blut mussten sie meiden. So hätte denn Frieden sein können zwischen diesen beiden so unterschiedlichen Gruppen innerhalb der einen Kirche. ­Hätte …

Wenn denn die Judenchristen nicht weiterhin herablassend auf die Geschwister aus dem Heidentum geschaut hätten. Sie hielten sich für die wahren Christen, da sie große „Eiferer“ für das Gesetz blieben (Apg 21,20 ff.) oder sogar mit Jesus blutsverwandt waren. Heidenchristen galten ihnen als zweitklassig. So lebten sie auch nach dem Ausschluss aus dem Judentum in Nazaret und Kafarnaum in großer Harmonie mit den jüdischen Nachbarn, weil sie sich so radikal an das Gesetz hielten. In Jesu Heimatstadt ging das sogar so weit, dass Heidenchristen der Zugang bis ins 5. Jahrhundert verwehrt blieb. Die „wahren Christen“ wollten unter sich sein. Gegen dieses Gift wendet sich der Brief und erinnert nachdrücklich daran, dass Jesus die Wand der Feindschaft in seinem Tod niedergerissen und das Gesetz mit seinen Forderungen aufgehoben habe. In beiden Gruppen lebe der Geist Gottes gleicherweise. Deshalb sollten sie Frieden halten. Genützt hat es nicht. Am Ende schlossen sich die Judenchristen sogar einem jüdischen Aufstand gegen den verhassten heidenchristlichen Kaiser an – und wurden dabei völlig vernichtet.

Nicht wenig von diesem Konflikt scheint momentan in der Kirche wieder aufzulodern. Da gibt es die eine Gruppe, die ständig auf die buchstabengetreue Erfüllung der kirchlichen Gesetze beharrt, ungerührt davon, was das für das Schicksal einzelner bedeutet. Gleichzeitig macht sie allen den Vorwurf des unchristlich leichtfertigen Handelns, die sich um die Betroffenen sorgen. Diesen Vorwurf richten sie sogar gegen den Papst. Auf der anderen Seite gibt es durchaus die Tendenz, sich völlig von Geboten zu lösen und alles nach eigenem Gutdünken zu entscheiden. Oder alle, die sich an „das Gesetz“ halten, als unmenschliche, engstirnige Trottel zu verun­glimpfen. Dabei spricht man sich munter gegenseitig Wahrheit und Christsein ab. Wie damals. Beiden Seiten sollte die zweite Lesung in den Ohren klingeln!

Das heutige Evangelium weist den richtigen Weg. Nicht Gesetz oder eigene Meinung geben die Richtung vor, sondern allein Christus, der Lehrer. Es gibt nur diesen einen Hirten für die Kirche und alle sind Teil der einen Herde. Auf seine Stimme haben alle zu hören, wenn die Kirche authentisch sein will. Nur ihm und seinem Wort hat die Herde zu folgen (s. Joh 10,3 f.). Sein Wort ist bis heute lebendig und wirksam; kein toter Buchstabe (Hebr 4,12). Nicht die eine oder andere Seite hat die Wahrheit; Jesus selbst mit seinem lebendigen Wort ist auch heute der Weg und die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6). Genau daran erinnert uns Papst Franziskus immer neu.

Zum Autor: Liudger Gottschlich ist ­Pastor im PV Pastoraler Raum Dortmund-­Mitte.

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