20.05.2016

Ein Gott, der in Beziehung lebt

Foto: Herr Specht / photocase

Der Glaube an den drei-einen Gott wird in unserer Liebe zu ihm und zueinander sichtbar.

von Sr. M. Carola Thomann

Das Dreifaltigkeits-Fest, das im tiefsten ein Beziehungs-Fest ist, richtet noch einmal unseren Blick auf die großen Geheimnisse unseres Glaubens, an die wir uns in der liturgischen Feier des Herrenjahres erinnern. Im Glaubensbekenntnis bezeugen wir unseren Glauben an den einen Gott, bestätigen aber gleichzeitig, dass wir an die drei göttlichen Personen glauben. Die Pädagogik Gottes führt die Menschen in der Geschichte nach und nach hin zum Glauben an diesen dreifaltigen Gott, der einerseits der Eine, aber gleichzeitig Kommunion, Gemeinschaft, Liebe ist. Jesus hatte Nikodemus zu nächtlicher Stunde erklärt, dass Gott, von dieser Liebe gedrängt, seinen Sohn hingab, um die Welt zu retten (Joh 3,16). Gott wollte den Menschen in diese Liebe hineinholen; mit anderen Worten, den Menschen zu seiner eigenen Wahrheit führen und ihn hineinnehmen in die wahre und liebende Beziehung zu Gott.

Das Evangelium des Dreifaltigkeits-Festes versetzt uns zurück in den Abendmahlssaal, wo Jesus von seinem Abschied und gleichzeitig von einer neuen Präsenz spricht: „Wenn jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit einführen.“ In welche Wahrheit? Hat er sich nicht selbst als die „Wahrheit“ bezeichnet? (Joh 14,6). Ja, aber er weiß, dass die Jünger – und wir mit ihnen – diese Wahrheit nur bis zu einem bestimmten Grade im Glauben aufnehmen und verstehen können. So spricht Jesus vom Geist der Wahrheit, der uns immer tiefer in diese Wahrheit einführen wird; also in eine dynamische Wahrheit, die ein Weg des allmählichen Verstehens ist und gleichzeitig ein Weg der Liebe ohne Ende.

Der Geist wird sagen, was er hört; er wird verkünden, was kommt. Das bedeutet gewiss nicht, dass uns der Geist die Zukunft voraussagt. Das würde unseren menschlichen Ängsten nicht dienlich sein. Der Geist der Wahrheit wird uns vielmehr helfen, das Geheimnis des Gottessohnes in unserer aktuellen Geschichte zu verstehen; nämlich die Worte und Taten Jesu nicht als etwas Vergangenes zu betrachten, sondern sie in konkreten Lebenssituationen zu aktualisieren; das heißt, IHN präsent zu machen.

Der Geist schenkt uns DAS, was GOTTES ist, nämlich, „alles, was der Vater hat, ist mein, er nimmt von dem, was mein ist und wird es euch verkünden“. Diese Gabe will angenommen werden. Das ruft das Wort aus dem Johannesprolog in Erinnerung: „Allen, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“ (Joh 1,12).

Hier sei auch an Abraham und Sara erinnert, die lange mit einer großen Verheißung lebten und gleichzeitig aus ihrer Unfruchtbarkeit keinen Ausweg wussten. Nachdem Abraham den Gast – in drei Personen – bei der Eiche von Mamre aufgenommen hatte, geschah etwas Unglaubliches, nämlich die Voraussage, dass Sara nach einem Jahr einen Sohn haben würde. Dort, wo Gott sich zum Gast macht, holt er den Menschen aus seiner Verschlossenheit heraus und zieht ihn an sich; in eine Liebesbeziehung hinein, die eine verwandelnde Kraft hat. So wurde durch die Begegnung mit der Liebe dieses Gastes die bis dahin erfahrene eigene Unfruchtbarkeit in Vitalität einer Generation verwandelt, die kein Ende hat (Gen 18,1-15).

So will der Geist auch uns helfen, die bedingungslose Liebe des dreifaltigen Gottes anzunehmen. „Welch einen Geschmack nimmt doch das Leben an,“ sagte Papst Franziskus kürzlich, „wenn man sich von der Liebe Gottes überfluten lässt!“ Und diese Liebe drängt dazu, die Entwicklung der Geschichte voranzubringen und an einer neuen Welt mitzubauen.

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