Zur Anbetung in den „Drive-in“
Pater Hans-Georg Radina vor den Fenstern, die jederzeit die Anbetung ermöglichen. Foto: Körtling
Lippstadt. Eigentlich ist die Kirche Jahr für Jahr bemüht, die Menschen in der Fastenzeit auf das Thema Verzicht aufmerksam zu machen. Das wurde in diesem Jahr durch das Coronavirus erledigt. Der Verzicht auf große, gemeinsame Runden, gegenseitige Besuche und auch auf die Feiern des Glaubens treffen viele Menschen äußerst hart. Dem stellt sich der Pastorale Raum Lippstadt engagiert und mit kreativen Ansätzen entgegen.
von Peter Körtling
Die wohl ungewöhnlichste Art, den Glauben derzeit zu erleben, bietet sich am Vinzenzkolleg, Oststraße21: Die Vinzentiner wollen jedem nicht nur das persönliche Gebet, sondern auch die direkte Anbetung eröffnen. Deshalb wird das Allerheiligste und ein Passionskreuz in zwei benachbarten Fenstern im Erdgeschoss des Jugendstil-Gebäudes täglich von 8.00 bis 19.30 Uhr öffentlich gemacht. Ein kleiner Stand mit Gebetszetteln, Medaillen, Osterkerzen, Palmzweigen und einer Box für Gebetsanliegen, die gegenüber in den Briefkasten des Vinzenzkollegs eingeworfen werden können, rundet das Angebot ab.
Klappstühle und Lourdes-Grotte
Einige Klappstühle laden zum Verweilen ein, aber die Nutzung sei durchaus unterschiedlich, wie Pater Hans-Georg Radina erklärt: „Durch den gepflasterten Rundweg um unser Haus ist es besonders vorsichtigen Mitmenschen möglich, im gemessenen Tempo einmal rund herum zu fahren“, sagt der Pater und ergänzt, mit einem verschmitzten Lächeln, es handele sich wohl um den ersten „Anbetungs-Drive-in“ überhaupt.
Viele Gläubige entzündeten auch an der Lourdes-Grotte im Garten eine Kerze und wenn jemand nicht auf das persönliche Wort verzichten könne, so gäbe es– im gemessenen Abstand– in einem großen Kellerraum und auf der Terrasse, von 15.00 bis 18.00 Uhr, die Gelegenheit zu Gespräch und Beichte.
Kreativ gegen die Krise
Insgesamt habe sich der Pastorale Raum Lippstadt den Auswirkungen der Corona-Krise in vielfältiger, kreativer Weise gestellt: Die Kirchen, in denen ja keine öffentlichen Gottesdienste stattfinden dürfen, werden in ansprechender Art gestaltet. Geweihte Palmzweige liegen zur Mitnahme aus, Kerzen sind entzündet und die Bibel liegt aufgeschlagen da.
Auf Wunsch werden geweihte Palmzweige kontaktlos nach Hause gebracht und auch die Krankenkommunion und -salbung wird ermöglicht. Den Kita- und Kommunionkindern wurden Boxen übergeben, die helfen, zu Hause das christliche Wissen mit Freude zu vertiefen. „Da sind Bastelanleitungen, Texte und vieles mehr enthalten“, sagt Pater Radina.
Der 14-tägige Pfarrbrief wurde zu einem wöchentlichen Gruß aus der Gemeinde umfunktioniert und gerade für die Karwoche und Ostertage sind viele Anregungen zum persönlichen Gestalten in der Kirche enthalten. Lied- sowie Gebet-Vorschläge und Verweise auf Gottesdienstübertragungen und Anregungen zu Hausgottesdiensten sind abgedruckt. „Wir selbst wollten keinen Livestream anbieten, da wir uns schnell einig waren, dass andere eher über das technische Know-how verfügen“, sagt Pater Radina.
Auch für ihn als Priester sei diese Krise schmerzlich: „Ich hätte drei Erstkommuniongottesdienste gehabt und auch in den Beichtgesprächen kommen ebenso subtile wie konkrete Ängste und Sorgen zutage“, sagt Pater Radina. Die Beerdigungen im erzwungenermaßen kleinen Kreis seien oft schmerzhaft, auch wenn er drei Menschen an der Hand habe, die zumindest für eine entsprechende musikalische Begleitung sorgten.
Doch letztendlich stelle sich die Frage, wie die Gemeinschaft der Gläubigen aus der Krise hervorgehe. „Endfremden sich die Leute oder entdecken wir und Kirchenferne die Sinnsuche ganz neu“, sagt der Pater. Er wolle alles tun, um den Glauben weiter hochzuhalten und zu entwickeln. Die bisherigen Rückmeldungen seien durchweg positiv gewesen.
Info
Wer sich einen weiteren Überblick zu den Glaubensangeboten in Lippstadt verschaffen will, kann unter Telefon 02941/3399 im Pfarrbüro Lippstadt Mitte/Nord nachfragen oder unter katholisch-in-lippstadt.de nachsehen.