31.07.2020

Und wo ist der Mandelduft?

Normalerweise herrscht zur Liborivesper dichtes Gedränge im Dom, aber was ist in diesem Jahr schon normal? Foto: Mazhiqi

In den vergangenen Jahren hatte Erzbischof Hans-Josef Becker in seiner Begrüßung einen kleinen Witz etabliert, der fast schon Teil der Liturgie geworden ist. In diesem Jahr konnte er darauf verzichten. „Heute muss ich nicht sagen, ,Nehmen Sie Platz, wenn es Ihnen möglich ist‘, heute finden Sie alle Platz“, sagte er zu Beginn der Pontivikalvesper, um dann viel im Konjunktiv weiterzusprechen. Er erinnerte an die Gäste aus der Weltkirche, die er jetzt eigentlich begrüßt hätte, wenn sie denn da wären. „Es ist ein ganz anderes Libori-Fest, als wir und die Generationen vor uns es gewohnt sind.“ Die vergangenen fünf Monate hätten gezeigt, wie sehr die Menschheit gefährdet sei. „Wir stehen an einer Schwelle, wo unser Steigerungswahn, des immer höher, immer tiefer, immer mehr, immer weiter und immer schneller eine Schallgrenze erreicht hat.“ Gegen diesen „Unendlichkeitswahn“ stehe das Leitwort des Libori-Festes „Et in terra pax“, die Verheißung Gottes und zugleich die Bitte an ihn.

Nach der Begrüßung des Erzbischofs kommt das, was für viele der Höhepunkt dieser Vesper ist: die Erhebung der Reliquien. Die Schreinträger holen den goldenen Schrein aus der Krypta, tragen ihn in einer Prozession durch den Mittelgang des Domes, dann vorbei am Altar in den Hochchor und stellen ihn dort auf dem Libori-Festaltar ab.

Normalerweise ist dies ein eindrucksvolles Schauspiel. Unter normalen Umständen, will heißen: Im Menschengedränge sieht man nur das, was über die Köpfe hinausragt: das Kreuz, das vorangetragen wird, die Spitzen der erzbischöflichen Mitra und natürlich den Schrein. Dieses Mal sieht man alles gut. Doch wenn man die Augen zumacht, dann klingt es fast wie ein normales Libori, auch beim Dompropst kommt nun doch so etwas wie Festfreude auf: Die Orgel braust, macht eine Vollbremsung, dann der Tusch. Dreimal.

Der Schrein steht, doch der Applaus fehlt

Dass es in diesem Jahr nur 12 statt 40 Bläser sind, fällt überraschenderweise kaum auf. Das hatte man sich „armseliger“ vorgestellt. Immerhin. Aber dann fehlt doch etwas. Wenn der Schrein steht, brandet eigentlich Applaus auf und alle sind erst einmal ergriffen. Dazu lässt die Orgel dieses Mal keinen Raum. Und normalerweise ist das der Moment, in dem viele hinten den Dom verlassen.

Aber die, die jetzt gehen würden, sind in diesem Jahr gar nicht erst drin. Was nun beginnt, ist durchaus etwas für Fortgeschrittene: die lateinische Vesper. Man kann die Psalmen mitsingen, wenn man kann, aber in diesem Jahr geht es nicht.

Den Gemeindepart übernimmt eine Schola, die natürlich wunderschön singt. „Das reine Hören der Psalmen hatte fast etwas Meditatives“, beschreibt es Dompropst Göbel. So ist es. Die Musik trägt einen, sie trägt einen auch ein bisschen weg, muss man zugeben: Was hat sich seit der Zeit, in der Liborius Bischof von LeMans war, im 4. Jahrhundert, alles ereignet, welche Stürme sind seither über Land und Kirche hinweggezogen? Und auch dieses Jahr der Pandemie wird in die Geschichte eingehen.

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