23.11.2020

Mahlgemeinschaften

Schon bei der Brotvermehrung gibt Jesus in den Versionen von Markus und Lukas eine Art Logistiktipp. Foto: hudsoncrafted/ Pixabay

„Was hilft es, dass wir alle Morgen beseufzen unser Ungemach? Wir machen unser Kreuz und Leid nur größer durch die Traurigkeit“ heißt es in der 2. Strophe des Liedes „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Und in der Tat, das allmorgendliche, bange Starren auf die neuesten Infektions- und Inzidenzzahlen dient nicht gerade dem Seelenheil. Herrjemine, gibt es denn in dieser Situation nichts Gutes, irgendeine Entwicklung, die gar nicht so schlecht ist? Hier mal drei Vorschläge: 

Erstens: Unter den Masken kann man recht unbefangen auch in der Öffentlichkeit Selbstgespräche führen, was ja durchaus eine anregende Form des Nachdenkens ist. Allerdings sollte man sich das rechtzeitig wieder abgewöhnen …

Zweitens: Kein Studiopublikum bei Lanz, Anne Will etc. Das hat doch in der Vergangenheit eher genervt, wenn das Publikum zwischendurch applaudiert hat, womöglich angeheizt durch einen Vorklatscher hinter der Kamera. Jetzt aber gibt es konzentrierte Gespräche, denen man vom Sofa gut zuhören kann. 

Drittens: Sakramentenspendungen im kleinen Kreis. Taufen, Erstkommunionfeiern und Firmungen wurden coronabedingt erst verschoben und nun in kleinen Gruppen nachgeholt. Das führte zwar dazu, dass mancherorts nicht alle Angehörigen teilnehmen konnten, aber man hört auch, dass es für alle Beteiligten doch ganz schön ist. Die Feiern sind persönlicher. Sagen übrigens auch Priester. 

Nun soll dies kein Plädoyer für die kleine Herde sein im Sinne von: „Es könnte alles so schön sein, wenn nur die vielen (lauen) Gläubigen nicht wären.“ Und Beerdigungen im kleinen Kreis sind nichts Erstrebenswertes. Aber es könnte doch eine Lehre sein, dass wir in der Kirche wegkommen von diesen  Strukturreformdiskussions orgien – um einmal dieses schöne Merkelsche Wortungetüm auszuleihen – und lieber dafür sorgen, dass das Gemeindeleben, oder sagen wir: die Sache mit Gott ein Beziehungsgeschehen ist. Dass wir uns in den pastoralen Räumen, die mutmaßlich ja noch größer werden, als sie jetzt schon sind, nicht aus den Augen verlieren, sondern darin kleine überschaubare Einheiten installieren oder initiieren. Überschaubarkeit statt Zentralismus sozusagen. 

Nun ist diese Idee nicht so wahnsinnig innovativ: Schon bei der Brotvermehrung gibt Jesus in den Versionen von Markus und Lukas eine Art Logistiktipp: Die anwesenden 5 000 sollen sich in kleine Gruppen aufteilen, in Mahlgemeinschaften, heißt es bei Markus, nämlich zu je 50 bis 100. Das wäre in Corona- Zeiten noch zu viel, aber auf die Zahl kommt es ja nicht an, sondern auf die Idee: Mahlgemeinschaften. Niemand wird übersehen, niemand geht leer aus. 

Und, oh Wunder, das Wenige reicht – sogar für viele mehr! 

Ihre Claudia Auffenberg

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