19.06.2019

Christus bekennen – mit dem Leben!

Wer sich Christus anvertraut, wird gerettet. Um Vertrauen auf den Gott Jesu geht es beim 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der zurzeit in Dortmund stattfindet. Foto: Schütze/EKT

Wer sich zu Christus bekennt, taucht durch die Taufe ein in seine Lebenswirklichkeit.

von Wolfgang Thönissen

Mit dem Evangelisten Lukas stehen wir am Ende einer langen Erzählung. Jesus zieht mit einer großen Schar von Anhängern umher. Er verkündet das Evangelium vom kommenden Reich, er heilt Kranke und treibt Dämonen aus. Aus seinen Anhängern wählt er die Zwölf aus und sendet sie mit dem Auftrag hinaus, das Reich Gottes zu verkünden. Ein einfacher Weg wird das nicht für sie werden, prophezeit er ihnen.

Wer tut so etwas? Viele Menschen beginnen zu fragen: Ist einer der alten Propheten oder gar Johannes auferstanden, ist etwa Elija erschienen? Die Zwölf kehren zu Jesus zurück und berichten ihm, was sie gehört haben. Viele Leute hatten sich ihnen angeschlossen. Als es Abend wurde, befahl er den Zwölf, die Leute zu speisen. Die Speisung der Fünftausend ließ die Frage noch einmal schärfer hervortreten: Wer ist der, der diesen Menschen zu essen gibt? Die ihn begleiteten, verstanden sofort, was geschehen war. Sie erinnerten sich daran, was ihnen aus dem Volk Israel erzählt worden war: Auch der Prophet Elischa speiste eine große Zahl von Menschen (2 Kön 4,42–44). Jesus steht in der Tradition seines Volkes. Er verkündet Gott. Das wissen sie nun. Aber wer ist er wirklich? Jesus nimmt die Seinen beiseite und stellt ihnen die Frage: Für wen halten mich die Leute? Für Petrus ist klar: für den Messias Gottes.

Die Antwort, die Jesus gibt und die uns der Evangelist Lukas überliefert, überrascht. Jesus sagt nicht, ich bin der Prophet oder der Messias Gottes. Sondern er sagt: Ich bin der Menschensohn. Diese Antwort ist wirklich neu für die Menschen: Wer ist der Menschensohn? Es bedeutet schlicht und einfach: der Mensch. Zugleich weist er auf sein Martyrium hin: Der Menschensohn, dieser Mensch, wird getötet werden und am dritten Tage auferstehen. Hier tritt der Karfreitag in den Blick und mit ihm das Leiden und Sterben des Menschensohnes.

Lukas verknüpft diese Aussage über den Menschensohn mit zwei Sinnsprüchen: Wer dem Menschensohn in sein Schicksal hinein folgen will, der nehme sein Kreuz auf sich und verleugne sich selbst. Die Antwort, die Jesus in der Schilderung des Lukas gibt, ist nicht irgendeine objektive Aussage darüber, wer Jesus ist. Ich bin der und der. Es ist eine Ansage: Nachfolge heißt hier Selbstverleugnung. Wer sich zum Menschensohn, zu Christus bekennt, wer an Christus glaubt, ist selbst vom Leiden und Tod betroffen. Das Bekenntnis zu Christus ist mit der eigenen Person auf das Innigste verknüpft. Glauben ist keine objektive Erkenntnis über den Menschensohn, sondern eine persönliche Antwort jedes Einzelnen. Mit meinem Leben stehe ich dafür ein, ich bin bereit dafür.

Dann folgt der zweite Spruch: Wenn ich mich selbst retten will, verliere ich mein Leben. Was für eine seltsame Aussage, die jeder Erfahrung widerspricht. Soll ich nicht alles daran setzen, so viel wie möglich aus meinem Leben herauszuholen, um es zu retten: nach Gewinn, Gesundheit, Macht, Erfolg und Anerkennung streben? Jesus konfrontiert uns jedoch mit einer neuen Qualität des Lebens: Ich kann mich gar nicht selber retten. Erst wenn ich mich Christus bedingungslos anvertraue, wenn ich ihm nachfolge, wenn ich mein Kreuz auf mich nehme, werde ich gerettet. Aber Vorsicht: Es heißt nicht, dass ich Verfolgung und Tod suchen soll, um gerettet zu werden. Der Tod ist nicht das Mittel, das ich einsetze, und wenn es der eigene ist, um gerettet zu werden. Nur wer um „meinetwillen“ sein Leben verliert, wird gerettet werden. Nur wer sich Christus ganz und gar anvertraut, der wird gerettet. Rettung kommt allein von Gott, sie ist letztlich Geschenk, Gnade, Barmherzigkeit. Wenn ich mich an Christus „verliere“, werde ich gerettet, gewinne ich das Leben. Das ist die Botschaft, die Jesus für uns bereithält.

Zum Autor:

Dr. Wolfgang Thönissen ist Professor für Ökumenische Theologie an der Theologischen Fakultät Paderborn und Leitender Direktor des Johann-Adam-Möhler-Institutes für Ökumenik in Paderborn.

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