13.07.2017

100 Kilometer in drei Tagen

Erschöpft, aber glücklich posieren die Fußwallfahrer aus dem Kreis Olpe vor der Werler Basilika. Foto: Sauer

Olpe. Es ist im Kreis Olpe seit Jahrhunderten eine beliebte Tradition: Immer zum Fest Mariä Heimsuchung am 2. Juli machen sich an einem Donnerstagmorgen in aller Frühe Frauen und Männer auf den Weg nach Werl. Zu Fuß. Fast 100 Kilometer. In drei Tagen.

von Kerstin Sauer

Seit dem Jahr 1760 laufen die Olper – so bekunden es Dokumente – zu Fuß nach Werl. Nach einer jahrzehntelangen Pause wurde diese Tradition im Jahr 1985 wieder aufgenommen. Jahr für Jahr treffen sich seitdem Männer und Frauen jeder Altersklasse aus dem gesamten Kreis Olpe in der Marienkirche in Olpe zum Aussendungsgottesdienst.

So auch in diesem Jahr an einem diesigen, kühlen Donnerstagmorgen: Nach dem Gottesdienst um 6.00 Uhr in der Früh, zelebriert von Pastor Clemens Steiling, machten sich um 6.55 Uhr knapp 90 Wallfahrer auf den Weg Richtung Werl. Am ersten Tag gilt es, die 32 Kilometer lange Strecke nach Rönkhausen zu bewältigen.

Die Mittagspause am Dünscheder Hölzchen und die Einkehr am Schloss in Lenhausen, wo die Wallfahrer traditionell vom Schlossherrn verköstigt werden, gehören inzwischen zur beliebten Routine der Olper Fußwallfahrt. Unterwegs wird gebetet, gesungen, es gibt Momente der Stille und des Gesprächs. Und vor allem der Gemeinsamkeit.

Gegen 16.30 Uhr erreicht die Gruppe die Kirche in Rönkhausen. Nach einer kurzen Andacht ziehen viele Wallfahrer in das benachbarte Pfarrheim, um dort zu übernachten, andere sind in Gastfamilien untergebracht, wieder andere werden abgeholt. Nur, um am Freitagmorgen wieder pünktlich in Rönkhausen an der Kirche zu stehen: Die zweite Etappe steht an.

Der Freitag hält für die Olper Wallfahrer den wohl härtesten Teil der Strecke parat: Über den steilen Aufstieg nach Wildewiese geht es ins 36 Kilometer entfernte Hüsten – viele Wallfahrer gehen an diesem Tag an ihre Grenzen. Und strahlen doch, wenn sie ihr Tagesziel gegen 17.30 Uhr erreichen. Wieder ein Stück näher an Werl.

Bewegend beginnt für die Wallfahrer der letzte Tag der Wallfahrt: Am Samstagmorgen singen Waltraud Burghardt aus Brachthausen und Theo Wurm aus Wenden in der Hüstener Kirche das Ma­gnifikat in Deutsch – ein ergreifender Moment für die Gruppe, die bereits 68 Kilometer in zwei Tagen gelaufen ist und in wenigen Stunden ihr Ziel, die Basilika in Werl, erreichen wird.

Der Zeitplan steht fest: Gegen 14.15 Uhr werden die Olper Fußwallfahrer in Werl erwartet. Kaum werden sie gesichtet, zieht ein Pater mit zwei Messdienern aus, um die Gruppe in Empfang zu nehmen und in die Basilika zu geleiten. So auch wieder in diesem Jahr. „Sie kommen schon“, heißt es plötzlich gegen 14.05 Uhr auf dem Vorplatz der Basilika. Die Glocken beginnen zu läuten, die Umstehenden recken die Hälse, um die Olper zu suchen. Plötzlich, in einigen Hundert Metern Entfernung, ist die Fahne der Olper Fußwallfahrt zu sehen. Feierlich, bedächtig, erschöpft und erleichtert legen die Frauen und Männer die letzten Schritte zurück. Winken fröhlich, wenn sie Bekannte erblicken. Strahlen, als sie die Basilika sehen.

Gemeinsam ziehen die Olper in die Basilika, um noch einmal – gemeinsam mit dem Pater – eine kurze Andacht zu feiern. Bei „Großer Gott, wir loben dich“ erklingen fast 100 kräftige, stolze Stimmen. Der ein oder andere wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Es ist wieder geschafft: Die Olper Wallfahrer sind auch 2017 an ihrem Ziel angelangt.

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