07.08.2020

Wie die Corona-Prämie spaltet

Sie waren auf dem Höhepunkt der Corona-Krise besonders belastet: Mitarbeiterinnen der Sozialstationen, die Pflegebedürftigen vor Ort zur Seite stehen. Die Pflegekräfte der ambulanten und stationären Altenhilfe erhielten nun die versprochene Corona-Prämie. Foto: Jonas

Brilon (PM/jon). Lange wurde seitens der Bundes- und Landespolitik beraten und gefeilscht um eine staatliche Corona-Prämie für die in der Krise besonders unter Druck geratenen Pflegekräfte. Jetzt konnten sich die Beschäftigten in der ambulanten und stationären Altenhilfe der Caritas Brilon Ende Juli über den Pflegebonus in Höhe von bis zu 1.500 Euro auf ihrem Gehaltskonto freuen. Heinz-Georg Eirund, Vorstand des Caritasverbandes Brilon, freut sich zwar auch über die Anerkennung, die seine Pflegekräfte erfahren, übt aber auch Kritik an der Politik, etwa, dass Beschäftigte in der Behindertenhilfe leer ausgehen.

Mitte Mai wurde die sogenannte Corona-Prämie erst in Berlin, dann auch in NRWs Landeshauptstadt Düsseldorf beschlossen. Der von Bund und Land getragene „Pflegebonus“ wurde über die Juli-Gehaltsabrechnung ausgezahlt. Bei der Caritas Brilon bekommen aber nur die 401 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Altenpflege die Sonderzahlung– von insgesamt 1.150 Mitarbeitern der Briloner Caritas. „Natürlich freuen wir uns für die Pflegekräfte, die Großartiges in der Krise geleistet haben und weiter leisten werden und die das nun buchstäblich honoriert bekommen“, sagt Heinz-Georg Eirund. „Aber langfristig benötigen wir etwas Nachhaltigeres, um die Alten- und Krankenpflege zu stärken.“

Darüber hinaus gebe es noch andere Bereiche im Gesundheitssystem, „die gesehen und wertgeschätzt werden müssen“, fordert er. Eirund geht es um grundlegendere Strukturreformen im System: Es werden mehr Pflegekräfte gebraucht, die refinanziert werden. „Mitarbeitende müssen entlastet werden“, sagt Eirund. Es brauche mehr Personal- und auch Zeitressourcen für den pflegenden, helfenden, begleitenden Dienst am Nächsten.

Tarif bringt Qualität

Es sind Forderungen, die bereits vor der Pandemie formuliert wurden. Jetzt in der Corona-Krise, in der zumindest zeitweise die Systemrelevanz der ambulanten wie stationären Altenpflege im öffentlichen Fokus stand, keimt die Hoffnung auf Veränderungen im Gesundheitssystem. Dazu gehöre ein angemessener und gesetzlich bindender Tariflohn auch für private Anbieter, sagt Eirund. Bei der Caritas werde nach Tarif bezahlt. Beispielsweise erhalten Auszubildende zur Pflegefachkraft bei der Caritas in den drei Lehrjahren jeweils 1.140, 1.202 und zuletzt 1.303 Euro plus Weihnachts- und Urlaubsgeld. Der Berufseinstieg wird mit 2.830 Euro vergütet. Die Vorgabe tariflicher Rahmenbedingungen inklusive staatlicher Kontrollen würde mehr Qualität für die Pflegebranche bringen, ist Eirund überzeugt. Gewinnmaximierung auf Kosten des Personals könnte so nicht mehr stattfinden.

Behindertenpflege ignoriert

Die Corona-Prämie erhalten auch Auszubildende, ebenso Freiwilligendienstleistende und Fachkräfte. Die Zahlungen teilen sich Bund und Land. Bei der Caritas Brilon verteilt sich die Auszahlungsprämie von 288.470 Euro für die 401 Mitarbeitenden aus der Altenhilfe auf 192.326,60 Euro aus Bundesmitteln und 96.143,40 Euro vom Land NRW. „Leider wurden andere Bereiche nicht gesehen“, sagt Vorstand Eirund. „Beispielsweise wurde die Behindertenhilfe schlichtweg ignoriert.“ Auch in der Behindertenhilfe arbeiteten Pflegefachkräfte wie Heilerziehungspfleger und Krankenschwestern in Wohnhäusern, Werkstätten und ambulanten Diensten tagtäglich in der Pflege, Begleitung und Förderung.

Die Caritas Brilon habe sich deshalb entschlossen, der gesamten Dienstgemeinschaft eine Anerkennung zu geben, sagt Eirund. Diejenigen, die keine Corona-Prämie erhalten, bekommen vom Caritasverband ein Jahreslos der Aktion Mensch geschenkt. „Wir wollen damit zumindest ein kleines Zeichen der Wertschätzung setzen“, betont Eirund. Er wünscht sich nun eine langfristige Wertschätzung und Würdigung aller Engagierten in den Gesundheits- und Pflegeberufen.

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