08.05.2020

Das Erbe des Komponisten

Sir Colin Mawby war unter anderem im März 2013 zu Gast in Rheda-Wiedenbrück, als eines seiner Werke uraufgeführt wurde.

Rheda-Wiedenbrück. Er gilt als einer der bekanntesten zeitgenössischen englischen Komponisten für Kirchenmusik: der Ende vergangenen Jahres verstorbene britische Organist, Chorleiter und Komponist Colin Mawby. Zu den St.-Aegidius-Chören in Rheda-Wiedenbrück hatte er eine besondere Beziehung. So besonders, dass er sieben Stücke für sie schrieb. Diese sollen nun veröffentlicht werden.

von Waltraud Leskovsek

2012 lernte der Kantor von St.Aegidius, Jürgen Wüstefeld, bei einem „Pueri Cantores“-Kongress im spanischen Granada Sir Colin Mawby kennen, der lange Jahre die Kirchenmusik an der Kathedrale von Westminster in London sowie die Chöre der irischen Rundfunkgesellschaft RTÉ geleitet hatte. 2006 war er zum Ritter des päpstlichen Gregoriusordens ernannt worden. Es entstand eine Freundschaft, waren die beiden Organisten und Chorleiter doch auf einer Wellenlänge.

Wüstefeld fragte ihn seinerzeit, ob er sich vorstellen könne, für seine Kinder- und Jugendchöre ein Stück zu schreiben. Mawby war von der Arbeit der Rheda-Wiedenbrücker Chöre begeistert und sagte spontan zu. Das war der Anfang einer schönen und intensiven Freundschaft. Am 24.November 2019 verstarb Colin Mawby in Dublin im Alter von 83 Jahren. Das machte alle sehr traurig, weil er nicht nur ein herausragender Musiker war, sondern auch ein bemerkenswerter Mensch, „den wir sehr in unsere Herzen geschlossen haben“, betonte Wüstefeld.

Uraufführungen in Rheda-Wiedenbrück

Mehrfach war der gebürtige Engländer zu Gast bei St.Aegidius. Mawby hatte es nicht bei dem einem Stück mit dem lateinischen Titel „Sicut cervus Desiderat“– „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser“ (Psalm42) belassen. Er komponierte diverse weitere Stücke für die Kinder- und Jugendchöre an St.Aegidius und kam zu Uraufführungen seiner Werke mehrmals her. Im Laufe der Jahre waren es insgesamt sieben Stücke des großen Komponisten, die er für die Wiedenbrücker Musikfreunde geschrieben hat. „Das ist ein schönes Erbe, was er uns hinterlassen hat. Darauf sind wir mächtig stolz, weil er sonst für große Domchöre geschrieben hat“, beschreibt Wüstefeld das Gefühl, diese Arbeit in den Händen halten zu dürfen. Sie sollen jetzt auf keinen Fall eingemottet werden, sondern vielmehr auch anderen Chören zugutekommen.

Sieben Notenhefte gegen Aufwandsentschädigung

Der Förderverein der Kinder- und Jugendchöre mit Anja Ramsel an der Spitze hat sich zusammen mit Wüstefeld überlegt, wie man das am besten umsetzen kann. Es wird nun sieben verschiedene Notenhefte, alle anders farblich unterlegt, geben, die andere Chöre dann über den Förderverein für eine Aufwandsentschädigung erwerben können. Darunter ein Werk mit englischen und lateinischen Liedern zur Weihnachtszeit. Das hat Colin Mawby eigens für Wüstefeld und seine Familie geschrieben. Es wird verschiedene Partituren geben, speziell für den Chor, für die Orgel, Solisten oder andere Instrumente. Der Mindestsatz für die Chorpartitur umfasst 20 Hefte. Kleine Ausschnitte aus den Werken werden auf der Homepage des Fördervereines veröffentlicht. Eigentlich sollte in diesem Monat auch noch eine CD entstehen, wo drei der Werke von Sir Colin Mawby dabei sind. Doch die Corona-Krise macht auch diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. „Wir möchten aber auf jeden Fall, dass diese wunderbare Musik, die man auf der ganzen Welt schätzt, öffentlich wird und nicht nur für uns ist“, so Wüstefeld.

„Tiefgründig, bewegend, herzzerreißend schön“

Unter www.aegidius-choere.de können die Noten bestellt werden. Für den Förderverein ist das keine große Einnahmequelle, weil die Druckkosten hoch sind. Es ist mehr das gute Gefühl, dass sie das Erbe ihres befreundeten Komponisten an andere Chöre weitergeben und sie Teil haben lassen an der schönen Musik, die Wüstefeld als tiefgründig, bewegend und herzzerreißend schön bezeichnet. „Ich bin stolz, dass dieser tolle Mann sich mit uns eingelassen hat“, meint er abschließend.

 

Info

Colin Mawby wurde an Westminster Cathedral zunächst Assistent und war dann von 1961 bis 1976 Master of the Music. Während dieser Zeit leitete er die ersten Aufführungen des Ensembles für Frühe Musik, Pro Cantione Antiqua. Er arbeitete auch zusammen mit den London Mozart Players, dem Wren Orchestra, dem belgischen Rundfunkchor und den BBC Singers. Er trat in St Paul’s Cathedral vor der Königin von England auf, in Westminster Cathedral vor US-Präsident JohnF. Kennedy und im Petersdom vor Papst Johannes PaulII. 1981 wurde er in Dublin Leiter des Rundfunkchores von Radio Telefís Éireann (RTÉ). Mawby lebte bis zu seinem Tod in der Grafschaft Dublin in Irland und in London. Er starb am 24.November 2019. Mawby komponierte zahlreiche Werke für die Liturgie der katholischen Kirche in England, Messen, Motetten und Antiphonen, darunter auch Psalmvertonungen (wie Psalm 23, 121, 150) und Liedsätze. Im Jahr 2013 trug sich Colin Mawby in das Goldene Buch der Stadt Rheda-Wiedenbrück ein.

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